Zeitschrift

hochparterre 09|2007
Zeitschrift für Architektur und Design
hochparterre 09|2007, Foto: Willi Kracher
hochparterre 09|2007, Foto: Willi Kracher
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Sparhaus an der Autobahn

5. September 2007 - Werner Huber
Adliswil war der traditionelle Standort von Mövenpick, dem von Ueli Prager 1948 gegründeten Gastrounternehmen. Die stolze Möwe musste schon einige Federn lassen, und jetzt ist der Vogel aus dem Tal der Sihl ausgeflogen und hat sich im Tal der Kempt niedergelassen. Dabei hat er gleich auch den Namen gewechselt: Aus der ‹Mövenpick Gastronomie Schweiz› wurde die ‹Marché Restaurants Schweiz›. Auch in der dreissigjährigen Raststätte Kemptthal an der A1 zwischen Zürich und Winterthur, wo einst die ‹Landbeiz› und die ‹Silberkugel› um die Gunst der Autofahrer buhlten, hat sich vor einiger Zeit das ‹Marché› als Flaggschiff des Unternehmens eingerichtet.

Gleich nebenan baute der Architekt Beat Kämpfen nun ein Verwaltungsgebäude. Es ist das erste Nullenergie-Bürogebäude der Schweiz und erhielt dafür das Minergie-P-Eco-Zertifikat. Minergie-P heisst, dass der Gesamtenergieverbrauch 40 Prozent unter dem Minergie-Standard liegt, Eco steht für eine ökologische Bauweise. Zur optimalen Nutzung der passiven Solarenergie ist der Neubau Nord-Süd ausgerichtet. Gegen Norden sind kleine Fenster in die Fassade geschnitten, dafür öffnete der Architekt das Haus im Süden mit einer grosszügigen Glasfassade (U-Wert: 0,46 W / m²K), um damit von der Solarenergie zu profitieren. Damit sich die Büros im Sommer nicht übermässig aufheizen – und sich die Mitarbeiter eine Rauchpause gönnen können –, spannt sich vor der ganzen Südfassade eine Balkonschicht auf. Sie hält die hoch stehende Sommersonne ab, lässt aber die flach eintretenden Wintersonnenstrahlen ins Haus.

Das Haus speichert die Wärme vor allem in den Unterlagsböden, aber auch in den Spezialgläsern der Südfassade, die eine Wärmespeicherkapazität einer 20 Zentimeter dicken Betonwand haben, was angenehme Oberflächentemperaturen erzeugt und den Luftzug ausgleicht. In die Konstruktion eingelegte Wasserleitungen kühlen oder heizen das Gebäude je nach Bedarf mittels einer Erdsonden-Wärmepumpe. Eine Lüftung bläst frische Aussenluft ein und saugt die verbrauchte Luft über einen Wärmetauscher ab. Das mit zwölf Grad gegen Süden geneigte Pultdach ist auch eine Fotovoltaikanlage, die dafür sorgt, dass dem Haus keine Fremde Energie zugeführt werden muss. In der Eco-Bewertung schnitt das Holz besonders gut ab: Der nachwachsende Rohstoff erzeugt ein gesundes Raumklima, ist leicht zu bearbeiten und (meist) lokal zu beziehen. Die Holzkonstruktion des Gebäudes nimmt überschüssige Feuchtigkeit auf und gibt diese bei Trockenheit an die Räume zurück. Ausserdem gibt es auf jedem Geschoss eine bepflanzte und bewässerte Torfmatte, eine ‹grüne Wand›, die als Luftbefeuchter für ein angenehmes Klima sorgt und mittels Fotosynthese die Luft reinigt. Der Zementverbundboden und die eigens entworfenen Büromöbel mit einbezogener Schalldämmung sorgen für eine gute Akustik im Gebäude. Das Bürohaus wurde mit dem Solarpreis 2007 ausgezeichnet.

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Für den Beitrag verantwortlich: hochparterre

Ansprechpartner:in für diese Seite: Roderick Hönighoenig[at]hochparterre.ch

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