Veranstaltung

Josef Frank
Ausstellung
Josef Frank © Stefan olah
16. Dezember 2015 bis 12. Juni 2016
MAK-Ausstellungshalle
Stubenring 5
A-1010 Wien


Veranstalter:in: MAK
Eröffnung: Dienstag, 15. Dezember 2015, 19:00 Uhr

Der ganz nor­ma­le Wohn­sinn

Das Mu­se­um für an­ge­wand­te Kunst in Wien (Mak) er­öff­ne­te am Diens­tag­abend ei­ne Aus­stel­lung zum Werk von Jo­sef Frank. Sie schafft es, den Be­su­cher in die Ge­dan­ken­welt des gro­ßen Ar­chi­tek­ten, De­sig­ners und Vi­sio­närs ein­tau­chen zu las­sen.

16. Dezember 2015 - Michael Hausenblas
Der Ti­tel der Schau mag auf den er­sten Blick be­fremd­lich er­schei­nen. Aber nur auf den er­sten. Against De­sign bringt auf den Punkt, was Jo­sef Frank von vie­len an­de­ren Ent­wer­fern un­ter­schei­det und ihn un­glau­blich zeit­ge­mäß macht. Al­lein sei­ne Aus­sa­ge „Die Woh­nung ist kein Kunst­werk, des­halb hat sie nicht die Ver­pflich­tung, auf­re­gend zu wir­ken“ ver­dient mehr Be­ach­tung denn je. Der 1885 in Ba­den ge­bo­re­ne und 1967 in Stock­holm ver­stor­be­ne Frank ver­stand Woh­nen als et­was Or­ga­ni­sches, Le­ben­di­ges. Star­res war ihm ver­hasst, es ging ihm da­rum, Sen­ti­men­ta­les zu­zu­las­sen. Eben­so hat­ten Tri­via­les, Kitsch und ge­leb­te All­tags­kul­tur bei Frank kein Haus­ver­bot. Auch der Zu­fall soll­te beim Ein­rich­ten hel­fen. In all dem un­ter­schied sich Frank von dog­ma­tisch-er­zieh­eri­schen Ten­den­zen di­ver­ser Be­we­gun­gen sei­ner Zeit.

Der Ge­stal­ter ver­stand das Haus als ei­ne ab­wech­slungs­rei­che „Stadt im Klei­nen“ mit all ih­ren über­ra­schen­den E­cken und En­den. Stahl­rohr­mö­bel sah Frank als ei­ne Be­dro­hung für die Mensch­heit an, ein­far­bi­ge Flä­chen wirk­ten sei­ner Mei­nung nach be­un­ru­hi­gend auf den Be­trach­ter. Frei­lich be­scher­te ihm dies so man­che Kri­tik. Die Ver­tre­ter der Neu­en Sach­lich­keit ta­ten sich mit die­sem un­be­fan­ge­nen Zu­gang schwer – ih­re Vor­wür­fe reich­ten vom „Wie­ner Gschnas“ bis zum „Bor­dell Frank“.

Der Weg der im Mu­se­um für an­ge­wand­te Kunst ge­zeig­ten Ent­wür­fe führ­te über vie­le Um­we­ge. Frank ent­stamm­te ei­ner jü­di­schen Fa­mi­lie und stu­dier­te Ar­chi­tek­tur an der k. k. Tech­ni­schen Hoch­schu­le in Wien. 1925 grün­de­te er das Wie­ner Ein­rich­tungs­un­ter­neh­men „Haus & Gar­ten“. Die po­li­ti­sche Si­tua­ti­on ließ ihn be­reits 1933 nach Schwe­den aus­wan­dern. In den fol­gen­den Jah­ren ar­beit­ete er als Chef­de­sig­ner eng mit dem re­nom­mier­ten Ein­rich­tungs­haus Svenskt Tenn in Stock­holm zu­sam­men. Ins­ge­samt be­fin­den sich über 2000 Mö­bel­ent­wür­fe und 160 Tex­til­mus­ter Franks in den Ar­chi­ven des Mö­bel­hau­ses. Trotz der schwe­di­schen Staats­bür­ger­schaft leb­te Frank von 1942 bis 1946 in den USA, wo der als Pio­nier ei­ner auf­klä­re­risch ver­stand­enen Post­mo­der­ne gel­ten­de Frank an der be­kann­ten New Yor­ker New School of So­ci­al Re­se­arch un­ter­rich­te­te. Sein Wunsch, als Ar­chi­tekt zu re­üs­sie­ren und als Stadt­pla­ner en­ga­giert zu wer­den, wur­de je­doch nicht er­füllt.

