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TEC21 2007|09
Belastendes Erbe
TEC21 2007|09
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Kontaminierter Bodenaushub

Im Kanton Zürich ist seit Mai 2004 eine neue Weisung für den Umgang mit potenziell belastetem Boden bei Bauvorhaben in Kraft. Damit soll die Verschleppung von Schadstoffen auf bisher unbelastete Standorte verhindert werden. Zentrales Hilfsmittel dazu ist der so genannte Prüfperimeter für Bodenverschiebungen, ein Plan, der sämtliche dem Kanton bekannten Hinweise auf Bodenbelastungen aufführt.

26. Februar 2007 - François Schnider, Isabel Baur
Im Kanton Zürich ist viel Boden in Bewegung. Bei Bauarbeiten werden jährlich etwa 1.5 Millionen Kubikmeter Boden ausgehoben. Zwei Drittel davon – entsprechend einer doppelten LKW-Kolonne von Genf nach Romanshorn – verlassen die Bauareale. Knapp zwei Drittel dieses abgeführten Bodenmaterials wiederum werden in Kiesgruben und Deponien entsorgt und gehen damit als wertvolles Bodenmaterial verloren. Der Rest wird andernorts wiederverwertet, beispielsweise bei Umgebungsgestaltungen oder Bodenrekultivierungen.

Diese Wiederverwertung kann allerdings problematisch sein, wenn dadurch mit Schadstoffen ­belastetes Bodenmaterial auf bisher unbelastete Standorte gelangt. Denn die Entwicklung des Kantons Zürich zum dichten Siedlungs- und bedeutenden Wirtschaftsraum hat im Boden Spuren hinterlassen. Heute ist etwa ein Fünftel der Zürcher Böden in der obersten Schicht durch diffuse Stoffeinträge aus der Luft, durch die Anwendung schadstoffhaltiger landwirtschaftlicher und ­gartenbaulicher Hilfsstoffe sowie durch Abfallablagerungen belas­tet. Böden, das heisst die oberste ca. 1 m mächtige Erdschicht, erneuern sich nur über Jahrtausende. Daher sind vor allem schwer abbaubare Schadstoffe ernst zu nehmen, die während Jahrhunderten im Boden verbleiben. Man findet überall im Kanton derartige Belastungen, die meisten jedoch in den Siedlungszentren.

Wird bei Bodenverschiebungen das verunreinigte Bodenmaterial rechtzeitig erkannt, lässt sich vermeiden, dass es an einem bisher intakten Ort wiederverwertet wird. Mit geringem Aufwand kann auf diese Weise dank sachgerechter Materialtriage auf der Baustelle eine bedeutende Ursache für Bodenbelastungen vermieden werden, nämlich die Verschleppung von Schadstoffen auf bisher unbelastete Böden. Zur Wiederverwertung steht im Kanton Zürich als Folge der intensiven Bautätigkeit trotzdem noch ein Überschuss an unbelastetem Bodenmaterial zur Verfügung.

Nicht durch Altlastenverordnung geregelt

Häufig wird angenommen, dass der Umgang mit belasteten Böden bereits mit der Altlastenbewirtschaftung geregelt sei. Das trifft jedoch nicht zu. Die Altlastenverordnung des Bundes regelt nur das Vorgehen auf Standorten, deren Belastung von Abfällen stammt und die eine beschränkte Ausdehnung aufweisen. Im Kataster der belasteten Standorte nach Altlastenverordnung sind also nur die betroffenen Ablagerungs-, Betriebs- und Unfallstandorte aufgeführt. Dasselbe gilt für den bisherigen Altlastenverdachtsflächen-Kataster nach dem Abfallgesetz des Kantons Zürich. Diese Kataster weisen damit zwar die bedeutendsten Flächen mit Belastungen in die Tiefe, möglicher Gefährdung des Grundwassers und allenfalls aufwändigem Sanierungsbedarf aus. Sie erfassen aber nur etwa ein Fünftel der belasteten Zürcher Böden.

Wie Bodenverschiebungen aus allen anderen belasteten Flächen zu handhaben sind, regelt die «Bundeswegleitung Bodenaushub» von 2001, in der das geltende Bundesrecht zusammengefasst ist. Grundprinzip ist, dass kein belastetes Material auf unbelastetem Boden abgelagert werden darf. Eine fachgerechte Bodenverschiebung setzt also die Kenntnis der Belastungssituation voraus. Damit nicht bei jeder Bodenverschiebung chemische Abklärungen durchgeführt werden müssen, benennt die Bundeswegleitung potenziell belastete Flächen (so genannte Belastungshinweise), bei denen vor Bodenverschiebungen Messungen unverzichtbar sind. Neben Abfallablagerungen sind dies Flächen wie Schiessanlagen, städtische Altbaugebiete, Rebberge, Schrebergärten und Bereiche um Verkehrsträger, um korrosionsgeschützte Metallkonstruktionen im Freien, um früher bedeutende Emittenten wie Giessereien und Kehrichtverbrennungsanlagen sowie Standorte, auf denen früher stark belastete Abfalldünger ausgebracht wurden.

Prüfperimeter für Bodenverschiebungen

Die Fachstelle Bodenschutz (FaBo) des Kantons Zürich hat diese in der Bundeswegleitung aufgeführten Belastungshinweise in zahlreichen Einzelfällen mit Bodenmesswerten getestet und daraus Kriterien abgeleitet, nach denen die Belastungshinweise flächenhaft in einem Plan festgehalten werden. In diesen Plan werden beispielsweise nicht alle Strassen aufgenommen, sondern nur diejenigen, bei denen auf Grund der Verkehrsfrequenzen mit erheblichen Belastungen des angrenzenden Bodens zu rechnen ist. Dieser so genannte Prüfperimeter für Bodenverschiebungen führt also sämtliche dem Kanton bekannten Hinweise auf Bodenbelastungen auf und kann bei den Gemeinden eingesehen werden.

Neues kommunales Verfahren

Der Umgang mit diesen Bodenbelastungen wird im Kanton Zürich seit 1.5.2004 in der «Weisung zum Umgang mit ausgehobenem Bodenmaterial» (Weisung Bodenaushub) geregelt, welche die «Wegleitung Bodenaushub» des Buwal in die Praxis umsetzt. Demnach unterstehen Bodenverschiebungen aus allen Flächen mit Belastungshinweisen einem kommunalen Bewilligungsverfahren. Das heisst, die Gemeinde ordnet bei Bodenverschiebungen von mehr als 50 m³ aus Bauarealen im Prüfperimeter sowie aus weiteren Flächen, für die der Bauherrschaft oder der Gemeinde begründete Belastungshinweise bekannt sind, die erforderlichen Auflagen nach kantonaler Vorgabe an. Die Baubehörde erlässt in der Baubewilligung also Auflagen zum korrekten Umgang mit dem Boden.

Die fachliche Prüfung und Begleitung der Bodenverschiebungen ist privaten Fachleuten übertragen. Die FaBo instruiert und berät alle Akteure, stellt einheitliche Hilfsmittel zur Verfügung und führt Stichprobenkontrollen durch. Wird der Bodenaushub auf dem Bauareal verwertet oder werden weniger als 50 m³ abgeführt, ist dafür keine Bewilligung erforderlich. Hingegen gelten auch für diese eigenverantwortlichen Bodenumlagerungen die Vorschriften der Bundeswegleitung.

Der Kanton hingegen ist weiterhin zuständig für die Prüfung des Umgangs mit Bodenaushub bei Bauvorhaben, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterstehen oder auf Flächen des Altlas­tenverdachtsflächen-Katasters liegen.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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