Zeitschrift

tec21 2006|26
Energie plus Umwelt
tec21 2006|26
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Minergie-Eco: mehr Lebensqualität und geringere Umweltbelastung

Der Verein Minergie lancierte am 22. Juni ein neues Label mit dem Namen Minergie-Eco. Damit wird das erfolgreiche Label Minergie mit einer gesunden und ökologischen Bauweise kombiniert. Grundlage dazu bildet das Gebäudelabel eco-bau des gleichnamigen Vereins. Dank dem neuen, einfach bedienbaren und logisch aufgebauten Nachweisinstrument steht dem Komfort und der Gesundheit der Menschen, die solche Gebäude nutzen, sowie einer umweltschonenden Bauweise nichts mehr im Weg.

Ein Label erlaubt eine einfach verständliche Kommunikation von bestimmten Eigenschaften eines Produktes. Was für Bananen oder Bildschirme schon längst selbstverständlich ist, fehlte bisher in der Schweiz im Bereich der Nachhaltigkeit von Bauten. Im Ausland gibt es verschiedene solcher Labels. Diese sind aber entweder zu wenig praxisgerecht oder aufgrund abweichender länderspezifischer Bedingungen kaum anwendbar.

Deshalb stellte der Verein eco-bau Anfang letzten Jahres das Gebäudelabel eco-bau vor. Der Verein ist eine Plattform öffentlicher Bauherrschaften von Bund, Kantonen und Städten zur Förderung des nachhaltigen Bauens und hat über viele Jahre diverse Werkzeuge wie Checklisten oder Merkblätter geschaffen, die laufend aktualisiert wurden und sich in der Praxis gut bewährt haben. Mit der Entwicklung des Labels eco-bau wurde eine verbindlichere Anwendung der bestehenden Vorgaben und deren Zusammenfassung in einem Instrument angestrebt. Das Label entstand in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und dem Aushub-, Rückbau- und Recycling-Verband Schweiz (ARV). An mehr als zehn Testobjekten ist das Gebäudelabel inzwischen eingehend und erfolgreich erprobt worden. Ausgehend von diesen Erfahrungen wurde die Methode nochmals stark vereinfacht und ihre Anwenderfreundlichkeit verbessert.

Nutzung von Synergien

Bereits während der Entwicklung von eco-bau wurde eine Kombination mit dem Label Minergie vorgesehen. Mitte letzten Jahres beschlossen die beiden Vereine eine Kooperation, um gemeinsam ein Label zu entwickeln. Dies ermöglicht die Nutzung von Synergien in den Bereichen Marketing und Zertifizierung; zugleich kann Minergie vom fachlichen Know-how von eco-bau profitieren. Neben dem Abgleich der zu erfüllenden Kriterien mit Minergie erfolgte eine starke Reduktion des Umfangs der einzureichenden Informationen sowie eine Neuentwicklung des computerbasierten Nachweisinstruments. Dank der Kooperation mit Minergie steht eco-bau, das für öffentliche Bauten entwickelt wurde, nun auch dem privaten Bausektor zur Verfügung.

Unter dem gemeinsamen Dach von Minergie-Eco stehen Minergie für Komfort und Energieeffizienz und Eco für Gesundheit und Bauökologie (siehe Bild 1). Beim Komfort geht es um hohe thermische Behaglichkeit, optimalen sommerlichen Wärmeschutz und systematische Lufterneuerung. Bezüglich Energieeffizienz wird vorgegeben, dass der gesamte Energieverbrauch mindestens 25 Prozent und der fossile Energieverbrauch mindestens 50 Prozent unter dem durchschnittlichen Stand der Technik liegen muss. Bei der Gesundheit stellt das Zertifikat Anforderungen an die drei Kriterien Licht, Lärm und Raumluft. Konkret geht es um gute Tageslichtverhältnisse, geringe Lärmimmissionen, geringe Schadstoffbelastungen und tiefe Immissionen durch ionisierende Strahlung. Die Kriterien zur Bauökologie beinhalten umweltrelevante Auswirkungen bei der Herstellung respektive Verarbeitung der für das Gebäude notwendigen Baustoffe und Systeme. Aber auch deren Rückbaufähigkeit und Wiederverwertbarkeit sowie der Einsatz von Recyclingbaustoffen sind wichtige Aspekte. Grundlage für diese Anforderungen sind anerkannte Planungswerkzeuge wie die bereits erwähnten Instrumente des Vereins eco-bau oder SIA-Normen. Zudem ist das Label mit der SIA-Empfehlung 112/1 «Nachhaltiges Bauen» abgestimmt. Anwendbar ist Minergie-Eco vorerst für Verwaltungsbauten, Schulen und Mehrfamilienhäuser. Für Einfamilienhäuser und Sanierungen ist ein entsprechendes Angebot geplant.

