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Pförtnerloge

25. März 2009 - Alexandra Correll
Die Pförtnerloge ist ein Kontrollpunkt an der Grenze von Gebäuden oder Grundstücken. Sie ist in öffentlichen Bauten wie Behörden, Bibliotheken, Universitäten oder Krankenhäusern, in Büro- und Geschäftshäusern, auf dem Gelände von Industrieanlagen und Gewerbebetrieben, aber auch in Wohngebäuden zu finden. Baulich ist die Pförtnerloge entweder ein eigenständiger, meist eingeschossiger Bungalow an der Einfahrt eines Grundstücks, oder sie befindet sich als Nische, Einbau oder Raum im Raum im Eingangsbereich von Gebäuden. Oft bildet sie auch eine zentrale Schaltstelle, an der Informationen über Besucher, Gebäudetechnik und andere Belange zusammenlaufen.

Die Pförtnerloge ist der Arbeitsplatz des Pförtners, der dafür sorgt, dass nur berechtigte oder erwünschte Personen das Gebäude betreten und dass die Hausordnung bzw. das private Hausrecht eingehalten werden. Zudem übernimmt er oft weitere Funktionen wie den Wachschutz der gesamten Anlage oder die Weitergabe von Informationen. Über Überwachungskameras kann sich der Pförtner in vielen Fällen einen Überblick über das gesamte Gebäude samt seiner Ein- und Ausgänge verschaffen. Zu den Aufgaben eines Pförtners gehören aber meist auch Dienstleistungsangebote – besonders in Wohngebäuden. Diese stehen zum Beispiel bei den vorwiegend weiblichen Concierges im Paris des 19. und 20. Jahrhunderts im Vordergrund. Sie entsprechen der Hausmeisterin eines Wohnhauses und nehmen zudem die Post an, führen Instandhaltungsarbeiten aus, bringen die Wäsche oder rufen den Chauffeur.

In vielen Großstädten der Welt soll heute ein 24-Stunden-Pförtnerdienst in mehrgeschossigen Wohn- und Apartmenthäusern vor Einbruch, Vandalismus und anderen kriminellen Handlungen schützen und gleichzeitig das soziale Prestige der Bewohner erhöhen. Dabei können einzelne Wohnhäuser oder auch ganze Wohnareale mit eigener Infrastruktur abgeriegelt und durch Pförtner kontrolliert werden. Die Segregation einer homogenen Bewohnergruppe ist oft Grundlage des Sicherheitssystems wie auch der sozialen Identität solcher Wohnanlagen. So sind beispielsweise in Berlin in den letzten Jahren in steigender Zahl luxuriöse Wohnkomplexe mit Pförtnerloge, Lobby und bewachter Einfahrt entstanden. Der Einsatz von Wach- und Servicepersonal wird seitens der Investoren teilweise mit der zunehmenden Internationalisierung der betreffenden Klientel begründet, die solche Strukturen gewohnt sei. Der Pförtner wird hier zum Teil des Vermarktungskonzepts und seine Dienste sind im Kauf- bzw. Mietpreis der Wohneinheiten inbegriffen. Aber auch in Stadtbezirken, in denen der Quadratmeterpreis weitaus günstiger ist, lässt sich eine wachsende Präsenz von Pförtnern in Wohngebäuden beobachten. So wurden im Berliner Stadtteil Marzahn von Wohnungsbaugesellschaften Wach- und Servicedienste für mehrere Wohnblocks eingestellt. Ihre Präsenz soll gegen Kriminalität, Vandalismus und Verwahrlosung wirken. Auf der einen Seite wird den Bewohnern damit Schutz geboten, auf der anderen Seite werden sie dazu angehalten, sich ebenfalls an bestehende Regeln zu halten. Mit Dienstleistungen wie der Ausgabe von Ersatzschlüsseln oder dem Gießen der Blumen bei Abwesenheit soll darüber hinaus die Wohnsituation aufgewertet und die Anonymität reduziert werden. Entgegen weit verbreiteter Trends, Personal durch den Einsatz von Technik zu ersetzen, wird also mit dem zunehmenden Einsatz von Pförtnern bewusst wieder auf die disziplinierende Wirkung einer persönlichen Präsenz und auf die Qualität von Dienstleistungen durch vertrautes Personal gesetzt.


Anmerkungen:
Georg Glasze/Robert Pütz/Manfred Rolfes (Hg.), Diskurs - Stadt - Kriminalität.
Städtische (Un-)Sicherheiten aus der Perspektive von Stadtforschung und kritischer Kriminalgeographie, Bielefeld 2005.
Anja Karrasch/Oliver Burgard, „Der Portier im Plattenbau“, in: DIE ZEIT, 18. Juni 2003.

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