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Stallbauten
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zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Geeignetes Material

Woraus baut man Ställe? Jede Tierart hat eigene Anforderungen an die Haltung und damit an die Unterbringung. Besonders die Konstruktion und die Materialisierung von Milchviehställen muss an zahlreiche Gegebenheiten angepasst werden. Die Tiere produzieren Wärme, Wasserdampf und Schadgase, die das Stallklima beeinflussen, das sich wiederum auf die Arbeitsbedingungen des Landwirts und die Lebensdauer der Gebäude auswirkt.

7. Januar 2009
Bei der Planung eines Stalls müssen raumplanerische Vorgaben an Bauten ausserhalb der Bauzone, die Bedürfnisse der Tiere und die des Bewirtschafters berücksichtigt werden. Hinzu kommen die wirtschaftlichen Vorgaben, die auch die Materialisierung beachtlich beeinflussen. Die höchsten Anforderungen an das Gebäude werden an Milchviehställe gestellt, bedingt durch die intensive Mechanisierung. Viele landwirtschaftliche Betriebe wechseln heute von Anbindeställen zu Laufställen. Diese werden als tierfreundlicher und effizienter eingeschätzt. An oberster Stelle steht heute der «Kuhkomfort». Das Raum- und Platzangebot soll dem Tier ein möglichst natürliches Verhalten in Bezug auf das Sozialverhalten, die Futteraufnahme sowie die Liegegewohnheiten ermöglichen. Dies bedingt, dass die Gänge breit sind und die Tiere ungehindert kreuzen können. Die meisten Ställe werden nach den BTS-Richtlinien des Bundes (Besonders Tierfreundliche Stallsysteme) gebaut. Diese fordern unter anderem den dauernden Zugang zu einem unüberdachten Aussenbereich, der je nach Tier- und Herdengrösse ein Minimalmass aufweisen muss. Eine Kuh zum Beispiel benötigt 2.50 m². Durch solche Forderungen werden die heutigen Gebäude grösser als die alten Anbindeställe.

Technische Einrichtungen

Der Trend bei den Einrichtungen geht in Richtung Arbeitserleichterung und Komfort für den Landwirt. In der Milchproduktion werden beim Herdenmanagement (Brunstzyklus, Besamungszeitpunkt, Zeitpunkt des Trockenstellens, Anzeige bei schlechter Milchqualität), der Milchmengenmessung und der Fütterung immer öfter elektronische Lösungen mit Datenerhebung und -auswertung eingesetzt. Bei 40 Kühen und mehr sind diese Techniken unumgänglich. Nur so ist es möglich, solche Bestandesgrössen durch eine Person zu betreuen. Die Gesamtlösung geht von der Tiererkennung, d.h., wenn die Kuh den Melkstand betritt, über die Erfassung der Milchmenge bis zur Dosierung des Kraftfutters, das die Tiere selbstständig an der Futterstation abholen.

Bei der Entmistung wird meist eine Schieberentmistung mit Seilzug eingesetzt. Mittels zwei Seilwinden wird ein Metallschieber durch den jeweiligen Gang gezogen. Dieser befördert den Mist in die Mist- oder Güllengrube. Die technischen Einrichtungen erfordern eine entsprechende Elektroinstallation. Dabei sind der Potenzialausgleich und die Erdung sämtlicher Metallteile, die grösser als 1.0 m² sind, besonders zu beachten. Tiere reagieren empfindlich auf elektrische Spannungen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Tränkeeinrichtungen mit einer Spannung von ca. 200 mV bereits gemieden werden oder dass Krippen, die mit Chromstahlblech ausgekleidet waren, plötzlich nicht mehr leergefressen wurden, bis ein durchgerostetes Erdungskabel ersetzt wurde. Kriechströme können auch ausserhalb des Gebäudes entstehen, zum Beispiel in der Nähe von Hochspannungsleitungen, Trafoanlagen oder Bahnlinien. Solche Faktoren müssen in die Planung einfliessen. Sie können den Standort des Gebäudes und die Ausführung der Elektroinstallationen beeinflussen.

