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tec21 2006|5
Holzbau
tec21 2006|5, Foto: Tetsuro Kurokawa
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Bauen mit Zedern

In Japan gelten Bäume als Medium, durch das die Geister der Vorfahren auf diese Welt zurückkommen. Für die Tragstruktur der Häuser wurden daher früher oft Bäume oder baumähnliche Stützen verwendet. Die einheimischen Hölzer, schnell wachsende Zedern und Zypressen, sind keine idealen Bauhölzer. Eine von traditionellen Bauformen abgeleitete Bautechnik könnte ihre Vorzüge aber dennoch zum Tragen bringen, und die Abhängigkeit Japans von importiertem Holz liesse sich vermindern.

28. Januar 2006 - Tetsuro Kurokawa
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die japanische Forst- und Holzbautradition einen schweren Stand. Eine starke Industriemacht zu werden war zu dieser Zeit das Hauptanliegen. So wurde Japan zum grössten Importeur von Holzprodukten wie auch von Nahrungsmitteln. In jüngster Zeit wird nun versucht, etwas Gegensteuer zu geben. Die Erhaltung bewaldeter Flächen – sie bedecken rund 60% des Landes – wird zum Beispiel mit Steuervergünstigungen unterstützt. Wälder spielen unter anderem bei der Wasserversorgung der grossen Städte eine zentrale Rolle.

Holzbau in Japan

Die Pfosten-Riegel-Konstruktion ist heute die hauptsächliche Konstruktionsweise in der japanischen Holzarchitektur. Sie wird als «althergebrachte» Bautechnik angesehen, obwohl sie erst nach dem Zweiten Weltkrieg eine weitere Verbreitung fand. Unter anderem weil zu dieser Zeit das Holz knapp war, geschah die Entwicklung der Holzständerbauweise mit schlanken Elementen.

Balken werden dabei mit kurzen, dünnen Pfosten verbunden, die nahe beieinander stehen. Die aussteifenden Wände gewährleisten die Stabilität gegenüber Wind und Erdbeben. Von Gesetzes wegen sind die Methoden der Berechnungen vereinheitlicht worden. Allerdings erwies sich dies als schwierig und teilweise ungenau, da sich in derselben Tragstruktur gelenkig verbundene Pfosten und die starren Wände wiederfinden. Das Problem der Diskrepanz zwischen den Vorschriften und den statischen Berechungen ist heute noch nicht gelöst und wird sich bei der Bemessung mehrstöckiger Bauten eher noch verschärfen. Seit Herbst 2004 sind in Japan bis zu vierstöckige Holzbauten erlaubt. Falls die zulässigen Gebäudehöhen noch erhöht werden – was geplant ist –, wäre das im Vergleich zu anderen fortschrittlichen Holzbaunationen ein hoher Standard.

Skelett aus dicken Hölzern

Traditionelle japanische Holzkonstruktionen basieren auf einer im 9. Jahrhundert entwickelten, sehr wandelbaren Skelettkonstruktion aus dicken Hölzern. Zu diesen Skeletten existierten, basierend auf japanischer Tradition, verschiedene Füllelemente: eine Schiebetüre, ein transportables Heizungssystem, eine Leuchte usw. All diese Elmente wurden miteinander kombiniert und stellten eine spezifische Art zu leben dar.

Im 15. Jahrhundert verschwanden die grossen Bäume einerseits wegen kriegerischer Ereignisse, auf der anderen Seite entwickelte sich die Holzbautechnik weiter. Die dann aufkommende Rahmenbauweise mit schlanken Bauteilen und Stützen sowie fein bearbeiteten Holz-oberflächen brachte eine neue Ästhetik in die Architektur. Der so genannte Sukiya-Style kam ohne Skelett aus, und es wurden schlankere Konstruktionsteile, vorzugsweise aus Fichtenholz, verwendet. Diese Baumart wurde im 4. Jahrhundert erstmals eingeführt. Sie hatte in Japan allerdings einen schweren Stand. So wurden die Fichten im Westen des Landes von Borkenkäfern fast vollständig zerstört, und auch als Konstruktionsholz kann es durch weisse Ameisen und Pilze beschädigt werden. Man beschränkte die Verwendung von Fichte darum oft auf die Dachkonstruktion.

Vorteilhafte Resistenz

Die in Japan heimischen, schnell wachsenden Zedern und Zypressen allerdings sind ebenfalls keine idealen Bauhölzer. Ihre Festigkeit ist im Vergleich zur Fichte geringer, und die Materialeigenschaften sind inhomogen. Der grosse Herzholz-Anteil macht auch die Laminierung beschwerlich.

Im japanischen Klima mit viel Regen und hoher Luftfeuchtigkeit ist aber die Resistenz gegen Fäulnis ein zentraler Faktor, insbesondere auch in Bezug auf die Erdbebensicherheit (das grosse Hanshin-Awaji-Erdbeben hat im Jahre 1995 an Häusern in Holzrahmenbauweise grosse Schäden verursacht). Da Herzholz in diesem Bereich besser abschneidet als Splintholz, gibt es hier einen Vorteil der Zedern und Zypressen gegenüber der Fichte. Durch andere Konstruktionsweisen müsste es möglich sein, von diesem Vorteil auch tatsächlich zu profitieren und mehr einheimisches Holz zu verwenden.

Wurzeln im 17. Jahrhundert

Als Ausgangspunkt diente die Konstruktion der im 17. Jahrhundert entwickelten «Minka»-Bauernhäuser. Diese zeichneten sich durch eine teilsteife Holzrahmenkonstruktion mit grossformatigen Zedern- und Zypressenbäumen aus. Um diese Konstruktion den heutigen Anforderungen anzupassen, müsste allerdings auch die Verwendung von Leimholz möglich sein. Die Laminierung japanischer Zedern und Zypressen ist zwar heute immer noch schwierig, der hauptsächliche Schwachpunkt der Prozesskette scheint aber momentan eher die Trocknung grösserer Teile zu sein. Dabei gehen 10–20% der Masse verloren, was den Preisunterschied zu importierem Leimholz verschärft.

Unser Büro hatte vorerst mehrere Häuser mit teilsteifer Rahmenkonstruktion und Füllelementen (mit importiertem Leimholz) gebaut. Anfang der 1990er- Jahre begannen wir dann mit der so genannten «Skeleton log construction method» (Skelett-Holzstamm-Konstruktion). Als Baumaterial dient entrindete und luftgetrocknete Zypresse oder Zeder. Die hauptsächlichen Einsatzbereiche sind einerseits weitgespannte Strukturen aus gedrungenen Stämmen und andererseits halbsteife Holzrahmenkonstruktionen.

In den letzten zwölf Jahren konnten mehr als 30 Gebäude in dieser Bauart erstellt werden. Übewiegend kamen dabei lokale Handwerker und in der Umgebung geschlagenes Holz zum Einsatz.

[ Überarbeitete Fassung eines am Holzbau-Forum 2004 in Garmisch gehaltenen Vortrages. ]

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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