Veranstaltung

„Hitlerbauten“ in Linz
Ausstellung
„Hitlerbauten“ in Linz © NORDICO
21. September 2012 bis 20. Januar 2013
Nordico - Museum der Stadt Linz
Dametzstraße 23
A-4020 Linz


Veranstalter:in: NORDICO - Museum der Stadt Linz

Ist schon alles gesagt über die NS-Zeit in Linz?

21. September 2012 - Lorenz Potocnik
Noch immer wird Hitlerbau als Alltagsbegriff verwendet. Mit Augenzwinkern, vielsagendem Blick, fiktiven Anführungszeichen oder auch ohne zusätzlicher Mimik. Ausgehend vom unreflektierten Sprachgebrauch der Linzer mit ihren Wohnbauten aus der NS-Zeit widmet sich das Nordico Stadtmuseum ab heute auf Initiative der Leiterin Andrea Bina mit der Ausstellung „Hitlerbauten“ und einem dazu erscheinenden Buch diesem Thema. Mutig ist dies insofern, als wahrscheinlich viele, die darin keine Notwendigkeit sehen, implizit der Meinung sind, es sei eh schon alles gesagt. Kuratorinnen sind Sylvia Necker und Elisabeth Kramer.

Interessant macht die Wohnbauten der NS-Zeit in Linz vieles. Da wäre der Name, der bald 70 Jahre existiert. Da wäre die gigantische Zahl an Wohnungen, ca. 11.000 allein in Linz, die die Stadt architektonisch und strukturell enorm prägen. Da wäre das Paradox zwischen der Errichtung in einem totalitären Regime und dem Wohlfühlfaktor, der Beliebtheit der Siedlungen. Da ist die grundsätzliche Schwierigkeit, diese Bauten mit verbrecherischem Hintergrund denkmalpflegerisch einzuordnen, also auch Prinzipien des Schutzes zu entwickeln. Da ist ganz sicher der Hintergrund der Errichtung durch Zwangsarbeit unter Verwendung von Materialien aus Steinbrüchen und Ziegeleien, die noch nicht ausreichend benannt sind. Schließlich ist da die Betroffenheit durch die alltägliche Verwendung: Jeder 8. Linzer lebt in einem „Hitlerbau“. Die Geschichte wohnt mit.

Auf all das gehen Ausstellung und die Publikation intensiv ein, ohne unmittelbar abschließende Antworten zu geben. Das wäre auch schade. Darüber hinaus scheint die Ausstellung in ihrer Art ein Anstoß zur Auseinandersetzung zu sein. Vielleicht wird eine Gruppe sich darum annehmen, einen neuen Begriff in Umlauf zu bringen? Vielleicht entstehen Projektarbeiten in Schulen zu unserer Sprache und befremdlichen Relikten? Alles gut. Noch reizvoller ist aber die Frage, ob die Lebendigkeit und unerträgliche Gegenwart Hitlers in Form von so etwas Alltäglichem wie Wohnen das beste Denkmal überhaupt ist? So wie die jahrzehntelange Diskussion um ein Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin bis zur Fertigstellung 2005 eigentlich der spannendste und produktivste Moment der Auseinandersetzung war.

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Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten

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