Bauwerk

Haus der Biodiversität, Tierwelt Herberstein
Pretterhofer Arquitectos, Michael Rieper - Stubenberg am See (A) - 2023
Haus der Biodiversität, Tierwelt Herberstein, Foto: Wolfgang Thaler
Haus der Biodiversität, Tierwelt Herberstein, Foto: Wolfgang Thaler
20. Mai 2025 - HDA
Das „Haus der Biodiversität“ befindet sich in einer 400 Jahre alten, denkmalgeschützten Tenne. Hier wird Vergangenheit nicht konserviert, sondern durch zeitgenössische Architektur lebendig weiterentwickelt. Nach der Schließung des Bruno Gironcoli Museums (2004–2022) wurde im Rahmen der STEIERMARK SCHAU 2023 die permanente Ausstellung „Vielfalt des Lebens“ der Naturkundlichen Abteilung des Universalmuseums Joanneum eröffnet. Diese Ausstellung macht biologische Vielfalt erfahrbar, reflektiert ihre Fragilität und fordert dazu auf, Verantwortung für die Gestaltung unserer gemeinsamen Zukunft zu übernehmen.

Die Basis des gestalterischen Konzepts bildet eine raumgreifende Installation aus Eiche. Diese vielarmige Struktur ist weit mehr als ein Ausstellungsdisplay: Sie funktioniert gleichzeitig als Display, Infrastruktur und eigenständiges Exponat – ein „Eichenbaum“, der wie eine organische Matrix durch den Raum wächst. Ohne in die Substanz des Denkmals einzugreifen, wurden 320 hochpräzise 3D-gefräste Steckverbindungen entwickelt, die sich zu einem verzweigten System aus Ästen, Stämmen und Wurzeln fügen. Diese Bauweise erlaubt maximale Flexibilität und räumliche Dynamik bei minimaler Belastung des Bestands – eine architektonische Herausforderung zwischen Tradition und Digitalisierung. Für die Ausstellung wurde gemeinsam mit werkraum ingenieure ein spezieller Holzknoten entwickelt, der auf dem Originalknoten des Japaners Kawai Tsugite basiert. Die Materialisierung, das physische Bauen der Architekturen verbindet High- und Low-Tech, die Steckverbindungen des Baums sind 3D-gefräst und mit viel Leidenschaft vom Zimmermeister Franz Ritzer zusammengebaut und in den Raum gebracht worden. Weitere Eichensteckverbindungen werden mit Holzdübeln als Subkonstruktion angeheftet. Das gesamte Ausstellungsmobiliar ist in Eiche und Birkensperrholz mit Linoleumbelägen gefertigt. Auf Verbundmaterialien aus Metall bzw. Kunststoff wurde konsequent verzichtet. Die Galerie mit einem Medienraum hängt frei in der Mitte der Tenne und die schallabsorbierenden Elemente sind aus recycelten PET-Flaschen gefertigt.

Das „Haus der Biodiversität“ wird durch den „Weg der Vielfalt“ ergänzt, der sowohl durch die Tierwelt als auch durch das Europaschutzgebiet Feistritzklamm / Herberstein führt und an ausgewählten Orten mit spielerischen Kleinarchitekturen die Aufmerksamkeit und Neugier der Besucher:innen weckt: das „Herberstein Relief“ – eine topografische Entdeckungsreise, das „Netzwerk Wald“ – ein interaktives Spiel mit Ökosystemen, die „Arena der Lebensräume“ – eine Bühne für Biodiversität, sowie ein Forschungsmobil. Das spektakulärste Bauwerk, das „Panorama Feistritzklamm“, setzt einen architektonischen Höhepunkt: Eine kreisförmige Plattform aus rot eingefärbtem Öko-Beton schwebt über der Landschaft. Darauf erhebt sich ein elegant gewundener Holzturm, dessen tragende Mittelstruktur aus 20 verschuppten Lärchenlamellen besteht – eine poetische Nexorade-Konstruktion, die Nachhaltigkeit und Ingenieurskunst eindrucksvoll verbindet. Über eine filigrane Spindeltreppe erschließen Besucher:innen die zweite Plattform – geschützt von einem frechen roten Schirm, der die Leichtigkeit der gesamten Anlage augenzwinkernd inszeniert. (Text: Architekt:innen)

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Für den Beitrag verantwortlich: HDA

Ansprechpartner:in für diese Seite: Karin Wallmüllerbaudatenbank[at]hda-graz.at