Zeitschrift

TEC21 2011|33-34
Wankdorfplatz Bern
TEC21 2011|33-34
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Innerstädtisches Trassee

Mit dem Ausbau des Wankdorfplatzes soll der Verkehr künftig flüssig und mit möglichst grossem Fahrkomfort für alle Verkehrsteilnehmenden abgewickelt werden. Zudem sollen Freiräume für den öffentlichen Verkehr und den Langsamverkehr geschaffen werden. Als Grundlage dafür dient eine Trassierung, die sowohl die zahlreichen Zwangspunkte als auch die verschiedenen Anliegen der Anstösser und Fachplanenden berücksichtigt.

12. August 2011 - Christian Teuscher, Stefan Zingg
Die Modellierung aller geometrischen Elemente von Strassen- und Gleisanlagen war bei der Umgestaltung des Wankdorfplatzes eine wesentliche Projektgrundlage für die beteiligten Fachplanenden. Seit Beginn sind etliche Fachbereiche wie Strassenbau, Kunstbauten, Gleisbau, Architektur sowie Ver- und Entsorgung involviert, und jeder möchte seine Ansprüche, Wünsche und Ideen ins Gesamtprojekt einbringen. Die Herausforderung für die Trassierung besteht darin, die zum Teil gegensätzlichen Anliegen gebührend zu berücksichtigen und dabei die Kosten im Auge zu behalten. Beispielsweise konnte die Aushubmenge nur bedingt optimiert werden, indem das Kreiselzentrum angehoben wurde, denn dadurch wäre die Verkehrsführung im Bauzustand komplexer geworden. Die Kunst des Trassierens ist also keine emotionslose, geometrische Angelegenheit, sondern liegt auch darin, in einem kreativen, iterativen Prozess möglichst viele Anforderungen im Gesamtbauwerk zu vereinen, gegebenenfalls Kompromisse zu postulieren und einen Konsens zu finden.

Zwangspunkte fordern Ingenieure heraus

Bereits im Vorprojekt haben die Verkehrs- und Bauphasen die Trassierung stark geprägt. Grundsätzlich führt der Verkehr jeweils über die bestehende Infrastruktur oder über die neu erstellten Bauwerke – je nach Bauphase wird der Verkehrsfluss angepasst und über die eine oder andere Variante abgewickelt. Diese Vereinfachung spart Kosten und verhindert vor allem provisorische Bauten wie Hilfsbrücken.

Besonders anspruchsvoll in diesem Gesamtverkehrssystem mit Autobahnzufahrten, Erschliessungsstrassen und mit dem Verkehrsnetz des öffentlichen Verkehrs ist der Wankdorfplatz mit dem unterirdischen Kreiselbauwerk, den vier Zufahrtsrampen und dem oberirdischen Platz inklusive der neuen Tramgleisanlage (vgl. «Verkehr entflechten»). Er bildet das Kernstück der Trassierungsarbeit. Beide Ebenen sind in der räumlichen Ausdehnung durch eine Vielzahl von Zwangspunkten begrenzt: das Leichtathletikstadion, die Allmend, angrenzende Gebäude, bestehende Strassenränder sowie die historische Achse der Papiermühlestrasse mit ihren Werkleitungen und dem alten Baumbestand. Die beiden Ebenen zu einem einheitlichen Modell zu verknüpfen, war eine ingenieurtechnische Herausforderung.

Oberirdisch und unterirdisch

Die beiden zentralen grossflächigen Bereiche des unterirdischen Kreisels und des oberirdischen Platzes befinden sich im Spannungsfeld zwischen Bestand, Fahrdynamik, Oberflächenentwässerung und Konstruktion des Kreiselbauwerks. Um die geeignetste Trassierung zu ermitteln, führten die Ingenieure von Emch Berger AG Bern ein Variantenstudium durch.

In der Konzeptphase zeigten sie alle relevanten Modellierungen der beiden Ebenen auf und verdeutlichten ihre Konsequenzen (Abb. 2). Mit einer Nutzwertanalyse beurteilten sie schliesslich jede Variante und ermittelten die Bestlösung, die sie zur Weiterbearbeitung empfahlen. Die Wahl der Oberfläche der Platzebene fiel auf die Kegelform mit einer konstanten Neigung von 3 % zum Platzrand hin, da diese für die Fahrdynamik, für die Oberflächenentwässerung und für den Bauablauf die beste Lösung bietet, nur geringe Anpassungen an die Umgebung fordert und eine Tramgeometrie gemäss den Anforderungen des Trambetreibers gewährleistet.

Bezugspunkte schaffen

Die im Raum Wankdorf vorhandenen Fixpunkte des Bundes, der SBB und der amtlichen Vermessung der Stadt Bern sind nicht in einem einheitlichen Fixpunktnetz zusammengeführt. Um sich also eine gemeinsame und einheitliche planerische Grundlage zu schaffen, fügten die Ingenieure alle Daten zuerst in ein harmonisiertes, übergeordnetes Fixpunktnetz zusammen. Dieses Fixpunktnetz dient als Grundlage für die Aufnahme des digitalen Terrainmodells (DTM) und für die Bauabsteckungen vor Ort – es bildet grundsätzlich das Bezugsnetz für alle späteren Ausführungsarbeiten. Auch das Kreiselzentrum ist seit der ersten Projektphase in Lage und Höhe präzis definiert. Damit sind ebenfalls die vier Hauptachsen räumlich klar definiert und zugeordnet (Abb. 1). Jede der Achsen hat eine eindeutige Kilometrierung und wird bis zur Inbetriebnahme beibehalten.

Nachdem das Modellierungskonzept bestimmt und die Bezugspunkte abgesteckt waren, erfolgte die planerische Ersttrassierung relativ rasch, um den weiteren Fachbereichen eine solide Basis für ihre fachspezifische Projektierung zu schaffen. Die Trassierung erfolgte lückenlos über den gesamten Perimeter und stellte für alle Fachplanenden eine definitive, dreidimensionale digitale Projektoberfläche zur Verfügung. Anschliessend erstellten die Planenden unter Berücksichtigung des Bauablaufs die Konzepte für Werkleitungen, Konstruktion und Verkehrsphasen.

Ausführung absichern

Während der Ausführungsprojektierungen erhöhte sich der Detaillierungsgrad weiter: Grundlagen wie Kotierungspläne, Höhenlinienpläne, Terrainschnitte, Abwicklungen von Linienführungen und Grundlagen für Visualisierungen entstanden. Zusätzlich wurden vor Baubeginn zahlreiche Absteckungsdaten für verschiedene Gewerke wie Gleisanlage, Baugrubenabschlüsse, Werkleitungen oder Schalungen erstellt und die entsprechenden Bezugspunkte, basierend auf dem erwähnten Fixpunktnetz, im Gelände abgesteckt.

Während der Realisierung werden die Arbeiten überwacht und kontrolliert. Dabei prüfen die Ingenieure die Lage und die Höhe der einzelnen baulichen Elemente wie der Randsteine, der Brüstungen, der Strassenchaussierung oder des Deckels des Kreiselbauwerks mittels eines Differenzmodells. Beispielsweise wird die erstellte Betondecke des unterirdischen Kreisels vor dem Belagseinbau mit den Sollhöhen aus der Projektierung verglichen. Die verschiedenen Differenzhöhen können abgestuft eingefärbt und entsprechend aufbereitet werden. Basierend auf der sich daraus ergebenden Visualisierung können allfällige Massnahmen präzis geplant werden.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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