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hochparterre 08|2010
Zeitschrift für Architektur und Design
hochparterre 08|2010
zur Zeitschrift: hochparterre

Am Bahnhof gestapelt

Die symmetrische Gestalt des historischen Winterthurer Bahnhofgebäudes täuscht: Seit je ist das eine Ende, wo die Altstadt liegt und die Bus­ se warten, viel belebter als das andere, wo einst die Milch aus dem Tösstal angeliefert wurde und sich die SBB­Angestellten in der Milchküche verpflegten. Folgerichtig hat die Kommerzialisierung des Bahnhofs vor zehn Jahren am belebten, südlichen Teil begonnen. Dort baute Oliver Schwarz das «Stadttor» — Jahre bevor die grossen Bahnhöfe «Railcity» getauft wurden [siehe HP 4 / 01].

23. August 2010 - Werner Huber
Als Gegenstück realisierten AGPS Architekten nun das «Stellwerk Railcity», ein Büro­ und Geschäftshaus mit einem Veloparking im Unter­ Geschoss. 160 Meter lang soll das Haus werden — falls die zweite Etappe auch realisiert wird. Vor­ läufig muss man sich mit der Hälfte begnügen. Drei Teile stapelten die Architekten übereinander: das Erdgeschoss mit ausladendem Vordach, das Hauptvolumen mit drei Büro geschossen und ein kürzeres zweigeschossiges Volumen, das über die eine Ecke hinausgeschoben ist. Das Motiv der Stapelung, verstärkt durch das dunkle «Fugengeschoss» des 3. Stocks, bricht die Höhe des Gebäudes und zieht es optisch in die Länge. Da nicht klar ist, wann (und ob überhaupt) die zweite Etappe realisiert wird, musste das halbe Gebäude als ganzes Haus erscheinen. So wartet zwar die geschlossene Wand auf den Weiterbau, doch die beiden auskragenden Geschosse verwischen den Brandmauercharakter. Blechpaneele in unterschiedlichen Grautönen und mit einem je nach Baukörper variierenden Rhythmus kleiden das Gebäude ein und unterstützen die Stapelung. Wie bei anderen Projekten von AGPS siehe HP 11 / 06 wurde bei der Gestaltung der Fassade die Künstlerin Blanca Blarer beigezogen. Dort, wo unter dem Vordach die Unterführung auf den Platz mündet, ist die strenge Ordnung unterbrochen: Da liess Blanca Blarer die Bleche des Vordachs «aus der Reihe tanzen» und im imaginären Fahrtwind der Züge flattern. Die Kommerzialisierung der «Railcity» Winterthur erreicht da bei weitem nicht das Mass des «Stadttors» am anderen Ende: Die Raiffeisenbank hat sich den einen, bei der Unterführung prominent gelegenen Laden gesichert, Migrolino ist in den anderen eingezogen. Für die Stadt von grösserer Bedeutung sind jedoch die Veloparkplätze im Untergeschoss, mussten dem Neubau doch zahlreiche Abstellplätze weichen, an denen viele Kantischüler ihren Drahtesel über Nacht deponierten.

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