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TEC21 2007|49-50
90 Km Bahnkultur
TEC21 2007|49-50
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Inventar als Basis: Gotthard-Bergstrecke

Die SBB sind verpflichtet, bei Bauprojekten betriebliche gegen denkmalpflegerische Interessen abzuwägen. Als Grundlage dafür brauchen sie Inventare, die neben den Hochbauten auch die Ingenieurbauwerke erfassen.

10. Dezember 2007 - Toni Häfliger
Die Infrastruktur der SBB wird dynamisch erneuert und ausgebaut. Grosse Teile der Anlagen stammen noch aus dem 19. oder dem frühen 20. Jahrhundert. Es sind Zeugen der schweizerischen Eisenbahngeschichte. Der kultur- und eisenbahnhistorische wie auch landschaftsbildende Wert dieser Anlagen wird zunehmend erkannt.
Gemäss dem Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) haben der Bund, seine Anstalten und Betriebe sowie die Kantone bei der Erfüllung ihrer Aufgaben dafür zu sorgen, dass das heimatliche Landschafts- und Ortsbild, geschichtliche Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler geschont werden und, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert erhalten bleiben. Zu den Bundesaufgaben gehören auch die Realisierung und der Unterhalt von Bauten und Anlagen der SBB.

Bauprojekte der SBB durchlaufen in der Regel ein bundesrechtliches Verfahren, das vom Bundesamt für Verkehr geführt wird. Zum Denkmalschutz äussern sich dabei das Bundesamt für Kultur wie auch die zuständigen Ämter von Kantonen und Gemeinden. Die SBB-Fachstelle für Denkmalschutzfragen dient als Drehscheibe zwischen den entsprechenden Inte­ressen der SBB einerseits und denjenigen des Bundes, der Kantone, Gemeinden und Privaten andererseits.

Die SBB sind an Inventaren interessiert, um rasch und zielgerichtet arbeiten zu können. Schutzinteressen sollen frühzeitig und koordiniert ins Projekt einfliessen. Die Anliegen des Denkmal- und Kulturgüterschutzes sind mit den Projektinteressen abzuwägen. Nicht alles ist schutzwürdig oder erhaltenswert. Um das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden, braucht es Grundlagen. Seit 1984 besteht ein begrenztes Inventar der schützenswerten SBB-Bahnhöfe. Weitere Quellen sind das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) sowie kantonale und kommunale Inventare und wissenschaftliche Publikationen. Weitgehend fehlen aber noch Inventare zu Ingenieurbauwerken als eisenbahnhistorische Zeugen. Wo Grundlagen fehlen, sind die eventuellen Schutzinteressen einzeln abzuklären. Die Eisenbahndenkmalpflege bezieht die diversen Inventare mit ein, setzt aber oft eigene Akzente.

Ziel ist ein Inventar der Kulturobjekte der SBB, das neben Gebäuden auch Anlagen wie Ingenieurbauten, technische Denkmale und Kunstobjekte erfasst. Bestehende Unterlagen werden dabei aktualisiert. Als Pilotprojekt für ein modernes eisenbahnhistorisches Inventar laufen derzeit Aufnahmen zur Gotthard-Bergstrecke. Die Artikel in diesem Heft zeigen Aspekte dieser Arbeit und die Bedeutung der Gotthardstrecke auf.

Die SBB stehen im Spannungsfeld zwischen betriebswirtschaftlichem Handeln und der Sorgfaltspflicht gegenüber der historischen Substanz. Alle Ansprüche zu erfüllen, ist nicht einfach, und die Interessenabwägung ist anspruchsvoll. Es gibt auch Opfer. Doch Widersprüche müssen sich nicht ausschliessen. Im Idealfall verbinden sich alte und neue Elemente zu einem neuen, wertvollen Ganzen.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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