Bauwerk

Landhaus bei Stift Rein
Andreas Lechner - Gratwein-Straßengel (A) - 2014
Landhaus bei Stift Rein, Foto: Krischner & Oberhofer Fotografie
Landhaus bei Stift Rein, Foto: Krischner & Oberhofer Fotografie
26. Oktober 2020 - newroom
Das zweigeschossige Mittelflurhaus geht laut Archiv auf das beginnende 16. Jahrhundert zurück und steht historisch in engem Verhältnis zum ältesten noch aktiven Zisterzienserkloster der Welt. Als Wohnsitz der Stiftsanwälte, die nicht dem Mönchsstand angehörten und mit der weltlichen Verwaltung des Klosters betraut waren, handelte es sich um einen bewusst repräsentativ ausgestalteten Baukörper in Sichtbeziehung zum Kloster. Der Grundriss des Gebäudes hat sich seit der Errichtung kaum verändert und erweckt den typischen Eindruck einer für die Renaissance bzw. des frühen Barock typischen Raumordnung.

Das ursprüngliche Renovierungsvorhaben wird um eine Ferienwohnung im Bereich der ehemaligen Hausmeisterwohnung erweitert. Ebenso werden die drei baufälligen Nebengebäude im Westen erneuert und als Hackgutlager bzw. Kesselraum für die Zentral-, Fußboden- und Bauteilheizungen des Landhauses vorgesehen. Die Renovierung beginnt mit der Erneuerung der Dachdeckung und wird im Zuge der fortschreitenden Bauarbeiten zur umfassenderen Sanierung: WC-Einbauten werden in den überwölbten Mittelflurhallen im Erd- und Obergeschoss rückgebaut, Fensteröffnungen wieder erweitert, die beiden baufälligen Balkone abgerissen und durch einen südseitigen ersetzt. Kachelöfen werden dem neuen Raumprogramm entsprechend versetzt, Kamine erneuert, wesentliche Bereiche mit Fußboden- und Bauteilheizungen versehen, das gesamte Installations- und Abwassersystem von Grund auf erneuert und der gesamte dringlich sanierungsbedürftige Außenputz abgeschlagen.

Das barocke Gebäude befand sich nicht unter Denkmalschutz, obwohl die Bestandserhebung vollständig erhaltene Deckenkonstruktionen in Form von Stichkappengewölben und barocken Stülpbalkendecken ergab. Bei der Instandsetzung der Innenwände wurde entsprechend großer Wert auf die Rückführung zu historischen Kalkfassungen gelegt, alle historisch wertvollen Holzteile – barocke Türblätter, Schlösser und Bänder, barocke Stülpbalkendecken – wurden fachgerecht restauriert, von einer Vielzahl an Farb- und Rußschichten gereinigt und mit Ölfirnis eingelassen. Die Fassaden- und Fensterfrage wird gegen eine Putzschicht mit Stockfenstern und Sprossenteilungen entschieden. Stattdessen wird ein neues Holz-Alu-Fensterprodukt mit minimaler Rahmenstärke in die tiefen Laibungen der nur kalkgeschlämmten stein- und ziegelsichtigen Fassade eingesetzt. Die lebhaften Fassadenflächen werden durch die kalkweiße Fassung homogenisiert, erzählen aber auch von allen ehemaligen Wandöffnungen, Ausmauerungen, Entlastungssbögen und Mauerwerksschließen des jahrhundertealten Hauses.

Der Zubau als Holzriegelbau mit Brettschichtholzdecken vergrößert die Einliegerwohnung im Erdgeschoss und schafft Aufenthaltsqualität im Übergang vom Wohn- zum Außenraum durch Terrasse und Pergola. Dafür wird der Anbau als dreieckige Terrassen- und Pergolakonstruktion – auf schlanken Stahlstützen schwebend – an die gesamte nach Norden abfallende Westseite angedockt. Die gewählte Grundform ermöglichte zudem den Erhalt der Zwetschkenbäume und ergibt mit den vorhandenen Nebengebäuden, die in Lage und Kubatur nicht verändert werden konnten, einen räumlich klar gefassten Außenraum. Der neue Baukörper bildet formal und farblich einen starken Kontrast. Dem kalkweißen Landhaus hält der Anbau durchgehend dunkelgrau lasiertes Holz entgegen, während die süd- und westseitigen Holzterrassen nun eine Sichtachse auf die historische Verbindung zum Stift Rein bilden. (Text: Arichtekt, bearbeitet)

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Irmgard u. Dr. Hubert Reiter

Fotografie