Bauwerk

Einfach:wohnen
Treberspurg & Partner Architekten - Linz (A) - 2005

Sieben Häuser als Antwort auf die Skeptiker

Architekt Martin Trebersburg baut in der Solar City Linz-Pichling einen Geschoßwohnbau in Passivhaus-Qualität. Dort will er beweisen, dass Energie sparendes Bauen mit architektonischer Qualität und Kundenzufriedenheit vereinbar ist.

27. Juni 2003 - Franziska Leeb
Vor zehn Jahren, so erzählt Architekt Martin Treberspurg, hätten ihn Kollegen wegen seines Einsatzes für energiesparendes Bauen und damit einhergehender höherer Wärmedämmungen noch beschimpft, weil „man so ja keine guten Häuser mehr bauen“ könne. Treberspurg selbst räumt ein, dass bei etlichen ökologisch motivierten Wohnbauvorhaben tatsächlich die Ästhetik hintan blieb - vor allem deshalb, weil die Entwicklung des Passivhauses nicht von Architekten ausgegangen sei. Sie „wird aber von ihnen auch nicht aufzuhalten sein“, so Treberspurg.

Wie eine hohe architektonische Qualität mit einem engagierten energetischen Konzept vereinbar ist, zeigt das Projekt „Einfach:wohnen“, das zurzeit in der Solar City Linz entsteht. Treberspurg gewann 1996 den städtebaulichen Wettbewerb für die Erweiterung des von der aus Norman Foster, Thomas Herzog, Renzo Piano (bis 1995), Richard Rogers und dem Energietechnikplaner Norbert Kaiser bestehenden READ-Gruppe (Renewable Energies in Architecture and Design) konzipierten Kerngebietes des Linzer Ökotrabanten im Stadtteil Pichling. Von der EBS Wohnungsgesellschaft wurde er mit der Errichtung von 93 Wohneinheiten in diesem äußeren Siedlungsring beauftragt.

Forschungsprojekt

Ein Niedrigenergiestandard und eine grundsätzlich ökologische Bauweise sind in der Mustersiedlung sowieso Pflicht. Um neueste Erkenntnisse einzubringen und sie im Rahmen dieses Teilbereiches auch wissenschaftlich auswertbar zu machen, hat Treberspurg eines der sieben Häuser als Passivhaus und eines als „Fast-Passivhaus“ konzipiert. Wirtschaftlichkeit, Ressourcenschonung und Nutzerakzeptanz werden professionell untersucht und ausgewertet. Die dadurch unweigerlich anfallenden Mehrkosten für Planung (z.B. Haustechniksimulationen) und sozialwissenschaftliche Begleitung werden über einen Forschungsauftrag, der über das Förderungsprogramm „Haus der Zukunft“ finanziert wird, abgedeckt.

Während in den fünf Niedrigenergiehäusern alle Räume noch mit normalen Heizkörpern ausgestattet sind, wird das besser gedämmte und mit einem Zuluft-Abluft-System mit Frischluftvorwärmung über einen Erdkollektor und Wärmerückgewinnung ausgestattete Fast-Passivhaus bereits mit kleineren Radiatoren ausreichend heizbar sein. Das hochwärmegedämmte Passivhaus schließlich kommt - abgesehen von einem mit Fernwärme beschickten Heizkörper im Bad - ohne Zusatzheizung aus. Für Warmwasser sorgen Solarkollektoren, die Berechnungen zufolge mindestens 60 Prozent des Jahresbedarfs abdecken werden.

In kleinen Bereichen kommen auch innovative Materialien zum Einsatz. Ein Fassadenteil des Passivhauses erhält zum Beispiel eine so genannte Vakuumdämmung, die eine fünf- bis zehnmal bessere Dämmleistung als herkömmliche Dämmstoffe aufweist und somit weniger dick aufträgt. Ansonsten war Kork als Dämmstoff vorgesehen, der aus Kostengründen jedoch dem üblichen Polystyrol weichen musste. Damit der dreigeschoßige Gemeinschaftsraum automatisch vor Überhitzung geschützt wird, sollen dort elektrochrome Verglasungen, die sich bei Sonneneinstrahlung dunkelblau verfärben, angebracht werden.

Bewerberansturm

Viermal so viele ernsthafte Bewerber als Wohnungen gibt es für das Passivhaus. Für Architekt und Bauherr der Beweis, dass die Richtung stimmt. Treberspurg: „Für mich ist klar, dass das Passivhaus der logische Endpunkt der Entwicklung eines sparsamen Hauses ist, weil es die beste Wohnqualität bietet.“ Abgesehen vom geringen Energieverbrauch ist das durch die automatische Be-und Entlüftung verbesserte Raumklima, das zugleich Schimmelbildung ausschließt, ein schlagendes Argument.

Und mittlerweile sollte auch die hin und wieder beklagte Lärmbelastung durch die Lüftungsanlage bei technisch korrekter Ausführung völlig vermeidbar sein. Der Ökoschmäh funktioniert bei einem Passivhaus jedenfalls nicht, oder zumindest nicht lang, glaubt Treberspurg. Unzulänglichkeiten erkennt man spätestens im ersten Winter, wenn die Leute frieren.

Hohe Anforderungen

Mit ein Grund, warum Passivhäuser bisher eher im privaten Einfamilienhausbau ein Thema sind: Die technischen Anforderungen an Planer und ausführende Firmen sind extrem hoch. Bei öffentlich ausgeschriebenen Bauten kann es da schon vorkommen, dass Firmen mit geringem Know-how zum Zug kommen.

Dem von manchen Bauträgern behaupteten und wohl auch befürchteten Boykott alternativer Technologien im geförderten Wohnbau soll hier durch die wissenschaftliche Begleitung und Bewohnerbetreuung durch die Beratungsagentur Wohnbund vorgebeugt werden.

Zwei Jahre nach Bezug wird bei den Bewohnern nachgefragt werden. Zusammen mit einer Analyse der gemessenen Energiewerte in den drei Haustypen des Treberspurg-Bauteiles in der Solar City werden dann - wenn alles gut geht - die Skeptiker vielleicht bekehrt werden können.

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