Stehen auf drei Beinen

Für eine tiergerechte Bodenbeschaffenheit darf die Oberfläche nicht zu rau sein, da sonst der Klauenabrieb zu gross ist. Trotzdem muss die Trittsicherheit gewährleistet sein. Auf einem optimalen Untergrund kann sich eine Kuh am Euter lecken, also auf drei Beinen stehen. Bisher waren Betonböden, deren Oberfläche beim Betonieren mit dem Stossbesen leicht aufgeraut wurden, weit verbreitet und schienen der Sache zu dienen. Ein Nachteil dieser Bodenbeschaffenheit ist, dass die Oberfläche durch die mechanische Beanspruchung der Schieberentmistungsanlagen mit der Zeit zu glatt wird und wieder aufgeraut werden muss. Dieser Vorgang kann aber nur ein- bis zweimal durchgeführt werden, da sonst die minimale Überdeckung der Bewehrung nicht mehr gewährleistet ist. Abhilfe schafft eine vorgängig eingeplante zusätzliche Verschleissschicht.

Gussasphaltböden werden heute nicht mehr verwendet, da die Temperatur beim Einbringen zu grossen Einfluss auf die Oberflächenstruktur hatte und die Qualität deshalb nicht einheitlich war. Die Lebenserwartung dieser Böden ist zu kurz: Nach 10 bis 15 Jahren sind sie durchgelaufen, oder die Oberfläche ist zu rutschig oder zu rau. Heute werden vielfach weiche Oberflächenbeläge wie Gummimatten, die auf der Unterseite mit Gumminoppen versehen sind, benutzt. Dies bewirkt, dass die Klaue leicht einsinkt und das Tier eine gute Standfestigkeit erreicht. Ein weiterer Vorteil ist, dass mechanische Entmistungsanlagen diesen Boden weniger belasten als konventionelle Betonböden.

Eine weitere Möglichkeit ist das Einstreuen von Gummigranulat in die oberste Bodenschicht, während der Beton eingebracht wird. Diese Verarbeitungsform erfordert viel Know-how und ist bei den Baumeistern unbeliebt. Die Betonstärke der Bodenplatte muss dafür mindestens 150 mm betragen; bei Rindviehställen wird Beton der Expositionsklasse XC3, XA1 verwendet. In Bereichen, die durch Säuren belastet werden – wie Milchzimmer, Melkstand, Futtertisch –, wird der Beton mit einer Zwei-Komponenten-Beschichtung versehen. Bei den Bodenbeschichtungen wird Quarzsand als Gleitschutz eingestreut.

Trocken und sauber liegen

Die Liegebereiche können unterschiedlich gestaltet werden. In Mutterkuh- und Jungviehställen ist die Tiefstreu-Liegefläche weit verbreitet. Bei diesem Verfahren wird die gesamte Liegefläche als Strohbett eingestreut. Nachteilig ist der relativ hohe Strohverbrauch. In Milchviehställen werden meist Liegeboxen erstellt. Jede Kuh hat einen Liegeplatz, der durch Metallbügel seitlich abgegrenzt ist. Bei Kühen mit einer Widerristhöhe von 140 bis 150 cm müssen diese 125 cm breit und 260 cm lang sein. Unterschieden wird zwischen Hoch- und Tiefboxen. Bei Hochboxen wird der Liegebereich der Kühe (Läger) konstruktiv um ca. 20 cm erhöht, auf diese Fläche wird eine vom Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) bewilligte weiche Unterlage aufgebracht. Zum Trocknen und Sauberhalten der Liegefläche muss ein geeignetes Einstreumaterial verwendet werden. Eine eingestreute Liegefläche, die hinten mit dem Kot- und vorne mit dem Bugholz eingegrenzt ist, wird Liegebox genannt. Als Einstreumaterial eignen sich Stroh, trockener Mist, Kompost oder Sägemehl.

Trockene luft, aber kein Durchzug

Ein gesundes Stallklima herrscht im Stall, wenn im Winter Feuchtigkeit und im Sommer Wärme abgeführt werden. Durch die Verdauung und Verdunstung von Kot und Urin entstehen aggressive Gase, vor allem Ammoniak (NH3). Ammoniak beschleunigt die Korrosion von Metallen, dies muss bei der Materialwahl beachtet werden. Die Tiere verdunsten zudem viel Wasser. Bei zu geringer Durchlüftung bildet sich Schimmel, und Bakterienstämme können sich ansiedeln. Dies kann zur Erkrankung der Luftwege führen und beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit der Tiere in Bezug auf Wachstum, Fleisch und Milchproduktion sowie Fruchtbarkeit.

