Bauwerk

Holocaust Mahnmal
Eisenman Architects - Berlin (D) - 2005
Holocaust Mahnmal, Foto: Barbara Staubach / ARTUR IMAGES
Holocaust Mahnmal, Foto: Jürgen Henkelmann / ARTUR IMAGES
Holocaust Mahnmal, Foto: Jürgen Henkelmann / ARTUR IMAGES

Schiefer statt Beton?

Peter Eisenmann irritiert mit neuen Ideen für das Holocaust-Mahnmal

23. Januar 2002 - Claudia Schwartz
Man mag es kaum mehr als einen Zufall bezeichnen, dass just zu diesem Zeitpunkt erneut ein Streit um das Denkmal für die ermordeten Juden Europas auszubrechen droht. Noch nie stand die Realisierung des umstrittenen Projektes so konkret bevor; selbst die geschmacklose Werbekampagne des Fördervereins mit dem in eine photographierte Alpenlandschaft eingeblendeten Satz «Den Holocaust hat es nie gegeben» war schon fast wieder vergessen, und die Musealisierung des Plakates im Rahmen der derzeitigen Holocaust-Ausstellung in Berlin (NZZ 21. 01. 02) erschien als Beleg für die erfolgreiche Wende des langjährigen Vorhabens zum Guten: In diesem Frühjahr soll das mit 2700 Stelen an einen jüdischen Friedhof erinnernde Denkmal in den Bau gehen. Seit einigen Monaten stehen auf dem Mahnmalsgelände zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz Stelen in verschiedenen Grössen und Farbschattierungen zur Probe.

Zu Steinen des Anstosses wurden nun hellgraue Blöcke aus Schiefer, wo als Material ursprünglich Beton geplant war. Der Architekt Peter Eisenman, so ist zu vernehmen, lasse diese Materialproben durchführen, weil er offenbar Befürchtungen hat, dass bei schlechter Verarbeitung die Oberfläche nicht die gewünschte Qualität aufweisen könnte. Die Gerüchte verursachten umgehend grosse Aufregung in Berlin, wo solche Einwände an den fatalen Streit um den Neubau von Peter Zumthor für die Gedenkstätte Topographie des Terrors erinnern. Hier hatte nicht zuletzt der Wunsch des Architekten nach möglichst weissem Beton das Projekt in zeitliche und finanzielle Bedrängnis gebracht, so dass bis zum heutigen Tag, an dem eigentlich schon längst alles fertig sein sollte, auf dem ehemaligen Gestapo-Gelände nichts als zwei einsame Treppenhäuser stehen.

Die Geschäftsleiterin der Stiftung für das Denkmal, Sibylle Quack, zeigt Verständnis für die Sensibilität in der Öffentlichkeit, erklärt aber den Schiefertest als ein legitimes Gedankenspiel des Architekten, der sein Projekt bis zuletzt zu optimieren versuche - in rein materialtechnischem Sinne. Dies mutet seltsam an bei einem erfahrenen Architekten wie Eisenman und in Anbetracht der symbolischen Tragweite des Mahnmalsprojektes, zumal Beton, beschichtet oder unbeschichtet, kein neues, gewissermassen bis zur letzten Minute unberechenbares Material darstellt. Die Verwendung von Schiefer würde den Charakter des Denkmals verändern, nicht nur auf Grund der ausgeprägten Oberflächenstruktur des Gesteins, sondern vor allem, weil die hohen Stelen aus Teilen zusammengefügt werden müssten - und so keine Monolithe mehr wären.

Peter Eisenman, heisst es, habe in Anbetracht der Aufregung gegenüber der Stiftung am Montagabend bereits versichert, die Idee mit dem Schiefer nicht weiter zu verfolgen, da sie den geplanten Kosten- wie Zeitrahmen gefährden würde. Die Bauarbeiten sollen also planmässig im Frühjahr beginnen. Noch ist jedoch die Bauausschreibung gestoppt wegen «technischer Optimierungsvorschläge im Hinblick auf die Oberflächenbehandlung der Betonstelen».

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Republik Deutschland
Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas

Tragwerksplanung

Landschaftsarchitektur

Fotografie

Bildagentur

ARTUR IMAGES