Zeitschrift

TEC21 2010|14-15
Verkehrsvisionen
TEC21 2010|14-15
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Schon Napoleon Bonaparte wollte einen Tunnel unter dem Ärmelkanal graben. Das Vorhaben wäre mit den damaligen Mitteln wahrscheinlich nicht ausführbar gewesen. Die Projektidee lebte aber weiter, und heute, zwei Jahrhunderte später, fahren fahrplanmässig Züge durch den Eurotunnel. Dieser Werdegang ist typisch für Systeme und Infrastrukturbauwerke, die unser heutiges Verkehrswesen prägen. Am Anfang stand eine Vision, und die Realisierung erfolgte, wenn die Zeit dafür reif, die Umstände günstig und die Finanzierung, zumindest für den Anfang, gesichert waren.

In diesem Heft greifen wir eine Auswahl visionärer Verkehrsprojekte mit unterschiedlichem Entwicklungsstand und Realisierungspotenzial auf. Neue Ideen für den motorisierten Individualverkehr sind nicht darunter. Es scheint, dass sich diese Transportart dem Ende ihrer Entwicklung nähert und kaum noch Visionen generiert.

Mit einer Ausnahme verlaufen die beschriebenen Transportsysteme weitgehend, oder zumindest in den entscheidenden Abschnitten, in Tunnels. Der Trend ist eindeutig: In Zukunft findet der Verkehr grösstenteils unter der Erdoberfläche statt. Als Folge davon wird das Bedürfnis für «schö-nes», erlebnisreiches Reisen in der Freizeit zunehmen, was unter anderem den Bergbahnen zugute kommen dürfte.

Ein weiteres gemeinsames Merkmal der vorgestellten Visionen ist die Entflechtung der Verkehrsströme und der Verkehrsarten. Die Trennung von Personen- und Gütertransport, oder von Arbeits- und Freizeitverkehr, bedingt verschiedene Systeme, jedes mit optimaler Effizienz für seine spezifische Aufgabe. Effizienz bedeutet auch, dass bei den meisten vorgestellten Projekten nicht die Geschwindigkeit das wesentliche Kriterium ist. Es geht vielmehr darum, spezifische Transportanforderungen nicht möglichst schnell, sondern logistisch, ökonomisch und ökologisch optimal zu erfüllen.

Visionen berücksichtigen nicht alle Komponenten der Realität in gleichem Mass. Die vorgestellten visionären Projekte sind bzw. waren, tech-nisch gesehen, mit den verfügbaren Mitteln machbar, was sie von technischen Utopien unterscheidet. Ihre Urheber sind keine weltfremden Fantasten, sondern ernst zu nehmende Fachleute mit anerkannten Leistungsausweisen. Was den technischen Visionen hingegen oft fehlt, ist der frühzeitige Einbezug ihrer ökologischen, raumplanerischen und gesellschaftlichen Auswirkungen. Diese umfassen die Folgen für das Mobilitäts-verhalten von Menschen und Gütern und damit für die zukünftige Nutzung des Siedlungsraums.
In den nächsten Jahren wird sich zeigen, bei welcher der vorgestellten Verkehrsvisionen, unter welchen Rahmenbedingungen, realistische Chancen für die Realisierung bestehen. Die Begeisterung der Initianten und die technische Machbarkeit sind dazu zwar notwendige, aber nicht die einzigen Voraussetzungen.
Aldo Rota

05 WETTBEWERBE
Grosse Schiebung

10 MAGAZIN
Vision in Meterspur | AlpTrain verbindet Metropolen | Versicherer nutzen Gefahrenkarten | Bücher

22 VIA D'ACQUA TRANSALPINA
Kurt Wanner
Vor einem Jahrhundert entstand das Projekt für einen Schifffahrtskanal über den Splügenpass – es ist Projekt geblieben.

26 EIN TUNNEL NACH AFRIKA
Giovanni Lombardi
Mithilfe der heutigen Technik ist der Bau eines Eisenbahntunnels unter der Meerenge von Gibraltar denkbar.

30 EIN FÖRDERBAND DURCH DIE SCHWEIZ
Martin Klöti, Guido Grütter
Das unterirdische, automatische Gütertransportsystem könnte den Verkehrskollaps der Schweiz verhindern.

33 VISION IM SEIL
Lukas Reichel
Erst virtuell existiert das Konzept «Revolvient», ein einzigartiges Transportmittel zwischen Seilbahn und Fluzeug.

39 SIA
CAS Unternehmensführung für Planer | Architekturwoche «15n» | Architekturauszeichnung Solothurn | Initiative Energieeffizienz (IEE)

45 PRODUKTE
53 IMPRESSUM
54 VERANSTALTUNGEN

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Verlags-AG der akademischen technischen Vereine

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