Zeitschrift

anthos 2007/4
Entwicklungsgebiete
anthos 2007/4
zur Zeitschrift: anthos
Herausgeber:in: BSLA

Schlieren: die Agglomeration entwickeln und ordnen

Als «Abfallkübel des Kantons» bezeichnete der Tages-Anzeiger am 10. Oktober 2003 Schlieren. Die industrielle Produktion brach seit den Siebzigerjahren ein. Eine vierspurige Verkehrsachse durchschneidet das Zentrum. Der sanierungsbedürftige Wohnungsbestand verstärkt die Problematik zusätzlich. Schlieren ist von der bekannten Vorstadtproblematik besonders betroffen und reagiert.

18. Dezember 2007 - Barbara Meyer, Manuel Peer
Schlieren packt seine Chance. Die Stadt hat erkannt, dass sie die Zügel selber in die Hand nehmen muss. Sie hat 2005 ein wegweisendes Stadtentwicklungskonzept erarbeitet. Was nach üblichen Planungsinstrumenten klingt, ist aber weit mehr. Die Stadtregierung hat eine Vision und den Willen, diese umzusetzen. Ein städtebaulicher Wettbewerb für das Zentrum ist bereits entschieden. Das mutige Projekt will den Verkehr neu organisieren, die Fussgänger und Velofahrer im Zentrum bevorzugen und damit neues Leben in die Stadt bringen. Gleichzeitig werden riesige Industriebrachen umgenutzt. So entsteht zurzeit in Schlieren West ein neues Wohnquartier mit städtischem Charakter und viel Lebensqualität.

Entwicklungsgebiet Schlieren West

Das zukünftige Wohnquartier liegt zwischen der Bahnlinie Baden–Zürich und der vierspurigen Badenerstrasse. Heute wird der lärmige Ort von Lagerplätzen, Auto-Occasionshandel, vereinzelten landwirtschaftlichen Flächen und minderwertigem Wohn- und Gewerberaum geprägt.

Bedürfnisgerechte, gut gestaltete und unverwechselbare Räume zu schaffen, ist hier die Hauptaufgabe. Denn das Gebiet soll sich vom benachteiligten Standort zum hochwertigen Wohnquartier entwickeln.
Die Freiraumstruktur soll Identität vermitteln: Kurze, baumbestandene Quartierstrassen erschliessen das Gebiet von der Badenerstrasse aus für den Autoverkehr. Die autofreie Parkallee verbindet als Rückgrat das gesamte Quartier. Eine Baumreihe und eine wegbegleitende Mauer zeichnen die Parkallee aus. Der Parkweg ist eine weitere autofreie Längsverbindung. Quartierstrassen, Parkallee, Parkweg und die Pocket-Parks werden zur durchgehenden Qualitätssicherung unter der Federführung der Stadt projektiert.

Die zwischen den beiden Wegen aufgespannten Pocket-Parks bleiben in privatem Besitz, sind aber öffentlich zugänglich. Für ihre Gestaltung hat die Arbeitsgemeinschaft Klötzli Friedli Landschaftsarchitekten / Aebi & Vincent Architekten ein Gestaltungsreglement mit verschiedenen «Toolboxen» erarbeitet. Darin sind vorgegebene Elemente wie eine Umrandung und wählbare Elemente wie die Baumart, Ausstattung, Geländeformen und weiteres bereitgestellt. Vorbild ist der englische Landschaftspark als Kontrast zur orthogonal organisierten Bebauungsstruktur. Jeder Pocket-Park wird mit einer anderen prägenden Baumart bepflanzt. Neben der Grundausstattung soll für jeden Park eine besondere Attraktion ausgewählt werden. Ziel ist, dass die Quartierbewohner sich je nach Aktivität in verschiedenen Pocket-Parks aufhalten. So wird das Quartier auch sozial vernetzt.

Planungsprozess und Instrumente

Die Umsetzung dieser Ziele bedingt eine komplexe Kombination raumplanerischer Instrumente. Grundlage ist das von der Metron AG erarbeitete Stadtentwicklungskonzept von 2005. Darin wurde für Schlieren West ein grosses Potenzial zur inneren Verdichtung ausgewiesen. Der Rahmenplan von 2005, ebenfalls von Metron, gab die prägenden Elemente des öffentlichen Raumes behördenverbindlich vor. Die Bebauungs- und Freiraumstruktur wurde 2005 in einem Parallelprojektierungsverfahren entwickelt und vom Siegerteam Klötzli Friedli Landschaftsarchitekten / Aebi & Vincent Architekten vertieft. Die grundeigentümerverbindliche Festlegung wird zurzeit in einem öffentlichen Gestaltungsplan mit Metron erarbeitet. Eine Revision der Bau- und Zonenordnung wurde verworfen, da die detaillierten Regelungen zu den Freiräumen und zum baulichen Lärmschutz damit nicht erfasst werden können.

Trotz der 2005 genehmigten Planungszone konnten in der Zwischenzeit verschiedene Projekte bewilligt werden oder stehen kurz davor. Die zu erwartende Gebietsaufwertung hat Investoren angezogen. So gilt nach drei Jahren Planungszeit bereits die Hälfte des Gebiets Schlieren West als entwickelt.

Agglomeration entwickeln

Agglomerationsentwicklung kann nicht an die Standortförderung delegiert werden. Sie ist eine integrale Herausforderung für die Vorstädte vor den Toren der grossen Metropolen. Qualitatives Wachstum und wirtschaftlicher Aufschwung brauchen Massnahmen zu einer geordneten räumlichen und sozialen Entwicklung. Die Quartiere müssen aufgewertet werden, um eine soziale Durchmischung zu erreichen. Ziel ist, dass die Wohn- und Arbeitsbevölkerung ein Zugehörigkeitsgefühl zu Schlieren entwickelt. Die Gestaltung des öffentlichen Raumes spielt dabei eine zentrale Rolle. Auch in der gebauten Stadt investiert Schlieren. Neben den grossen Gebietsentwicklungen konnten in den letzten Jahren viele Aufwertungsmassnahmen realisiert werden.

[Barbara Meyer, Dipl. Arch. ETH, MA Scenography HGKZ, Projektleiterin Stadtentwicklung Schlieren,
Manuel Peer, Dipl.-Ing. FH Landschaftsarchitekt, Stadtingenieur Schlieren]

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: anthos

Ansprechpartner:in für diese Seite: Daniel Haidd.haid[at]fischerprint.ch

Tools: