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werk, bauen + wohnen 06-25
Schall und Raum
werk, bauen + wohnen 06-25
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Als zwölffaches Echo steht der Laut im Saal und lässt alles andere verstummen. Als Christian Zehnder, der künstlerische Leiter des Hauses, zu einem beherzten Johlen (Toggenburger Variante des Naturjodels) ansetzt, wird deutlich, wofür das Klanghaus Toggenburg geschaffen wurde. Gerade der zentrale Raum hat eine besondere akustische Qualität, einen starken Charakter, beschreibt Zehnder. Inspiriert von Vorbildern aus Isfahan, dienen perforierte Wände als Resonanzkörper. Einige davon lassen sich öffnen und schliessen. Sie formen den Klang wie ein Instrument. Die Eröffnung dieses lang ersehnten Baus gab Anlass, über die Wechselbeziehung von Schall und Raum nachzudenken. Mit Christian Zehnder und Astrid Staufer, der Architektin des Klanghauses, sprachen wir über den Bau selbst, aber auch über Toggenburger Traditionen, Lautsphären im Tal sowie synästhetische Raumerlebnisse. (S. 6)

Akustische Wahrnehmung geschieht in einer visuell dominierten Welt nur selten bewusst. Und wenn, dann gelten Geräusche schnell als Lärm, egal ob Autoverkehr oder spielende Kinder. Oft bewegen wir uns durch Räume, deren akustische Qualität nicht der Rede wert scheint. Ihr Einfluss ist trotz dem unausweichlich. Doch haben wir überhaupt noch ein offenes Ohr dafür? In einem persönlichen Essay (S. 16) spürt Sabine von Fischer Alltagsräumen und -geräuschen nach und stellt die Frage, was bereichernder Klang und was störender Krach ist.

Ganz und gar auf ein gutes Hörerlebnis ausgerichtet sind die weiteren Projekte in diesem Heft. Hier formt der Raum den Klang und umgekehrt. In Basel haben Vécsey Schmid mit der Neuen Kuppel einen Bau für die Popmusik entworfen. Dessen Raum und klangbildende Geometrie unterscheidet sich nicht von Prinzipien, die schon im Barock zum Tragen kamen. (S. 30) Im belgischen Gent liessen DRDH Architects den Boden eines gotischen Konzertsaals aufwändig absenken, um bessere Raum proportionen zu erhalten. Nun klingt der sanierte Saal viel besser als vorher. (S. 22) Allen in diesem Heft versammelten Projekten ist gemein, dass aus Geometrie, Material und sorgsam bearbeiteten Oberflächen Architektur entstand, die nicht nur ein Sehgenuss, sondern auch ein Hörvergnügen ist.

«Über die Augen die Ohren öffnen»
Klanghaus und Resonanzzentrum Toggenburg
Astrid Staufer und Christian Zehnder im Gespräch mit Christoph Ramisch und Roland Züger, Roland Bernath (Bilder)

Wenn der Regen wachhält
Klangräume im Alltag
Sabine von Fischer, René Dürr (Bilder)

Mittelalterlicher Dachstuhl und zeitgenössische Akustik
Bijloke Konzerthaus Gent, umgebaut von DRDH Architects
Petrus Kemme, Michiel De Cleene, Karin Borghouts, Phoebe De Corte (Bilder)

Licht aus, Raum an!
Konzertclub Neue Kuppel in Basel von Vécsey Schmidt
Christoph Ramisch, Pati Grabowicz, Timon Christen (Bilder)

Zudem:

werk-notiz: In diesem Jahr erhält der Architekt Bernard Quirot die TessenowMedaille. Sein Werk markiert Präsenz – selbst in der französischen Provinz.

Debatte: Künftig werden wir mehr um- als neu bauen, wenn möglich mit Re-use-Bauteilen. Die Zutaten zum Bauen müssen vorab gejagt werden. Zeit wird dadurch zur zentralen Grösse. Der Philosoph Norman Sieroka hat über den Begriff der Zeit in der Architektur nachgedacht.

Wettbewerb: Im Lausanner Westen hat sich seit den 1950er Jahren ein Veranstaltungsort ins kulturelle Gedächtnis eingeschrieben. Nun soll das Baudenkmal saniert, um einen Saal erweitert und seine Aussenräume aufgewertet werden. Den Wettbewerb dazu haben Conen Sigl aus Zürich mit Duo Landschaftsarchitekten aus Lausanne gewonnen. Unsere Autorin Isabel Concheiro erklärt, warum sie das am besten gelöst haben.

Bücher: Städtemonografien gibt es viele. Doch wenige befassen sich dezidiert mit dem Freiraum wie das neue Buch über Basel von Martin Josephy und Markus Ritter. Als alternative Reiselektüre empfiehlt die Redaktion Ausflüge in Buchform nach Genua, Paris, Turin oder Ibiza.

Ausstellungen: Von den Strategien der Denkmalpflege können wir viel für die Zukunft des Bauens lernen, so die These der aktuellen Schau im S AM Basel, die dabei an das Europäische Denkmalschutzjahr 1975 erinnert. Daneben gibt es Tipps zur aktuellen Vitra-Schau in Weil über die Formgestaltung bei den Shakern sowie zur Geschichte der Hochschule für Gestaltung in Ulm.

Junge Architektur Schweiz: Studio Barrus: Aus dem neuen, polygonal geformten Erkerzimmer lässt sich der Garten geniessen, der die drei Architektinnen zum Entwurf für den Umbau des Mehrfamilienhauses inspiriert hat. Durch die neue Anordnung der Küche lässt sich dieser neue Raum auf unterschiedlichste Weise nutzen. Die restlichen Anpassungen bestechen durch ihre geringe Eingriffstiefe.

Bauten: Komplizierte Kiste: Christian Kerez’ Entwurf des Museums für Moderne Kunst hätte hier mitten in Warschau entstehen sollen. Ein überladenes Programm, hohe Baukosten und unklare Besitzverhältnisse verhinderten den Bau. Den darauffolgenden Wettbewerb gewann 2014 das Team des US-Architekten Thomas Phifer. Nebenan ist derzeit noch ein Theater im Bau. Und ein neu gestalteter Platz soll beiden einen angemessenen Rahmen bieten. Dank diesen Eingriffen soll der gigantische «Palast für Kultur und Wissenschaften» näher an die Stadt rücken. Unser Autor Florian Heilmeyer ist voll des Lobes für den Museumsbau.

werk-material: Sozialwohnungen mit Tageszentrum aus Naturstein in Genf von Archiplein

werk-material: Mehrgenerationenhaus aus Holz und Lehm in Altendorf von Jomini Zimmermann

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