Veranstaltung

8. Bauherrenpreis der HYPO Vorarlberg
Ausstellung
8. Bauherrenpreis der HYPO Vorarlberg, Pressebild: Darko Todorovic
3. Oktober 2020 bis 9. Januar 2021
vorarlberger architektur institut
Marktstraße 33
A-6850 Dornbirn


Vorbildlich und engagiert

27. Oktober 2020 - Martina Pfeifer Steiner
Warum ist denn die Vorarlberger Baukultur im Vergleich zu anderen Bundesländern im Großen und Ganzen auf einem so hohen qualitativen Level? Vielleicht weil es in fast allen Kommunen auffallend gute Schulen, Kindergärten, und Gemeindehäuser gibt, die ein wirksames Vorbild für zeitgenössische Architektur abgeben? Nachvollziehbar also, dass von zwölf Prämierungen des 8. Bauherrenpreises der HYPO Vorarlberg die Hälfte an öffentliche Bauten geht. Und es hätte noch einige unter den 146 Projekten gegeben, die einen Preis oder eine Anerkennung verdient hätten!

Der Preis, der seit 1987 nunmehr alle fünf Jahre vergeben wird, unterstreicht die Bedeutung von qualitätsvollem, nachhaltig wirksamen Bauen und Planen für Gesellschaft und Umwelt. Wilfried Ammann, Vorstand der HYPO Vorarlberg stellt treffend fest: „Qualitätsvolles Bauen braucht eben beides: innovative ArchitektInnen ebenso wie mutige BauherInnen. Das Verhältnis ist nicht allein materieller Natur. Nur im fruchtbaren Zusammenspiel dieser beiden kann Neues entstehen.“

Fast alles digital

In diesem Corona-Jahr war auch bei der Abwicklung des Bauherrenpreises, die traditionsgemäß das vai Vorarlberger Architektur Institut übernimmt, alles etwas anders. Von einer Absage ist glücklicherweise Abstand genommen worden, die Einreichungen konnten ausschließlich digital abgeben werden. Eine Vorauswahl der Jury fand ebenfalls im Web statt. 22 Bauwerke sollten jedoch vor Ort besichtigt werden. Und man hatte Glück, die sommerliche Entspannung in der Krise machte dafür ein Zeitfenster auf. So reisten die externen Jurymitglieder an: Sandra Hofmeister, Chefredakteurin beim Detail Verlag, aus München, Klaudia Ruck von Winkler+Ruck Architekten aus Kärnten und aus Wien Anna Popelka, ppag Architekten, sowie Markus Zilker, einzueins architektur. Wie schon beim Bauherrenpreis 2015 wurde von der Einordnung in Kategorien Abstand genommen. „Kategorien pressen Bauprojekte oft in ein allzu enges Korsett und weisen ihrer Betrachtung eine einseitige Perspektive zu. So wird die Qualität von Gebäuden auf Aspekte wie Funktion, Typologie oder Bauherrschaft reduziert. Dabei ist Architektur im richtigen Leben viel umfassender und vielfältiger. Wer ihre Qualitäten vergleichend beurteilen will, muss das Augenmerk auf all das richten, was lebendige Baukultur leisten kann – jenseits von Kategorisierungen und mit offenem Blick für Überraschungen und erfinderische Lösungen, die gute Projekte auszeichnen.“ Dieses Statement der Jury findet man in der umfassenden Dokumentation zum 8. Bauherrenpreis.

Die prämierten Werke

Gleich zwei Preise gehen in den Bregenzerwald nach Mellau. Das sind die neuen Gemeindebauten – Kindergarten und Mehrzwecksaal – die mitten im Ort ein identitätsstiftendes Ensemble bilden und ein Gebäudekomplex – zwei maßstabsgerechte Kubaturen die unterirdisch verbunden sind – mit zehn touristisch genutzten Apartments plus Büro für den Bauherrn und Planer Jürgen Haller. Die Doppelrolle von Architekt und Bauherr kommt öfter vor. So auch beim Atelier Klostergasse in Bregenz. Bernardo Bader fügt hier gekonnt ein Atelier- und Wohnhaus auf einem brachliegenden Restgrundstück im Zentrum im dadurch neu entstehenden städtebaulichen Kontext ein. Bei Ein- und Mehrfamilienhäusern stachen Projekte mit schwierigen Planungsvoraussetzungen hervor. So bekamen das Haus Rosa – ein Statement für vertikale Dichte – und die Sanierung des Ökonomiegebaudes Josef Weiss zum Wohnen und Arbeiten im denkmalgeschützten Bestand eine Anerkennung, auch hier die Doppelrolle für Sebastian Brandner und Julia Kick. Unter den Preisträgern finden sich noch die Schule Schendlingen, Bregenz, und die Volksschule Unterdorf in Höchst. Mit einem Preis für die Stadtbibliothek in Dornbirn und Anerkennungen für das Kinderhaus Sulz sowie das Gemeindeamt Zwischenwasser sind hiermit alle prämierten Kommunalbauten angeführt. Zwei Wohnbauten in Bludenz und Feldkirch zeichnen sich weiters mit gelungener Stadterweiterung und einer charmanten Nachverdichtung aus.

Die Ausstellung

Auch die festliche Preisverleihung – ursprünglich im Werkraumhaus geplant – musste kurzfristig ins vai verlegt und als Livestream übertragen werden. Wie gut, dass im Konzept für die Ausstellung von vornherein auf Videos gesetzt wurde. „Die je sechs Preisträger- und Anerkennungsprojekte präsentieren wir diesmal mit Kurz-Dokumentationen, in denen nicht nur die Bauwerke vermittelt werden, sondern vor allem die Menschen – die BauherInnen, NutzerInnen, ArchitektInnen – zu Wort kommen“, erläutert der Kurator Clemens Quirin. Und das ist gut gemacht! Mies. Magazin, ein vor zirka zehn Jahren in Wien gegründetes Kollektiv von damals Architekturstudierenden, beauftragte man für die Filmaufnahmen, sie führten zudem die Interviews. Auch die Ausstellungsarchitektur ist besonders. Anstatt große Tafeln mit Bauwerks-Fotografien, stehen Projektionswände für die Preisträger spannungsvoll im Raum. Die dazugehörenden Beamer sind sicher in eigens designten Möbelstücken untergebracht, mit einem Mehrwert als Informationsträger am Deckel. Die sechs Anerkennungen reihen sich übersichtlich auf Flatscreens der Wand entlang, die Beiträge sind genauso ausführlich und interessant.

Im Entree gibt es den Überblick. Alle eingereichten Projekte mit Fotos im Postkartenformat und knappen Fakten auf der einen Seite, auf der anderen die besichtigten und blau umrahmt die prämierten. „Fünf Jahre, das ist ein halbes Jahrzehnt. Mich interessiert, was wir aus den realisierten Projekten in dieser Zeitspanne herauslesen können. Welche Themen und Anliegen haben Niederschlag gefunden in diesen Bauwerken? Was war den AuftraggeberInnen wichtig, welche Themen haben PlanerInnen besonders fokussiert, worin wurde investiert, worin nicht?“ stellt Verena Konrad, die Direktorin des vai fest. Mit den monatlichen Führungen „Architektur vor Ort“ und der wöchentlichen redaktionellen Gestaltung der Baukulturgeschichten in den VN „Leben & Wohnen“ gibt es dazu allerdings auch noch konstante und sehr starke Formate der Architekturvermittlung im vai.

[ Der Text erschien in der November-Ausgabe 2020 von KULTUR - Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, http://www.kulturzeitschrift.at ]

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