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TEC21 2013|12
Nadelöhr Cityring
TEC21 2013|12
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Update für Umfahrung

Nach gut vier Jahren Bauzeit wird die Autobahn A2 bei Luzern im Juni 2013 wieder baustellenfrei sein. Eine Totalsperrung für das Projekt Cityring Luzern kam nicht infrage, die Gesamterneuerung erfolgte unter Verkehr. Dank umfangreichen verkehrlichen und baulichen Massnahmen sowie intensiver Kommunikationsarbeit blieb ein Verkehrskollaps aus.

15. März 2013 - Thomas Kloth, Stefan Matsch
Mit einem täglichen Verkehrsaufkommen von über 90 000 Fahrzeugen gehört die A2 bei Luzern zu den am meisten befahrenen Strassenabschnitten der Schweiz. Verschiedene Kunstbauten prägen den Autobahnabschnitt: das Lehnenviadukt entlang der Reuss im Norden, der rund 600 m lange Reussporttunnel, die Sentibrücken über die Reuss mit dem Stadtanschluss und der 1.5 km lange Sonnenbergtunnel im Süden. Die Witterung und stetig zunehmender Verkehr hatten nach knapp 40 Jahren Betrieb unübersehbare Spuren hinterlassen. Mit dem Projekt Cityring Luzern wurden die verschiedenen Bauwerke des Abschnitts Emmen–Luzern–Kriens zwischen 2009 und 2013 auf den Stand der Technik gebracht und an die heutigen Sicherheitsanforderungen angepasst. Der erneuerte Autobahnabschnitt soll entsprechend den Astra-Richtlinien[1] den Beanspruchungen der nächsten 20 Jahre standhalten und die Anforderungen an eine leistungsfähige Strasse bezüglich Verkehrssicherheit, Umweltverträglichkeit und Komfort erfüllen.

3.5 km Tunnel und Brücken

Das Kernstück der Gesamterneuerung war die Instandsetzung des Reussport- und des Sonnenbergtunnels. Neben den baulichen Arbeiten wie der teilweisen Erneuerung der Betonkonstruktion der Innenschale, dem Einbau von SOS-Nischen und dem Neubau der Entwässerung wurden die Betriebs- und Sicherheitsausrüstungen (BSA) vollständig ausgetauscht. Das bisherige Be- und Entlüftungssystem wurde durch ein reines Abluftsystem ersetzt, das im Brandfall ein gezieltes Absaugen der Rauchgase über steuerbare Lüftungsklappen erlaubt. Rauchtrennwände an den Tunnelportalen verhindern, dass die Rauchgase in die vom Brand nicht betroffene Tunnelröhre zurückströmen. Das Nordportal des Reussporttunnels wurde aus Lärmschutzgründen mit Hilfe von Elementträgern um 130 m verlängert.

Die Sentibrücken zeigten typische Alterserscheinungen: Tausalz hatte die Brückenkästen angegriffen, undichte Fahrbahnübergänge führten zu Betonabplatzungen und Korrosion an den Widerlagern, sodass die gesamte Betonkonstruktion überholt und die Fahrbahnübergänge ersetzt werden mussten.

Aufgrund der kontinuierlichen Mehrbelastung war es beim 360 m langen Lehnenviadukt entlang der Reuss notwendig, die Tragfähigkeit mittels zusätzlicher Längsträger zu erhöhen. Die Betonquerträger wurden seitlich verbreitert und mit einer Vorspannung in der seitlichen Verbreiterung ausgerüstet. Auch neue Metallleitschranken, Entwässerungsleitungen und Kabelrohrblöcke galt es zu erstellen. Zudem wurden reussseitig (d. h. talseitig gegen die Siedlung) Lärmschutzwände aus Glas montiert. Ein neu erstellter zusätzlicher Fahrstreifen (vgl. S. 20, «Enges Zeitkorsett») ermöglichte es, den Verkehr auf dem Lehnenviadukt während der ganzen Bauzeit zweimal dreispurig zu führen. Dieser separat geführte Zusatzstreifen dient künftig als Rad- und Gehweg entlang dem Lehnenviadukt.

