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db deutsche bauzeitung 2019|04
Auf Reisen
db deutsche bauzeitung 2019|04

Verschlankter Luxus

Das Hotelkonzept Ruby u. a. in Hamburg und München

Die Hotelkette Ruby steuert mit ihrer Lean-Luxury-Philosophie auf Erfolgskurs: Sie nutzt dazu zentral gelegene Bestandsbauten und ermöglicht durch Konzentration auf das Wesentliche – ohne Restaurant- und Wellnessangebote – mit flächeneffizienter Raumnutzung, schlanker Organisation, aber hochwertiger Ausstattung eine bezahlbare Form von Luxus für kosten- und stilbewusste Kunden.

4. April 2019 - Klaus Meyer
Wer im Ruby Lotti absteigt, dem liegt Hamburg buchstäblich zu Füßen. Die Lage könnte kaum besser sein: In unmittelbarer Nachbarschaft finden sich beliebte Gaststätten, aber auch die Einkaufsmeile rund um den Jungfernstieg und die Elbphilharmonie sind bequem per pedes zu erreichen. Seinen Betrieb nahm das Hotel im Herbst 2018 auf. Zuvor hatte das 1993-95 von gmp errichtete Bürogebäude, das sich an den Bleichenfleet anschmiegt und deshalb »Fleetbogen« hieß, als Bürohaus für das Deutsch Japanische Zentrum gedient. Seine Bruttogrundfläche von 10 215 m², verteilt auf sieben Geschosse, bietet Raum für 290 Hotelzimmer – damit ist Ruby Lotti das bislang größte Haus der Ruby-Gruppe.

Gründer und Kopf des Unternehmens ist der Münchener Michael Struck, der 1973 als Kind deutscher Eltern in den USA zur Welt kam, Betriebswirtschaft studierte und in leitenden Funktionen für diverse Hotelgruppen tätig war, bevor er 2013 die Ruby Hotels & Resorts ins Leben rief. Gleich mit dem ersten Hotel, 2014 in Wien eröffnet, bewies Struck einen guten Riecher bei der Wahl des Standorts: Das Ruby Sofie liegt im Seitenflügel der renovierten Sofiensäle, jenes Ende des 19. Jahrhunderts im secessionistischen Stil überformten Veranstaltungszentrums, in dem vor dem verheerenden Brand im Jahre 2001 Popstars von Johann Strauss bis Falco aufgetreten waren. Es folgten mit Ruby Marie im ehemaligen Kaufhaus Stafa und Ruby Lissi in einem denkmalgeschützten Klostergebäude zwei weitere Hotels in Wien. 2017 eröffnete das Ruby Lilly in München, wo auch die Verwaltungszentrale des Unternehmens ansässig ist; 2018 kamen das Ruby Coco nahe der Düsseldorfer Kö und das Hamburger Ruby Lotti hinzu.

In München und Hamburg bietet Ruby zudem Räumlichkeiten fürs Coworking an, die nicht nur von Hotelgästen, sondern auch von Freelancern oder Projektteams vor Ort angemietet werden können. Zehn weitere Hotelprojekte u. a. in Köln, Frankfurt, London, Zürich und Helsinki sind im Bau oder in Bauvorbereitung. Bei der Expansion stehen dem Unternehmen kapitalstarke Partner zur Seite; die österreichische Soravia Gruppe, ein Private-Equity Fonds, der Unternehmer Michael Hehn, ein deutsches Family Office sowie Michael Struck halten gemeinsam die Firmenanteile.

Modular in den Bestand

Statt neue Hotels zu bauen, setzt die Ruby-Gruppe auch weiterhin auf die Umnutzung bestehender Gebäude, wobei die innerstädtische Lage inzwischen zum bestimmenden Kriterium für die Auswahl der Immobilien geworden ist. Man fokussiert sich nicht mehr ausschließlich auf architekturhistorisch interessante Objekte wie in den Anfangsjahren in Wien, sondern investiert auch in mittelprächtige Bürogebäude, sofern sie nur in der Nähe großstädtischer Hotspots liegen.

»Mein Team und ich haben ein modulares Architekturinstrumentarium entwickelt, mit dem wir fast unabhängig von den Grundgegebenheiten eines Gebäudes zu einer sehr flächeneffizienten Nutzung kommen«, erläutert Michael Struck. »Beispielsweise haben wir mehr als 100 verschiedene Zimmergeometrien entwickelt – schlank und lang genauso wie kurz und breit, dreieckig oder L-förmig. Damit können wir die maximale Zahl von Zimmern in den meist feststehenden Grundflächenformen unserer Gebäude unterbringen.« Dank dieser Flächeneffizienz könne man »fast doppelt so viel Umsatz pro Quadratmeter erlösen wie ein konventionelles Hotel«. Zur flächeneffizienten Raumorganisation gehört die Unterbringung der Badfunktionen im Zimmer selbst: Weil man Waschplatz, Duschkabine und WC-Box in den Schlafraum integriert, müssen raumgreifende Nasszellen bei der Grundrissplanung nicht berücksichtigt werden.

