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TEC21 2013|22
Platzmangel in der Tiefe
TEC21 2013|22
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Unten wird’s eng

Sprechen Baugrundspezialisten, Geotechniker oder Geologen von Dichte, geht es in der Regel um die Beurteilung grundbautechnischer Eigenschaften. Doch die oberirdische Verdichtung wirkt sich zunehmend auch auf die Platzverhältnisse im Untergrund aus, womit der Begriff der Dichte eine ganz andere Bedeutung erhält.

24. Mai 2013 - Stefan Keller
Im Hochbau ist die bauliche Verdichtung sichtbar. Aber was passiert im Untergrund? Dessen vielseitige Nutzung ist oft nicht bekannt oder interessiert nicht; das betrifft nicht nur die Bevölkerung, sondern auch verwandte Berufsfelder (vgl. «‹Dem Baugrund mehr Beachtung schenken›», S. 22). Welche Aspekte spielen bei der Planung im innerstädtischen Bereich eine Rolle? Was bedeutet die bauliche Verdichtung für die Baugrundexperten, Geologen und Geotechniker?

Bereits bei der Planung einer Sondierkampagne für die Baugrunderkundung ist zu beachten, dass in städtischen Bereichen unterschiedlichste Einbauten vorhanden sind. Nicht nur Infrastrukturbauten wie Tiefgaragen, Tunnels, Kanäle etc., sondern auch Werkleitungen zur Ver- und Entsorgung der Gebäude wie Wasser, Strom, Gas, Abwasser, Kommunikationsmedien sind zu berücksichtigen. Vor allem bei Letzteren sind in den letzten Jahren immer mehr Werkleitungen privater Betreiber dazugekommen. Die Planer müssen die Werkleitungspläne separat bei den Werken einfordern und zusammenfügen. Bei einigen Gemeinden werden die Werkleitungen in einem Leitungskataster (Geografisches Informationssystem GIS) zusammengefügt und so den Planern zur Verfügung gestellt. Das betrifft allerdings häufig nur die kommunalen Werkleitungen, private – vor allem diejenigen der Kommunikationsmedien – müssen separat angefragt werden. Erst wenn ein vollständiges Bild der bestehenden Anlagen und Leitungen vorhanden ist, können die Sondierpunkte festgelegt werden, die für ein aussagekräftiges geologisches Gutachten notwendig sind.

Auch oberirdisch ist der Platz in bebauten Gebieten eingeschränkt. Sondierschlitze mit einem Bagger auszuführen ist oft nicht mehr möglich. Platzsparende Geräte erlauben heute, von Kellergeschossen aus zu sondieren. In den letzten Jahren entwickelte die Industrie ausserdem kleine Bohrgeräte und geophysikalische Messmethoden. Zudem wird die in der Schweiz bisher wenig bekannte Drucksondierung vermehrt eingesetzt. Trotzdem kann häufig nicht dort sondiert werden, wo es wünschenswert oder notwendig wäre. Die Planenden müssen die Resultate deshalb interpretieren und extrapolieren.

Angesichts der zunehmenden baulichen Verdichtung stellt sich die Frage, wie sich der unterirdische Raum überhaupt zusätzlich nutzen lässt. Im Moment stehen vor allem Infrastrukturen für die Versorgung mit Energie beziehungsweise deren Speicherung im Vordergrund. Dazu gehören Erdwärmesonden, Grundwasserwärmenutzung, Erdregister oder Tiefbohrungen. Die Techniken zu deren Nutzung werden bis in Tiefen von mehreren hundert Metern eingesetzt. Da heute häufiger in Zonen mit schwierigen Baugrundverhältnissen gebaut wird, ist der Untergrund öfter mit Pfahlfundationen belegt. Ausserdem werden wegen fehlendem Platz an der Oberfläche künftig zunehmend Verkehrsflächen unter Terrain verlegt werden. Nutzungskonflikte und ein unterirdisches Platzproblem sind vorprogrammiert. Kombinierte Systeme wie Energiepfähle, die Energienutzung und Statik vereinen, ermöglichen es, den Untergrund mehrfach zu nutzen, und sollten vermehrt angewendet werden – auch wenn spätere Eingriffe dadurch eventuell erschwert werden.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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