Pa­ra­dies­gär­ten

Die Ma­cher der Aus­stel­lung, Mak-Kus­to­de Se­bas­ti­an Ha­cken­schmidt und Ar­chi­tekt Her­mann Czech, span­nen ei­nen wun­der­ba­ren Bo­gen von Franks Ar­chi­tek­tur­pro­jek­ten über sei­ne De­sign- und In­ter­ieu­rent­wür­fe bis hin zu theo­re­ti­schen Po­si­tio­nen. Die­se wer­den An­sät­zen an­de­rer Ge­stal­ter ge­gen­über­ge­stellt und die­nen als hilf­rei­ches Werk­zeug für die in­ter­na­tio­na­le Ein­ord­nung von Franks Be­deu­tung. Die Na­men rei­chen vom Re­nais­san­ce-Ar­chi­tek­ten Leon Bat­tis­ta Al­ber­ti, des­sen Ar­beit Frank als Dis­ser­ta­ti­ons­the­ma wähl­te, über Adolf Loos und Le Cor­bu­sier bis hin zu Rem Ko­ol­haas. Franks Ar­bei­ten zeich­nen sich in die­sem Kos­mos durch ei­ne eben­so so­zi­al wie kul­tur­kri­tisch mo­ti­vier­te Zweck­dien­lich­keit aus, was sich un­ter an­de­rem auch in den Ent­wür­fen für die Werk­bund­sied­lung aus dem Jah­re 1932 im 13. Be­zirk nie­der­schlug.

Kenn­zeich­nend für die Per­so­na­le ist, dass sie nicht als Par­cours ge­stal­tet ist, dem es zu fol­gen gilt. Ganz im Sin­ne Franks spült es den Be­su­cher hier­hin und dort­hin. Die Schau kommt an­ge­nehm un­mu­se­al her­über, wird zu ei­nem Wim­mel­buch ei­ner Ge­stal­ter-Ära. Aus­ge­wählt wur­den cir­ca 70 Mö­bel, über 100 Zeich­nun­gen und Aqua­rel­le, Ar­chi­tek­turm­odel­le, un­zäh­li­ge Fo­tos und opu­len­te Stoff­ent­wür­fe, die ei­nem gleich Pa­ra­dies­gär­ten ins Ge­sicht sprin­gen. Frank da­bei sti­li­stisch zu fas­sen oder gar in ei­ne Schub­la­de zu ste­cken scheint kaum mög­lich. Se­bas­ti­an Ha­cken­schmidt: „Frank ging die Din­ge un­glau­blich kul­tur­kri­tisch an, auf die­sem Weg fand er zu sei­nen Lö­sun­gen. Im Den­ken und Tun ist er an­ti­for­ma­lis­tisch, Vor­ga­ben, die ihn ein­schränk­ten, ak­zep­tier­te er nicht.“

Czech und Ha­cken­schmidt ist ei­ne Aus­stel­lung ge­lun­gen, in der man in Franks Ge­dan­ken­welt ab­tau­chen kann. Die­se führt den Mak-Be­su­cher eben­so in ei­ne an­de­re Ga­la­xie wie die Star Wars -Aus­stel­lung ei­nen Stock tie­fer – mit dem Un­ter­schied, dass je­ne von Frank tat­säch­lich exis­tiert.

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