Der Luftaustausch sollte in der Luftschicht oberhalb der Tiere stattfi nden, da sonst Durchzug entsteht. Dies bedingt eine minimale Gebäudehöhe von ca. 3.0 m an der Aussenwand. Optimal ist, wenn der obere Teil der Längsfassade geöffnet werden kann, damit frische Luft in das Gebäude strömt. Als Abluftöffnung sollte das Gebäude parallel zur Trauföffnung am First offen sein. Diese Firstöffnung sollte mindestens 2.0 % der Stallbreite betragen, die Trauföffnungen je die Hälfte. Wichtiger als die baulichen Massnahmen ist die Bedienung der Lüftungseinrichtung. Die Neigung, im Winter alle Öffnungen zu verschliessen, nimmt zu, je grösser der Temperaturunterschied der Stallluft zur Aussenluft ist. Dadurch wird jedoch das Klima im Stall schlecht. Bei Bauten im Talgebiet funktioniert die beschriebene Art der Lüftung problemlos. Im Berggebiet, wo die Ställe zum Teil isoliert sind, müssen Zwangslüftungen in Form von Kaminen oder Ventilatoren eingebaut werden.

Stallgebäude konstruieren

Die Gebäudehülle ist so zu konstruieren, dass möglichst viel Sonnenlicht ins Gebäude dringen kann. Vor allem die Zirkulationsgänge und der Fressbereich sollten gut beleuchtet sein. Nur bei einer minimalen Lichtstärke von 15 Lux bewegen sich die Tiere genügend, und es kommt zu einer ausreichenden Futteraufnahme. Stallgebäude werden heute nicht mehr für eine Nutzung von 30 bis 50 Jahren gebaut. Ein Milchviehstall sollte mit wenig bzw. ohne bauliche Massnahmen in einen Mutterkuh- oder Jungviehstall umgenutzt werden können. Dies bedingt eine möglichst universelle Bauweise. Im Talgebiet sind stützenfreie Hallen weit verbreitet, im Berggebiet werden durch die hohen Schneelasten meist konventionelle Tragsysteme gewählt (Sparrendach mit Mittelpfetten und Stützen). Die Tragkonstruktionen (Binder) werden in Brettschichtholz oder in verzinktem Stahl ausgeführt. Metallkonstruktionen sind, wie erwähnt, anfällig auf Korrosion. Beton wird hauptsächlich dort eingesetzt, wo es aus statischen oder hygienischen Gründen notwendig ist (Melkstand, Milchzimmer). Bei Aussenwänden werden nur noch Brüstungen von ca. 1.2 m über der Bodenplatte betoniert, der Rest wird aus Kostengründen in der Regel in einer Holz- Riegel-Konstruktion ausgeführt.

Dachhaut

Die Ausführung der Dachhaut ist von der Nutzungsart und der Beanspruchung des Gebäudes abhängig. Je höher der Temperaturunterschied zwischen Innen- und Aussenluft ist, desto höher sind die Ansprüche an die Dachhaut. Das grösste Problem ist die Kondenswasserbildung im Gebäudeinnern. Als Deckmaterialien eignen sich Faserzementplatten (Welleternit) oder Profi lblech. Beim Blech ist eine Antitropfbeschichtung notwendig, da sonst beim geringsten Temperaturunterschied Kondensat entsteht. Üblich sind auch Blech-Sandwich-Panels mit einer Polyurethanschaum-Füllung. Bei Hallenställen kann dadurch der sommerliche Wärmeschutz verbessert werden. Den gleichen Effekt erreicht man bei Faserzementplatten mit einer Dachschalung. Diese Lösungen sind aufgrund der grossen Dachflächen kostenintensiv.

Unterschiedliche Bedürfnisse abdecken

Bei der Planung und Realisierung eines Stalles müssen die Bedürfnisse der Tiere und des Bauherrn unter einen Hut gebracht werden. Es existieren zahlreiche Vorschriften und viel Fachliteratur darüber, wie die Bedürfnisse der Tiere am Bau umzusetzen sind. Bezüglich der Bauherrschaft ist teilweise etwas mehr Fingerspitzengefühl gefordert, um herauszufinden, welche Lösung optimal ist. Die Topografie und die Zonen, in denen Ställe gebaut werden, spielen eine grosse Rolle. Die Standard-Stallbauten, wie sie im europäischen Raum die Norm sind, beschränken sich weitgehend auf das Mittelland. Die Betriebe und dementsprechend die Gebäude werden immer grösser, was bereits in leicht geneigtem Terrain zu massiven Mehrkosten führen kann. Der Beizug eines Spezialisten für Stallbauten ist aufgrund der produktionstechnischen und der rechtlichen Spezialnormen zu empfehlen.

[Fredi Leuthold, Stv. Regionalbüroleiter, Landwirtschaftliches Bau- und Architekturbüro Küssnacht a. R.]

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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