Zeitschrift

TEC21 2009|01-02
Nach dem Knall
TEC21 2009|01-02
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Angesichts der Farbenpracht und Formenvielfalt, welche die Pyrotechniker in die Silvesterfeuerwerke zaubern, blendet man gern aus, dass die treibende Kraft – das Schiesspulver – im europäischen Raum zunächst militärisch eingesetzt wurde, der Knalleffekt im Vordergrund stand und die Feuerwerkerei Kriegshandwerk war. Friedlich – zur Feier der Versöhnung zweier Familien im Rahmen eines Mysterienspiels – ist der erstmalige Einsatz eines Feuerwerks 1379 in Vicenza belegt. Auch eines der grossartigsten Werke der Barockmusik verdanken wir der Beilegung eines Konfl ikts: Georg Friedrich Händels Feuerwerksmusik, die der britische König Georg II. aus Anlass der Beendigung des österreichischen Erbfolgekriegs in Auftrag gab. Die «Blumen aus Feuer» – so die ostasiatische Bezeichnung für Feuerwerk – gaben indes einen eher mickrigen Strauss ab. Der Ehrgeiz, am 27. April 1749 das bis dahin grösste und aufwendigste Feuerwerk vor der Kulisse eines riesigen Gerüsts in Form eines Tempels mit zwei Säulenhallen abzufackeln – mit einer Vorbereitungszeit von einem halben Jahr –, scheiterte am explosiven Streit zwischen französischen und italienischen Feuerwerkern. Das Pulver, das dabei nicht verschossen wurde, reichte nur noch für eine vergleichsweise bescheidene pyrotechnische Darbietung.

Nach dem Knall ist vor dem Knall: Dass bei einem Brand in einem Feuerwerkslager die Berührung mit Wasser eine heftige Explosion auslösen kann, wenn der Löschversuch zu spät einsetzt, wird im Artikel «Unterschätzte Gefahr» behandelt, während «Gelenkte Explosion» zeigt, wie das risikogerechte Schutzkonzept für das Gebäudetragwerk mit explizit konstruierten Schwachstellen den Schadensverlauf infolge einer Explosion voraussehbar macht.

Das explosive Potenzial war auch immer wieder auslösendes Moment der spektakulären Verbrennungsaktionen des Künstlers Bernhard Luginbühl. Zuweilen hat er sich mit ihnen buchstäblich den Zorn vom Hals geschafft. Fünf Werke, gigantische Holzskulpturen, die er in Flammen und Rauch aufgehen liess, nannte er «Zorn». Andere hiessen «Fanal», «Ja», «Hektor» oder «Popocatepetl». Eines aber betitelte er mit «Phönix». Wie ein «Phönix aus der Asche» erstand der nördliche Stadtteil Roombeek im niederländischen Enschede. Der «Cultuurcluster» hat nicht nur für die vor gut acht Jahren durch die Explosion einer Feuerwerksfabrik vertriebenen Menschen wieder eine Heimstatt, sondern ein lebendiges Quartier geschaffen, in dem die Spuren der Verheerung – aus Rücksicht auf die Opfer – nicht getilgt, aber mit identitätsstiftender Architektur versöhnt sind.
Rahel Hartmann Schweizer

05 WETTBEWERBE
Erweiterung Kunsthaus Zürich

13 MAGAZIN
Die vielen Wahrheiten der Stadt

16 «CULTUURCLUSTER»
Klaus Englert
Städtebau: Die verheerende Explosion der Feuerwerkfabrik S.E. Fireworks in Enschedes nördlichem Stadtteil Roombeek am 13. Mai 2000 war Anlass, Pläne für ein gänzlich neues Quartier zu erarbeiten.

21 UNTERSCHÄTZTE GEFAHR
Felix Gsell
Planung: Knallgas entsteht bei Bränden in Feuerwerkslagern während hoher Temperaturen. Wird zu spät gelöscht, besteht die Gefahr einer heftigen Explosion.

23 GELENKTE EXPLOSION
Clementine van Rooden
Tragwerk: Explizite Schwachstellen im Tragwerk des Feuerwerklagers in Rikon lenken die zerstörerische Druckwelle in die Richtung mit dem geringsten Schadenspotenzial.

28 SIA
Neuer Generalsekretär des SIA | Wettbewerb zum Forum Baukultur | Honorar- und Lohnanpassung | DV 02: Höhere Einzelmitgliederbeiträge | Neue Norm 500

33 PRODUKTE

37 IMPRESSUM

38 VERANSTALTUNGEN

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