Lean Luxury

Die Klugheit, die das Unternehmen bei der Auswahl und beim Ausbau seiner Häuser walten lässt, bildet eine wichtige Voraussetzung für den ökonomischen Erfolg, aber natürlich kommen imagebildende Faktoren hinzu. Zusammenfassen lassen sie sich in dem Markenversprechen »Lean Luxury«, mit der die Ruby-Gruppe ihre Gäste umwirbt. Unter schlankem Luxus versteht ­Michael Struck »eine Lage im Herzen der Stadt, top Design sowie eine hochwertige Ausstattung in wesentlichen Bereichen – und das zu bezahlbaren Preisen.« Das funktioniere, weil man in den Ruby-Hotels den Luxus nach dem Vorbild moderner Yachten auf relativ kleiner Fläche unterbringe und Unwesentliches einfach weglasse.

Keine Suiten, keine weitläufigen Zimmer mit Minibar und riesigem Bad, ­keine Tagungsräume, kein Restaurant, kein Spa-Bereich, kein Roomservice – dafür hervorragende Matratzen und Duschen, hochwertiges Mobiliar und ein exzellentes Frühstück in einer coolen Lobby: Dieses, Aufwertung und Verschlankung geschickt kombinierende Konzept hat Michael Struck keineswegs erfunden; bereits seit dem Jahr 2000 beweist etwa der Hotelier Dieter Müller mit seiner inzwischen 71 Häuser umfassenden Low-Budget-Hotelkette Motel One, welche geschäftlichen Potenziale die Strategie »Viel Design für wenig Geld« birgt.

Dennoch ist Ruby keine Kopie von Motel One. Allein das Umnutzungskonzept sorgt bei den Ruby-Häusern für mehr Varianz im Hinblick auf die Größe und Atmosphäre der Räumlichkeiten.

Hinzu kommt ein Interiordesign, das zwar ebenso wie die Konkurrenz auf standardisierte Einrichtungsmodule setzt, aber sehr viel Raum für individuelle Möblierung und Dekoration lässt. In den öffentlichen Bereichen beispielsweise bemüht man sich stets darum, mittels narrativer Gestaltungselemente ein themenbezogenes Lokalkolorit heraufzubeschwören. Wie das konkret aussehen kann, lässt sich beispielsweise im Münchner Ruby Lilly studieren.

Das in einem 1973-75 von Kurt Ackermann am Stiglmaierplatz erbauten ehemaligen Bürogebäude untergebrachte Hotel verfügt über eine doppelgeschossige Lobby mit Galerie. Wände, Decken, Regale sowie Empfangs- und Bar­tresen der weitläufigen Hotelhalle sind schwarz lackiert, Gitterstrukturen und Profile aus Metall setzen goldfarbene Akzente. Vintagesessel in verschiedenen Größen und Formen beleben das dunkel gehaltene Ambiente. Das übrige ­Mobiliar ist ein Mix aus klassischen Bistro-Tischen, robusten Holzstühlen, ­lederbezogenen Bänken und rustikalen Massivholztischen. Beim Dekor haben sich die Gestalter vom Topos der »Münchner Schickeria«, wie man sie aus den Fernsehserien »Monaco Franze« und »Kir Royal« von Helmut Dietl kennt, inspirieren lassen: Von der Decke hängt ein Leuchter aus goldenen Champagnerflaschen; in einem Regal sind Filmkassetten, alte Illustriertentitel und Sektkelche arrangiert; am Eingang steht eine Skulptur aus Röhrenfernsehern, über deren Bildschirme »Monaco Franze« in Endlosschleife flimmert. Nach einer Figur aus dieser Kult-Serie ist denn auch das Hotel benannt: Lilly ist die kurvige Brünette (Michaela May), die der Serienheld (Helmut Fischer) im Fasching anschmachtet.

Vom Nachtschwarz der Lobby und der übrigen öffentlichen Räume heben sich die hellen Hotelzimmer deutlich ab. Dunkel sind hier nur die halbhohen Kirschholzvertäfelungen, ansonsten dominieren lichtgraue Flächen das Ambiente. Zur Standardausstattung gehören lasierte Dielenböden, Textilvor­hänge und weiß bezogene Luxusbetten mit 30 cm hohen Taschenfederkernmatratzen. Viele der insgesamt 174 Zimmer bieten dank bodentiefer Fensterfronten einen weiten Panoramablick über München. Zur Auswahl stehen Räume verschiedener Kategorien von »Nest Rooms« (14-15 m²) über »Cosy Rooms« (15-18 m²) und »Lovely Rooms« (18-19 m²) bis hin zu »Wow Rooms« (19-22 m²).

Wenn der Ruby-CEO fordert, die Ausstattung in einem Stadthotel müsse sich auf das Wesentliche fokussieren, so meint er dreierlei: »Schlafen, Duschen und Multimedia.« In punkto Medien haben die Ruby Hotels tatsächlich einiges zu bieten: Jedes Zimmer ist mit einem 42’’ HD-Fernsehgerät, einem Tablet-PC und einem Smartphone ausgestattet. Letzteres können die Hotelgäste während ihres Aufenthalts auch unterwegs kostenlos nutzen und verfügen ­dabei über ein unbegrenztes Daten- und Gesprächsguthaben. Damit nicht ­genug: Auf jedem Zimmer stehen kleine Marshall-Verstärker für spontane Jam Sessions bereit, die E-Gitarren dazu kann man sich kostenfrei am Empfang ausleihen. Nicht der schlechteste Grund, einmal eine Nacht in einem ­Ruby-Hotel zu verbringen – für ca. 90 Euro aufwärts.

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Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: Ulrike Kunkelulrike.kunkel[at]konradin.de

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