Zeitschrift

db deutsche bauzeitung 03|2011
Bauen für Tiere
db deutsche bauzeitung 03|2011

Elefantenhaus im Zoo von Kopenhagen

Wellness für Dickhäuter

10 % der gesamten Kopenhagener Zoofläche soll das neue Elefantengehege angeblich ausmachen – bei der Größe von Elefanten scheint dies durchaus gerecht-fertigt. Die Dickhäuter stehen in dem dänischen Zoo aber nicht nur in der Gunst der Besucher, sondern auch in der des Architekten und somit im Rampenlicht: Ihre Gehege haben dank großzügiger Glaskuppeln weit mehr Tageslicht als der dunkel geratene Publikumsbereich. Die Elefanten können nun nicht nur in Schlamm und Sand, sondern auch in Licht baden.

2. März 2011 - Clemens Bomsdorf
Wäre da nicht dieser leichte, doch recht angenehme warme Geruch nach Mist – man würde erwarten, beim Betreten von Norman Fosters neuem Elefantenhaus Handtücher gereicht und den Weg zur Massageabteilung gezeigt zu bekommen. Denn die Eingangspartie des Gebäudes erinnert an die eines Spa oder Schwimmbads: Der Bau ist flach und der ausladende Vorhof menschenleer. Erreicht wird dieser über eine flache langgezogene Treppe oder eine geschwungene Rollstuhlrampe. Der von oben bis unten verglaste Eingang ist 6 m breit und die gläserne Schiebetür öffnet automatisch. Nicht nur von der Ästhetik her ist die Spa-Bad-Assoziation angebracht, denn »hier sollen sich alle wohlfühlen, die Tiere wie die Menschen«, sagt Zoodirektor Lars Lunding Andersen. Damit hat er auch gleich den Hauptgrund dafür genannt, dass der Kopenhagener Zoo ein neues Elefantenhaus brauchte. Das alte war von 1914 und symbolisierte, wofür Elefanten damals v. a. standen: Stärke und Unnahbarkeit. Es war ein hoher, aber schmaler Bau mit dicken, fast fensterlosen Backsteinmauern – »ein Gefängnis«, so Andersen. Nun gibt es neben Schlammbad und Wasserbecken, mehr Fläche und ausreichend Tageslicht auch einen eingesprühten Wassernebel und eine Fußbodenheizung.

Beim Betreten des in Hufeisenform aufgebauten, in die Erde gegrabenen Neubaus gelangt man zunächst in einen Ausstellungsbereich, der sich mit der Geschichte der Elefanten befasst. Über eine Rampe zieht sich dieser in die untere Ebene. Doch die Wege im Innern sind so angelegt, dass die Besucher immer wieder einen Blick auf die Tiere erhaschen können – gleich zu Beginn durch eine Glasscheibe rechts des Eingangs auf das Innengehege der weiblichen Elefanten, später bietet ein Balkon Sicht auf das Außengehege. Die mächtigen Tiere leben wie in freier Wildbahn getrennt, die Bullen sind Einzelgänger, die Kühe leben im Rudel. Die recht lieblose Ausstellung hinter sich gelassen, führt ein breiter Steg, nur durch zwei Zäune von den Tieren getrennt, am Innengehege der Weibchen vorbei und schließlich nach draußen zum Außengehege.

Acht Elefanten, zwei Kuppeln

Wie andere Bauten von Foster kennzeichnet auch das Kopenhagener Elefantenhaus eine Glaskuppel, in diesem Fall sind es sogar zwei – über jedem Innengehege eine. Die Kuppeln sorgen dafür, dass die Tiere auch im grauen nordischen Herbst und Winter, wenn sie sich fast den ganzen Tag drinnen aufhalten, großzügig Tageslicht bekommen. »Sie fühlen sich merklich wohler, sie sind viel lebhafter als zuvor«, erklärt Tierpfleger Allan Oliver. Zugleich bekommt der flache, eingegrabene Bau, dessen ellipsenförmige Gehege ohne Kuppeln architektonisch kaum wahrzunehmen wären, zwei markante Krönungen.

Die Glaskuppeln waren ausschlaggebend dafür, Fosters Büro zu beauftragen. »Nachdem ich seine Lösung für den Hof des britischen Museums in London gesehen hatte, war mir klar, dass er unser neues Elefantenhaus bauen sollte«, so Andersen. Weil Stiftungen den 37,5 Mio. Euro teuren Bau finanzierten, war kein Architekturwettbewerb nötig, das Büro konnte direkt beauftragt werden.