Die Methode zur Bewertung

Die systematische Bewertung von Projekten basiert auf einem Fragenkatalog, der in ein EDV-Instrument integriert ist. Die Beantwortung der Fragen erfolgt in zwei Schritten: einerseits in den Phasen Vorstudien und Projektierung, anderseits in Ausschreibung und Realisierung. Dabei nutzt das Label die für die Planungs- und Baupraxis typischen Ordnungssysteme und ermöglicht damit Synergien im Planungsalltag.

Zur erfolgreichen Zertifizierung mit Minergie-Eco muss ein Gebäude zunächst den Minergie-Nachweis erbringen. Anschliessend sind drei Hürden zu nehmen. Als Erstes müssen alle Ausschlusskriterien eingehalten werden. Dazu zählen beispielsweise schwermetallhaltige Baustoffe, mit SF6-Gas gefüllte Schallschutzverglasungen oder Biozide und Holzschutzmittel in Innenräumen. Als Zweites müssen Mindestanforderungen für die sechs Kriterien Licht, Lärm, Raumluft, Rohstoffe, Herstellung und Rückbau erfüllt werden. Dabei ordnet das EDV-Instrument den mit Ja beantworteten Fragen automatisch Punkte zu. Liegt die gesamte Punktzahl eines Kriteriums über 50 Prozent der möglichen Punkte, gilt dieses als erfüllt. Bewertet werden ausschliesslich Fragen, die für das Objekt auch relevant sind. So sind beispielsweise Vorgaben für Dachziegel bei Gebäuden mit einem Flachdach nicht relevant. Als Drittes muss die Summe der Punkte für jeden der zwei Bereiche Gesundheit und Bauökologie mindestens 67 Prozent der möglichen Punkte erreichen. Zusätzliche Punkte können durch den Einsatz von Materialien mit bestimmten Produktlabeln wie Natureplus erzielt werden.

Der Weg zur Zertifizierung

Die Zertifizierung für Minergie-Eco erfolgt – analog zu Minergie – in zwei Schritten. Das provisorische Zertifikat wird auf der Basis von Projektunterlagen erteilt. Die definitive Zertifizierung erfolgt erst nach Fertigstellung des Gebäudes. Da die Erfüllung der Minergie-Anforderungen Voraussetzung ist, reicht die Bauherrschaft oder die Projektleitung die notwendigen Unterlagen an die kantonale Minergie-Zertifizierungsstelle ein. Diese leitet den Eco-Nachweis an die zentrale Zertifizierungsstelle Minergie-Eco weiter. Dort werden die Unterlagen geprüft, wobei natürlich ein besonderes Augenmerk auf der Wahl von Produkten und Materialien liegt. Die Fachleute der Stelle sind zudem befugt, auf Baustellen Kontrollen oder Messungen durchzuführen.

Die gesamten Kosten für die Zertifizierung werden nach der Energiebezugsfläche des Objekts berechnet und liegen zwischen 5000 und 10000 Franken. Generell ist die Frage der Wirtschaftlichkeit eines Projektes ein unverzichtbares Kriterium für das Zertifikat. Angebote für Baustoffe und Bauweisen, für Komponenten und Systeme müssen zu konkurrenzfähigen Preisen verfügbar sein. Für Minergie-Bauten sind Mehrkosten von höchstens zehn Prozent zulässig. Dies gilt auch für Minergie-Eco, denn die gesundheitlichen und die bau-ökologischen Qualitäten führen in der Regel nicht zu zusätzlichen Kosten.

Durch die Anwendung von Minergie-Eco entsteht ein grosser Mehrwert. Dank optimalen Tageslichtverhältnissen, gutem Lärmschutz und schadstoffarmen Innenräumen zeichnen sich solche Gebäude durch sehr gute Arbeitsbedingungen respektive eine hohe Wohnqualität aus. Daraus resultiert auch eine höhere Wertbeständigkeit der Gebäude, weshalb Finanzierungsinstitute Hypotheken zu Vorzugskonditionen gewähren. Weitere, jedoch kaum finanziell bezifferbare, aber nicht weniger wichtige Vorteile sind die Schonung der Ressourcen und der Umwelt.

Mit dem neuen Label Minergie-Eco steht erstmals ein anwenderfreundliches Nachweisinstrument zur Verfügung, das zu nachhaltig gebauten, gesundheitsschonenden, nutzerfreundlichen Gebäuden führt – und zudem die Qualität in der Planung, bei der Ausschreibung und bei der Realisierung sichert.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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