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TEC21 2008|41
Monte Ceneri
TEC21 2008|41
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Der Ceneri-Basistunnel

2006 wurde der Ceneri-Basistunnel in Angriff genommen. Er ist ca. 400 m länger geplant als der 1872–1882 erbaute Gotthard-Scheiteltunnel und wird somit zu einem Bauwerk respektabler Grösse, nicht zuletzt auch bezüglich seiner Kosten. Mit Rücksicht auf die dicht besiedelte Umgebung der Tunnelportale erfolgt der Vortrieb hauptsächlich von einem Zwischenangriff aus.

6. Oktober 2008 - Denis Rossi
Das Tunnelsystem des Ceneri-Basistunnels sieht zwei einspurige Eisenbahnröhren von je 15.4 km Länge von Camorino bei Bellinzona (Nordportal) bis Vezia in der Nähe von Lugano vor (Bild 1). Der Achsabstand der Einspurtunnel beträgt ca. 40 m (Bild 2). Alle 325 m werden die Bahnröhren mit Querschlägen verbunden (Bild 3). Teil des Projektes ist auch die anspruchsvolle, 2.7 km lange offene Strecke mit diversen Kunstbauten im Norden, vom Bahnhof Giubiasco bis zum Nordportal in Camorino (siehe nachfolgenden Beitrag). Im Süden mündet die neue Linie unmittelbar nach dem Südportal in die Gotthard-Stammlinie. Der Tunnel wird zum grössten Teil ausgehend vom Zwischenangriff in Sigirino ausgebrochen. Der Kostenvoranschlag für das Projekt Ceneri-Basistunnel beträgt 2.2 Mrd. Fr. (Kostenstand 2005, Neat-Teuerungsindex 119.8, ohne Bahntechnik). Davon sind schon ca. 800 Mio. Fr. rechtskräftig vergeben und ca. 350 Mio. Fr. investiert worden.

Vorarbeiten vor dem Abschluss

Die Vorarbeiten am Ceneri-Basistunnel wurden im April 2006 in Sigirino und Camorino aufgenommen. In den ersten zwei Jahren wurde vor allem die Baustellenlogistik (Strassenzufahrten, Bahnanschluss, Baustellenareale usw.) vorbereitet. Diese Arbeiten werden im Laufe dieses Jahres abgeschlossen. In Sigirino erschwerten die engen Platzverhältnisse anfänglich die Bauarbeiten. Heute stehen gute Anschlüsse sowohl an die Kantonsstrasse als auch an die Autobahn A2 zur Verfügung. Ein Werkgleisanschluss für die Lieferung von Zement und Gesteinskörnungen für Beton befindet sich im Bau. Die Lieferung des Hauptanteils des Materials per Bahn gehört zum umweltbewussten Materialbewirtschaftungs- und Transportkonzept der AlpTransit Gotthard AG (ATG).

In Camorino am Nordportal wurden mehrere Gebäude abgebrochen und zahlreiche Vorbelastungsschüttungen, vorwiegend mit Material aus dem Gotthard-Basistunnel, ausgeführt. Neu gebaut wurden in diesem Gebiet eine provisorische Brücke über die Kantonsstrasse, die während 5 Jahren als Baustellenzufahrt dient, sowie provisorische und definitive Strassen.

Vorbereitungsarbeiten am Zwischenangriff

Parallel zu den Vorarbeiten wurden die ersten Untertagebauarbeiten ausgeschrieben, und Ende April 2007 erfolgte die erste diesbezügliche Vergabe. Seither sind auch die Vorbereitungsarbeiten, vor allem im Los 851 «Zwischenangriff Sigirino», in Ausführung. Die Arbeitsgemeinschaft CMC (siehe Kasten auf Seite 24) hat sich seit Juli 2007 installiert. Die Untertagebauarbeiten, die den Ausbruch des Zugangsstollens (Fensterstollen) und der Installationskaverne umfassen, haben im Herbst 2007 begonnen und werden rund zwei Jahre dauern. Das Auftragsvolumen beträgt rund 85 Mio. Fr. (exkl. MwSt.). Zu den Vorbereitungsarbeiten gehören ebenfalls das Los 811 «Baustellen Sigirino» (Unterkünfte, Kantine, Changehouse, Büros und Inforaum), das Los 812 «Tunnelwasserbehandlungsanlagen» und das Los 813 «Materialbewirtschaftung».

Das System des Zwischenangriffs Sigirino umfasst auch den wenige hundert Meter entfernten, bereits bestehenden Erkundungsstollen mit einer Länge von 3.1 km und einer Querschnittsfläche von 25 m². Die dadurch gut bekannte Geologie ist durch den standfesten Orthogneis des Ceneri (im ersten Kilometer) und andere Gneise geprägt und stellt, wie das Profil in Bild 4 zeigt, keine besonders schwierigen Verhältnisse für den Tunnelbau dar. Insbesondere wird wenig Wasser im Tunnelquerschnitt erwartet. Im Endausbau wird der Erkundungsstollen als Lüftungsstollen genutzt.

Der Zugangsstollen selbst wird mit einer Tunnelbohrmaschine (TBM) aufgefahren. Der TBM-Vortrieb wurde aus bautechnischen und geologischen Gründen und auch, um die Gemeinde Sigirino nicht mit dem Lärm eines Sprengvortriebs zu belasten, ausgewählt. Er hat eine Länge von 2.3 km, ein Gefälle von 4.8 % und einen Durchmesser von 9.70 m (Querschnittsfläche 74 m²). Das Bauprogramm sieht eine Vortriebsleistung von durchschnittlich 16 m / Tag vor. Diese ist, aufgrund der erwarteten Geologie, aus sehr unterschiedlichen Leistungen von 26 m / Tag bis weniger als 10 m / Tag gebildet. Nach dem Ausbruch der Startröhre im Herbst 2007 ist der eigentliche TBM-Vortrieb seit März 2008 im Gange und wird bis ca. Ende Jahr dauern. Bis Ende August 2008 sind im Zugangsstollen ca. 110 000 m³ Fels ausgebrochen worden. Im ersten Kilometer Vortrieb wurde erwartungsgemäss gutes Material angetroffen, das von der Materialbewirtschaftung für die spätere Verwendung als Gesteinskörnung für Beton zwischengelagert wurde.

