Zeitschrift

TEC21 2009|17
Westumfahrung Zürich
TEC21 2009|17
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Das Dreieck Zürich Süd

Die Sihlbrücken des Verkehrsdreiecks Zürich Süd bilden das grösste Brückenensemble im Kanton Zürich. Sie verbinden die neue Westumfahrung mit der bestehenden A3 Zürich–Chur. Die Frage, wie sich ein solches Grossbauwerk ökologisch abfedern lässt, prägte die Planung von Beginn an.

Im Naherholungsgebiet Allmend Brunau und im Naturraum Sihltal liegt das Verkehrsdreieck Zürich Süd. Zwei imposante Brücken schliessen hier den Üetlibergtunnel an die bestehende A3 an. Sie sind das Ergebnis einer über dreissigjährigen Planungsgeschichte, das grösste Brückenbauwerk im Kanton Zürich. Von Anfang an waren die Planer darum bemüht, Umweltund Verkehrsanforderungen im Sihltal «unter einen Hut» zu bringen. Doch die Vorstellungen davon, was als umweltfreundlich zu gelten hat, änderten sich im Lauf der Zeit beträchtlich. In den 1980er-Jahren wurde darüber diskutiert, grosse Dämme aufzuschütten, um so die Länge der Brücken möglichst stark zu reduzieren. Hauptsache grün und möglichst wenig Beton, war die Devise. Die Ingenieure prüften auch unterirdische Varianten, die jedoch den Sihl-Grundwasserstrom durchquert hätten. Das Generelle Projekt von 1986 legte schliesslich die heute sichtbare Lösung fest: ein raumgreifendes Brückenbauwerk, das die Landschaft prägt und der darunter fliessenden Sihl möglichst viel Freiraum lässt.

Leichtigkweit und Transparenz

Auf drei Ebenen verbinden die neu entstandenen Brücken den Üetlibergtunnel mit der bestehenden A3. Der überbrückte Flussraum sollte möglichst unverbaut und «transparent» bleiben: Die Sihl braucht Platz zum Mäandrieren und Fluten, der Flussraum durfte nicht durch Brückenpfeiler verstellt werden. Die Spannweiten der Brücken wurden deshalb vom Fluss bestimmt. Die Sihl und ihre Überflutungsebene wurden mit grosszügigen Feldern von 49 bis 52 m Länge überquert. Die Brückenpfeiler entlang der Sihl und im Überflutungsraum wurden parallel zum Fluss und zu den Höhenlinien angeordnet. So entstand ein offener, geordneter Raum. Hätte man die Pfeiler orthogonal zur Brückenachse orientiert – die statisch naheliegendere Lösung –, wäre ein verschachteltes Pfeilergewirr entstanden. Die Brückenfelder im Flussbereich sind leicht gevoutet von 2.4 m über dem Pfeiler auf 1.8 m Höhe im Feld. Die Vouten schaffen optisch deutlich mehr Raum über der Sihl und bilden den Verlauf der Kräfte ab. Ein weiteres Detail sorgt für eine optische Verschlankung: Die 80 cm hohen Leitmauern der Brücken erhielten aussen ein schmales Profi lband. Durch den so erzeugten Schattenwurf wirkt die Mauer graziler und die Brücke als Ganzes weniger massiv.

Wiederbelebung eines Flussraums

Ein Grossbauwerk wie die Sihlbrücken ist und bleibt ein massiver Eingriff in den Naturraum und in das Landschaftsbild. Ökologische Kompensationsmassnahmen waren deshalb ein wichtiger Bestandteil des Gesamtprojekts. Die Sihl verlief im Bereich der neuen Autobahnbrücken früher in einem künstlichen Flussbett, das unterschiedlich stark befestigt war. In Zusammenarbeit mit Fachleuten aus der Hydrologie, Biologie und Landschaftsarchitektur wurde der Talraum naturnah umgestaltet. Das Gelände unterhalb der Brücken wurde um bis zu 3.5 m abgesenkt, um die Barrierewirkung des Bauwerks optisch abzumildern und die Ausbreitungsmöglichkeiten von Flora und Fauna zu verbessern. Das künstliche Flussbett wurde aufgebrochen, Flutmulden, Böschungen und Kiesbänke wurden angelegt. So entstand ein kleinräumiges Mosaik von Lebensräumen. Bei Hochwasser hat die Sihl ausreichend Platz, um über ihre Ufer zu treten und ihr Flussbett selbst zu formen. Das entschärft auch die Hochwasserspitzen im nahen Zürich. Mit dem neu geschaffenen Flussraum hat das Naherholungsgebiet Allmend Brunau an Attraktivität gewonnen. Der Erholungsraum wurde wie die umliegenden Wohngebiete mit Dämmen oder Lärmschutzwänden gegen den Verkehrslärm abgeschirmt.

Siedlungs- und Erholungsraum vereinigen

Ein Teilprojekt des Verkehrsdreiecks Zürich Süd wurde bereits 2005 eingeweiht: die Überdeckung Entlisberg. Seit ihrer Fertigstellung 1969 durchschnitt die A3 Zürich–Chur in einem bis zu 15 m tiefen Einschnitt die Landschaft und trennte den Siedlungsraum von seinem Grüngürtel. Mit dem Bau der Westumfahrung sollte die A3 auf sechs Spuren ausgebaut werden. Das hätte die Lärmbelastung in Wollishofen weiter verschärft. Die Zeit war damit reif für den lang gehegten Wunsch der Wollishofener, die Autobahn zu überdecken. Die Überdeckung Entlisberg lässt das Siedlungsgebiet Wollishofen wieder mit seinem Familiengarten- und Naherholungsgebiet zusammenwachsen. 200 000 m³ Ausbruchmaterial aus dem Üetlibergtunnel wurden für die Auffüllung dieses Einschnitts auf einer Länge von 550 m genutzt. Die so gewonnenen fünf Hektaren Landfläche wurden zu einem Naherholungsgebiet mit Familiengärten, Wald, Wiesen, Feuchtbiotop und Aussichtsplattform umgestaltet.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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