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TEC21 2009|05
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TEC21 2009|05
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Ins Trockene bringen

Das Schweizer Ingenieurbüro Heierli AG aus Zürich projektierte in Abu Dhabi am Golf von Persien ein Trockendock für die Erstellung von Bohrinseln. Seit Mai 2007 ist es in Betrieb, und im Frühling 2008 wurde eine erste Bohrinsel erfolgreich ins seichte Meer gezogen. Zurzeit wird im Dock die Tragkonstruktion einer zweiten Bohrinsel gebaut, und die dritte ist auf dem Gelände neben dem Trockendock in Vorbereitung.

30. Januar 2009 - Tobias Gerber
Üblicherweise werden Bohrinseln an Land auf stabilem Grund erstellt und vor ihrer Konfektionierung und für den Transport an den Zielort ins Meer gezogen. Es ist komplex und aufwendig, solche Stahlgiganten von einem Steg aus oder über eine Rampe kontrolliert ins Meer zu ziehen. Der Planerschaft wurde nach einer ersten Evaluationsphase darum deutlich, dass ein Trockendock für den Bau und das spätere «Wassern» dieser Bohrinseln (Bild 2) gegenüber einer konventionellen Lösung an Land die bessere Lösung darstellt.

Das Ingenieurbüro Heierli AG wurde mit der Planung und Ausführung des Trockendocks beauftragt. Zudem galt es, eine Baustelle mit verschiedenen spezialisierten Unternehmungen, über 120 Mitarbeiter aus unterschiedlichen Kulturen sowie einen grossen Maschinenpark zu koordinieren und die geforderte Qualität zu überwachen. Das Trockendock ist mit seiner Breite von 82 m direkt am Ufer des Golfs von Persien gebaut (Bild 1), die Länge ins Landesinnere beträgt 125 m, und die Bodenplatte liegt rund 10 m unter dem Meeresspiegel. Das Dock musste in nur fünf Monaten in anspruchsvoller Geologie und salzhaltigem Grundwasser erstellt werden. Die klimatischen Bedingungen stellten eine weitere Herausforderung zur Gewährleistung der Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit dar.

Vorbereitungsarbeiten

Bevor das eigentliche Trockendock erstellt werden konnte, musste ein temporärer Damm im Meer aufgeschüttet werden. In diese Schüttung wurden Spundwandprofile gerammt und als rückverankerte Wand ausgebildet. Im Schutz dieser temporären Meeresabschottung wurden die Zugpfähle für die Bodenplatte ab bestehendem Terrain gebohrt (Bild 3). Sie verankern die mit hohen Auftriebskräften belastete Bodenplatte im Baugrund. Gleichzeitig wurden die Trockendockwände erstellt, die den Baugrubenabschluss darstellen: eine überschnittene, nicht verankerte Bohrpfahlwand, die als landseitige Dockumschliessung den effizientesten Schutz vor eintretendem Grundwasser infolge durchlässiger Bodenschichten bietet. Zusätzliche Schlitzwandelemente versteifen die Bohrpfahlwand ausreichend.

Für die Dimensionierung des Wandabschlusses mussten seitliche Auflasten für Krane von bis zu 500 kN/m2 (entspricht 50 t/m2) eingerechnet werden – ein Vielfaches der Flächenlasten von etwa 20 kN/m2, die bei Baugrubenabschlüssen mit üblichen Randlasten berücksichtigt werden müssen.

Konstruktion

Nach den Pfahlarbeiten begannen die umfangreichen Aushubarbeiten. Sobald lokal die Sohle erreicht war, wurden die ersten Teile der Bodenplatte etappenweise bewehrt und betoniert (Bild 5). Die Zugpfahlköpfe wurden vorgängig gestutzt, bearbeitet und kraftschlüssig und dauerhaft in der Bodenplatte verankert (Bild 6). Der Grundwasserspiegel liegt lediglich 1 m unter der Terrainoberfläche und 9 m über der Bodenplatte. Während der Bauphase wurde anfallendes Grundwasser im Dockinnern in einer offenen Wasserhaltung wirksam entspannt. Dazu wurde unter der Bodenplatte eine horizontale, leistungsfähige temporäre Drainageschicht eingebaut. Während des Dockbetriebes dringt eine geringe Restwassermenge durch die Tore ein (Bild 1). Dieses Restwasser wird in einem offenen Drainagesystem in die dafür vogesehenen Pumpensümpfe geleitet und von dort mit semiautomatischen Entwässerungspumpen ins Meer rückgeführt. Der meerseitige Abschluss erfolgte über die gesamte Breite mit acht 10 m hohen Stahlelementen (Tor), die in Aussparungen der Bodenplatte stehen (Bild 1). Die Torelemente sind geometrisch so konzipiert, dass sie alleine durch den Meerwasserdruck abdichten. Neben den Abdichtungslappen (Neoprenmatten), mit denen alle Elementfugen versehen sind, waren somit keine weiteren Abdichtungsmassnahmen am Tor erforderlich. Das Tor liegt an einer intensiv befahrenen Wasserstrasse und musste vor Schiffsanprallkräften geschützt werden. Dazu wurde meerseitig ein Anprallschutz über die gesamte Dockbreite angebracht und so verankert, dass er mit dem schwankenden Meeresspiegel (z. B. infolge der Gezeiten) mitschwimmt. Nach einem ersten Dichtigkeitstest der Stahlelemente (Bild 7) wurde die temporäre Spundwand (Meeresabschottung) etappenweise rückgebaut (Bild 8).

„Wassern“ der Bohrinseln

Sobald die Tragkonstruktion einer Bohrinsel erstellt ist – der Rohbau einer Bohrinsel im Trockendock dauert jeweils etwa acht Monate –, wird das Becken vollständig gereinigt und geflutet. Dazu werden die in den Stahlelementen eingebauten Schleusen geöffnet, bis der Wasserspiegel im Dockinneren dem aktuellen Meerwasserspiegel entspricht. Die Bohrinsel schwimmt dann, an Seilen gesichert, kontrolliert im Dock (Bild 10). Die Stahlelemente des Tores sind nun keinem Wasserdruckunterschied mehr ausgesetzt und können einzeln mit Mobilkranen aus dem Wasser gezogen werden. Die Bohrinsel wird für den weiteren Ausbau und für die Installationen mit einem Schleppschiff ins seichte Meerwasser gezogen und für die Überfahrt an ihren Zielort ausgerüstet. Die Stahlelemente des Tores werden einer Inspektion unterzogen, gewartet und anschliessend wieder in die entsprechenden, von Tauchern gereinigten Aussparungen versetzt. Das Dock wird danach mit zwei Hochleistungspumpen innerhalb von 36 Stunden (ca. 2800 m³/h, entspricht etwa einem mittelgrossen Bach) wieder entleert und für den Bau der nächsten Bohrinsel trockengelegt und gereinigt.

[Tobias Gerber, dipl. Bau-/ Wirtschaftsingenieur FH, Ingenieurbureau Heierli AG, Zürich]

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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