Verkehrskollaps Blieb aus

Der Abschnitt durch die Stadt Luzern ist eine Schlüsselstelle des schweizerischen Autobahnnetzes und ein zentraler Teil der Verkehrsinfrastruktur in der Agglomeration mit rund 200 000 Einwohnern. Die Sperrung jeweils einer Tunnelröhre für eine Tagbaustelle während eines Jahres hätte zu täglichen Verkehrszusammenbrüchen, kilometerlangen Staus in den Spitzenstunden und entsprechend grossen ökonomischen Schäden besonders für die Innenstadt Luzerns geführt. Damit der Verkehr tagsüber unbehindert rollen konnte, wurde ab Ende 2010 bis Mitte 2013 nachts von 20 Uhr bis 6 Uhr morgens sowie an knapp 50 Wochenenden gearbeitet. Um grössere Verkehrsprobleme zu vermeiden, wurden die Sperrungen auf verkehrsarme Zeiten gelegt – nicht an Feiertagen und ausserhalb der Sommerferienreisezeit. Nachts und während der Wochenendarbeiten blieb jeweils eine Röhre des Sonnenbergtunnels gesperrt. Nachts wurde der Verkehr in der einen Richtung durch die Stadt Luzern geführt, an den Wochenenden wurde die offene Röhre im Gegenverkehr betrieben. Dank umfangreichen Verkehrs- und Kommunikationsmassnahmen, die das Bundesamt für Strassen (Astra) mit Vertreterinnen und Vertretern von Wirtschaft, Politik und Verwaltung erarbeitet und umgesetzt hat, blieb ein Verkehrskollaps aus. Neben Angeboten zur grossräumigen Umfahrung bestand die Hauptmassnahme im Verkehrsbereich darin, die Autos mit Dosierstellen an den Ausfahrten auf der Autobahn zu behalten und dadurch einen Verkehrszusammenbruch auf dem Lokalnetz zu vermeiden. In einer breit angelegten Informationskampagne wurde die Bevölkerung im Vorfeld und während der Arbeiten auf die möglicherweise angespannte Verkehrssituation aufmerksam gemacht und um ein umsichtiges Verkehrsverhalten gebeten. Partner aus der Wirtschaft – Detailhandel, Eventveranstalter usw. – wurden individuell betreut. Die Kommunikationsmassnahmen trugen dazu bei, die Verkehrsmenge zu vermindern. Zeitweilige längere Rückstaus auf der Autobahn an den Wochenenden oder als Folge von Unfällen waren dennoch nicht zu vermeiden.

Auch bauliche Massnahmen trugen dazu bei, dass die Baustelle Cityring Luzern durchgehend unter Verkehr betrieben werden konnte. Zum Beispiel ermöglichten zwei vorgängig erstellte Werkleitungsstollen unter dem Reussport- beziehungsweise über dem Sonnenbergtunnel die redundante Verkabelung der Betriebs- und Sicherheitsausrüstungen (Abb. 3, S. 25). Sie sind die Voraussetzung dafür, dass die definitiven Installationen des Projekts ohne wesentliche Unterbrüche in Betrieb genommen werden können. Die Kosten für die Massnahmen, um den Verkehr während der gesamten Bauzeit aufrechtzuerhalten, sind beträchtlich. Sie belaufen sich auf rund 100 Mio. Franken oder auf rund ein Viertel der Gesamtkosten.

Im Zeichen des Neuen Finanzausgleichs

Das Projekt Cityring Luzern fiel in die Zeit, in der die Verantwortung für die Autobahnen aufgrund der Neugestaltung des Finanzausgleichs (NFA) auf den Bund überging. Hatte noch der Kanton Luzern das Erneuerungsprojekt ausgearbeitet und die Werkleitungsstollen erstellt, so war die Astra-Filiale Zofingen für die Hauptarbeiten zuständig. Das Projekt war eines der ersten baureifen Grossprojekte, das das Astra als Bauherrschaft zu bewältigen hatte. Die Verantwortlichen begannen mit dem Bau in Fahrtrichtung Norden und sammelten Erfahrungen, die sie bereits für die Gegenrichtung nutzen konnten. Dadurch konnten die Arbeiten – auch zur Entlastung der Bevölkerung – um zwei Monate schneller abgeschlossen werden. Bis zum definitiven Abschluss der Bauarbeiten Mitte 2013 finden noch diverse betriebstechnische Tests statt.


Anmerkung:
[01] www.astra.admin.ch > Fachdokumente für Nationalstrassen > Standards, Forschung

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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