Dunkel und beengend – hell und befreiend

Trotz der zwei gläsernen Kuppeln – die größere mit einer Spannweite von 45 x 23 m, die kleinere von 30 x 15 m – geht das Publikum in Sachen Tageslichteinfall leer aus, solange es sich im Innern des Hauses aufhält. Die geringe Deckenhöhe von meist nur 2,50 m und die Dominanz dunkler Farben sorgen zusätzlich für ein unbehagliches Gefühl. Unweigerlich zieht es den Betrachter daher in Richtung Elefanten. Doch das Besucherareal wurde ganz bewusst dunkel gehalten: »So lenkt das lichte Elefantenareal noch mehr Aufmerksamkeit auf sich«, erläutert Spencer de Grey, Senior Partner und Chefdesigner bei Foster und Partners, diese Entscheidung. Nach Passieren des Ausstellungsbereichs an das helle und luftige Innengehege oder auf die Besucherwege des Außengeheges zu treten, ist eine Befreiung. Mag sein, dass es vom Architekten so nicht geplant war, aber beides – das dunkle Beengende und das helle Befreiende – zu erleben, lässt die Besucher selbst erahnen, welchen Unterschied es für die Tiere ausgemacht haben dürfte, vom alten ins neue Elefantenhaus umgezogen zu sein.

Terracotta-Optik als Kontrast

Wie der Boden des Vorhofs sind auch die Wände im Haus und im Innen- gehege sowie alle Mauern im Außenbereich in Terracotta-Farbe gehalten, als Baumaterial wurden vor Ort gegossener Beton oder Betonelemente verwendet. »Wir arbeiten gewöhnlich weniger mit Beton als dänische Architekten; die Farbe direkt in diesen einzumischen, war aber auch für Kopenhagen eine ungewöhnliche, wenngleich recht simple Lösung«, so de Grey. Für die Tiere spielt die Farbigkeit natürlich keine Rolle, aber den Sichtbeton grau zu lassen, hätte einfach zu wenig Kontrast zu den Elefanten bedeutet.

Dimension Elefant

Auf diese Idee wäre das Architekturbüro vielleicht noch von alleine gekommen. Doch es gibt viele andere Details, die Foster nicht wissen konnte, weil der Kopenhagener Auftrag sein erstes Elefantenhaus war. Also setzte sich Andersen mit dem hauseigenen Architekten und den Tierpflegern zusammen und schrieb ein detailliertes Handbuch. Darin wird die Prozedur der täglichen Tierpflege erläutert, die klimatischen Bedingungen werden festgeschrieben und kleine wie große Änderungen, die den Neubau vom alten Haus unterscheiden sollen. Andersen und seinem Team war es beispielsweise wichtig, dass der Boden mit einem halben Meter (und stellenweise auch mit erheblich mehr) Sand bedeckt werden konnte, statt platzsparender mit Gummi ausgelegt zu werden. »Das hat neben der Größe vielleicht am meisten Verbesserung für die Tiere gebracht, denn nun können wir ihnen Essen vergraben, das sie dann wieder ausbuddeln können«, so der Zoodirektor. Elefanten sind Vegetarier und verspielte Tiere, die ständig unterhalten werden wollen. So wie kleine Kinder aus der Reichweite von Steckdosen fern gehalten werden, war es auch wichtig, alle empfindlichen Bauteile meterweit von Stellen fern zu halten, an denen eines der Tiere gelangen kann. Denn aufgerichtet und mit dem Rüssel gestreckt können sie 6 m weit greifen. »Glasscheiben, Lampen und dergleichen mussten weit weg platziert werden und jede Wand dem Druck von bis zu 15 t standhalten können«, so de Grey. Zum Glück ist es Beton.

Trotz Tierschutz gab es nur die normalen dänischen Bauvorschriften ein- zuhalten. Nie gegeben hat es für Andersen zudem die Zeiten, wo Zoobauten verspielt sein oder die Architektur der Herkunft der Tiere nachahmen mussten. An indische Paläste erinnernde Fassaden sind in Kopenhagen deshalb nicht zu finden. Allerdings ist die Glaskuppel mit künstlichen Blättern beschichtet, die im Sommer die Strahlung der Sonne etwas abmildern sollen. Konsequenterweise hätte hier wie bei anderen Foster-Kuppeln auch kein Muster aus der Natur genommen werden müssen. Doch die Elefanten stört es nicht.

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Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: Ulrike Kunkelulrike.kunkel[at]konradin.de

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