Bauwerk

Compact City
BUSarchitektur, Rainer Lalics - Wien (A) - 2001

Die Werkstatt-Büro-Wohnung

Monokultur in der Architektur hat weitgehend ausgedient: Die Zukunft gehört der Durchmischung von Arbeitsstätte, Büro und Wohnung. Ein Beispiel dafür von BUS Architektur in Wien.

10. November 2001 - Ute Woltron
Im gleichen Maße, wie sich soziale und ökonomische Strukturen verändern, wird auch das gebaute Umfeld einer Gesellschaft schleichend modifiziert. Das passiert naturgemäß immer ein wenig zeitverzögert und wird am Anfang unter Umständen argwöhnisch beäugt, doch Architekturen dieser Art haben sich auf lange Sicht immer noch durchgesetzt. Dennoch mutig diejenigen, die sich an derlei Avantgarde-Projekte heranwagen.

Die Wiener Architektengruppe BUS, das sind die Argentinier Laura P. Spinadel, Claudio J. Blazica und der Österreicher Rainer Lalics, haben über viele Jahre hinweg, aufgefordert von der Stadt, ein solches Projekt geplant und schließlich durch- und umgesetzt. Die so genannte Compact City in der Wiener Donaufelderstraße 101 (21. Bezirk) wurde vom Bauträger SEG errichtet, wird auch von ihr verwertet und ist nun so gut wie fertig gestellt.

Das Besondere an diesem Gebäudekonglomerat ist die feine Durchmischung des gesamten, geschickt gegliederten Blocks mit Geschäften, Büros, Wohnungen und Werkstätten für Gewerbebetriebe - und die beachtliche Dimension des Projekts. Denn in kleineren Varianten wurden Versuche in diese Richtung zwar bereits zuvor unternommen. Die Compact City erstreckt sich aber über eine Grundstücksfläche von mehr als 10.000 Quadratmetern. Rund 72.000 Kubikmeter Raum wurden umbaut sowie eine Bruttogeschoßfläche von etwa 32.000 Quadratmeter gewonnen. Die Baukosten betrugen 210 Millionen Schilling (15,25 Mio. EURO).

Der kleine Stadtteil für Leute, die dort arbeiten wollen, wo sie wohnen, ist strukturell ausgesprochen kompliziert und deshalb effizient aufgebaut. Anlieferungszonen und -rampen mussten berücksichtigt werden, die bewohnten Zonen sollten dabei jedoch unbeeinträchtigt bleiben. Die Architekten haben den zur Verfügung stehenden Platz wohlüberlegt in Geschäfts-, Wohn-, Büro- und Arbeitsblöcke zerlegt, die verschiedenen Nutzungen rinnen schlau ineinander. So bietet das Ensemble Interessenten die verschiedensten Organisationsmöglichkeiten, von der klitzekleinen Büroeinheit mit angeschlossener Gar¸connière bis zur Werkstatthalle von Fußballfeldgeräumigkeit mit Dienstwohnung ein Stockwerk darüber.


Fußgängerzonen

Halb private, halb öffentliche Fußgängerzonen erschließen die gesamte Angelegenheit in alle Richtungen, es bildet sich im vorderen Bereich eine große „urbane Platte“ heraus; es gibt einen weiten, von Restaurants, Cafés gesäumten, von Geschäftspavillons getüpfelten, teils begrünten Platz hoch über dem Donaufelderstraßenniveau.

Die Architekten haben die Anlage solchermaßen konzipiert und durchgefeilt, dass nach Wunsch die verschiedenen Einheiten zusammengelegt und getrennt werden können. Das funktioniert sowohl auf einer als auch auf mehreren Geschoßebenen und kann bei Bedarf oder für Nachnutzer rasch und einfach rückgebaut werden.

Die Nachfrage nach solchen multifunktionalen Architekturen dürfte in den kommenden Jahren heftig werden, Homeworking ist eindeutig ein Trend, dem auch baulich entsprochen werden muss. Die Compact City wurde als erster Schritt dorthin bereits honoriert und vor zwei Jahren mit dem Otto Wagner Städtebaupreis ausgezeichnet.

BUS haben zwar eine ausgesprochen komplizierte Struktur ersonnen, sie aber unkapriziös und ohne Allüren ausgeführt. Die Details sind einfach und gelungen, und dass die strengen Wohnbauförderungskategorien einzuhalten waren, merkt man kaum, was gediegene Architektenarbeit auszeichnet.


[Am 17. November ist Tag der offenen Tür in der Compact City in Floridsdorf.]

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