Zeitschrift

TEC21 2011|42-43
Holzstil und Biedermeier
TEC21 2011|42-43
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Noch immer leidet die Wahrnehmung von Architektur aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter der rigorosen Ablehnung, die sie im 20. Jahrhundert erfahren hat. Bis heute besuchen Architekturschaffende, die sich mit der vormodernen Baugeschichte beschäftigen, mit Vorliebe romanische Kirchen, Palladio-Villen oder Bauten von Klassizismusmeistern wie Karl Friedrich von Schinkel – allesamt ausgesprochene Solitärbauten. Dabei gilt es heute, im urbanen Kontext zu bauen. Da wären doch eigentlich historische Vorbilder für dichte Bebauungsformen und multifunktionale Gebäude von grossem Interesse. Und da hat das 19. Jahrhundert, das europäische Jahrhundert der Verstädterung, einiges zu bieten.

Dieses Heft behandelt zwei Gruppen von Bauzeugen aus jener Zeit: die Zürcher Baumeisterhäuser und Bauten im Schweizer Holzstil.

Während die Zürcher Baumeisterhäuser von Kleininvestoren in einer lokalen stilistischen Ausprägung erstellt wurden, war der Schweizer Holzstil ein internationaler Stil, zu dessen Verbreitung akademi-sche Architekten, Architekturlehrbücher, frühe Chalet-Fabriken und – in diesem Heft speziell beleuchtet – Bahn-gesellschaften beitrugen. Die «Laubsäge-Architektur» wurde später verteufelt, die Baumeisterhäuser dagegen wurden nur lange übersehen.

Doch sie haben viele Gemeinsamkeiten: Beide wurden spät wiederentdeckt, über beide weiss man wenig, und beide sind gefährdet. Gebaut wurden sie von etwa 1830 bis zum Ersten Weltkrieg. In jener Epoche entstand die Eisenbahn, die Städte explodierten, die technologische Entwicklung beschleunigte sich rasant, und die Bauteil-produktion wurde industrialisiert. Das alles prägte sowohl die Baumeisterhäuser als auch die Bauten im Schwei-zer Holzstil. Beide sind in quasiserieller Produktion entstanden, teilweise noch handwerklich, aber bereits mit standardisierten und vorfabrizierten Bauteilen aus Katalogen, die mit der Bahn transportiert wurden. Ihre Archi-tektur ist meist bescheiden, aber in Entwurf und Ausführung sorgfältig und bietet Qualitäten, die heute wieder gefragt sind.

Baumeisterhäuser und Bauten im Schweizer Holzstil zeugen von einer Zeit, als die Städte verdichtet wurden, die Ressourcen knapp waren, das Bauen bereits industrialisiert wurde, aber noch ohne Erdöl und mit wenig Strom auskam – also von Bedingungen, wie sie künftig beim Bauen nachhaltiger Siedlungsformen wieder gelten wer-den. Diese Bauten sind deshalb durchaus die eine oder andere Studienreise wert – dazu aber müssen sie über-leben. Sie verdienen deshalb mehr Wertschätzung und besseren Schutz.
Ruedi Weidmann

05 WETTBEWERBE
Globale Facetten künftigen Bauens

14 PERSÖNLICH
Peter Zuber, 1939–2011 | Ämter und Ehren | Baudynamikpreis für Peter G. Trombik

16 MAGAZIN
Kontroverse um Erneuerung | Leiden an der Energieeffizienz | 40 Wakkerpreise

22 ZÜRCHER BAUMEISTERHÄUSER
Ruedi Weidmann, Nathalie Cajacob
Das Amt für Städtebau der Stadt Zürich hat die «Baumeisterhäuser» aus dem 19. Jahrhundert entdeckt. Die multifunktionalen Bauten sind ein Modell für dichtes, urbanes Bauen.

29 DIE EISENBAHN UND DER SCHWEIZER HOLZSTIL
Ruedi Weidmann
Der Erfolg des Schweizer Holzstils im 19. Jahrhundert hängt eng mit dem Bau der Eisenbahnen zusammen. Dieser noch wenig bekannte Bezug rückt Laubsägeli-Bauten in ein neues Licht.

37 SIA
Ausgezeichnetes SIA-Haus | A&K-Reise nach Nevada | Architektinnen im Zwiegespräch | Lohnerhebung 2011/2012

41 MESSE
Die Hausbau- und Energiemesse 2011 informiert über Themen wie LED, Sonnenenergie oder Elektromobilität. Mit Herbstseminar und Rahmenprogramm.

42 PRODUKTE

53 IMPRESSUM

54 VERANSTALTUNGEN

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Verlags-AG der akademischen technischen Vereine

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