Gleichzeitig wurde die erste der sieben Installationskavernen, die den Erkundungsstollen mit dem Zugangsstollen im Fussbereich verbinden und der Untertage-Baulogistik dienen, und die Demontagekaverne für die TBM ausgebrochen. Die Kavernen weisen unterschiedliche Querschnitte von 105 m² bis 264 m² auf, die grösste davon wird die Betonanlage beherbergen. Ihr Ausbruch erfolgt nach Fertigstellung des Zugangsstollens, um die bessere Zufahrt durch denselben für leistungsfähige Förderbänder und zweispurigen Lastwagenverkehr nutzen zu können. Entscheidend für die unterirdische Platzierung der Betonzentrale waren baulogistische Gründe, der Platzmangel ausserhalb des Tunnels und die Entlastung der Gemeinde Sigirino vom erforderlichen 24-h-Betrieb der Anlage. Der Ausbruch der Installationskavernen wird etwa 14 Monate ab Fertigstellung des Zufahrtsstollens in Anspruch nehmen.

Bauarbeiten bie den Tunnelportalen

Seit März 2008 wird auch in Vezia beim Südportal am Aushub des Voreinschnitts gearbeitet. In diesem Bereich werden das Portal, ein 170 m langer Tagbautunnel und ein Gegenvortrieb von 300 m Länge ausgeführt. Die ersten Bauarbeiten betreffen die bestehende Bahnunterführung. Diese wird angepasst, um eine direkte Zufahrt von der Autobahn auf die Baustelle zu ermöglichen, ohne den Dorfkern der Gemeinde Vezia durchfahren zu müssen. Die Baustelle Vezia ist die kleinste der drei Baustellen des Ceneri-Basistunnels. Der Tunnel überquert in der Nähe des Südportals den ebenfalls im Bau befindlichen Strassentunnel Vedeggio mit einem Abstand von lediglich 4 m. Die zwei Projekte werden ständig koordiniert und abgestimmt. Der Voreinschnitt und der Tagbautunnel befinden sich im Park der Villa Negroni, einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude aus dem 17. Jahrhundert. Wenige Meter daneben verläuft die östliche, bis 25 m hohe Wand des Voreinschnitts. Im Herbst 2008 werden auch die Arbeiten des Gegenvortriebes beim Nordportal in Angriff genommen. Ihre Vergabe wurde im Mai 2008 publiziert und ist seit Juni rechtskräftig. Diese Arbeiten umfassen insbesondere die bergmännische Unterquerung der Autobahn A2 im Lockergestein und die Realisierung der Kavernen des Nordanschlusses mit einer Länge von rund 600 m. Im entsprechenden Los 853 sind zudem als Terminsicherungsmassnahme bis zu 2 km lange zusätzliche Gegenvortriebe als Option vorgesehen. Das an eine Arbeitsgemeinschaft (siehe Kasten) vergebene Auftragsvolumen beträgt ohne Optionen rund 104 Mio. Fr. (exkl. MwSt.).

Auf die nördlich anschliessende Baustelle Camorino, die inzwischen eine beträchtliche Fläche von ca. 400 000 m² in der Magadinoebene in Anspruch nimmt, wird im folgenden Beitrag detailliert eingegangen. Wichtige Vergaben von grossen Bauwerken in diesem Bereich wurden bzw. werden in diesem Jahr und Anfang 2009 getätigt. Dazu gehören die Unterführung Kantonstrasse (Länge 400 m, vierspurig, unter dem Grundwasserspiegel), die Brücke über die Autobahn A2 (4 Gleise, Länge 100 m, schwierige Bauverhältnisse unter Verkehr) und der Ausbau von zwei auf vier Gleise der bestehenden Strecke Bahnhof Giubiasco bis A2 (Dammarbeiten, neue Brücke über dem Fluss Morobbia). 2009 wird sich deshalb die Baustelle in Richtung Nordosten bis zum Bahnhof Giubiasco, dem nördlichsten Punkt des Projekts Ceneri-Basistunnel, ausdehnen.

Ausschreibung des Tunnelhauptloses

Das Hauptlos (Los 852) wurde im März 2008 ausgeschrieben. Es beinhaltet, ausgehend vom Fusspunkt des Zufahrtsstollens FIS in Sigirino, den Vortrieb nach Norden (ca. 2 x 8 km Sprengvortrieb) und nach Süden (ca. 2 x 1.8 km Sprengvortrieb und ca. 2 x 4 km mit jeweils TBM-Vortrieb oder Sprengvortrieb, zur freien Wahl des Anbieters). Die Publikation des Loses war von Oktober 2007 auf März 2008 verschoben worden, um die Lösung Sprengvortrieb für die südlichsten 4 km (vorher nur TBM vorgesehen) in die Ausschreibungsunterlagen zu integrieren. Zu diesem Los gehört auch der Innenausbau bzw. die Rohbau-Ausrüstung des Tunnels. Der Baubeginn ist für Spätherbst 2009 vorgesehen, die Untertagsarbeiten werden Anfang 2010 in Angriff genommen.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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