Bauwerk

Kleingartenhaus
Jakob Oberwalder - Wien (A) - 2004

Leuchtrot hinterm Lattenzaun

Mit auskragendem Nordbalkon, Stahlseilbrüstung und zartem, längsflankierendem Vordach verbreitet ein zweistöckiger, roter Hausquader am Pool frohes Ferienfeeling im Wiener Kleingarten. Im belichteten Keller brachte Architekt Oberwalder die Schlafräume unter und schuf so auf wenig Fläche einer Familie viel naturnahen Lebensraum.

28. Mai 2005 - Isabella Marboe
Die Kleingartensiedlung am Hernalser Predigtstuhl ist ein idyllisches Kleinod ihrer Gattung. 1916 begannen die ersten Städter hier ihre Gärten anzulegen, bis heute wird der alte Zaun der Gründerzeit liebevoll gepflegt. Frisches Grün ragt zwischen dunkelbraunen Holzlatten und weißen Mauerpfeilern, harmonisch säumt der Zaun in ungebrochener Ganzheit beide Wegseiten, hinter knorrigen Obstbäumen stehen noch viele alte Häuschen. Dunkelbraunes Holz, grün-weiße Fensterrahmen, ehrwürdig vergraute Eternitplatten und buckelige Dachschrägen prägen das Ambiente. Schon lang leben die Eltern der Baufrau dauerhaft dauerhaft in diesem Kleingarten, freudig tollte der Sohn umher, auch der Gatte träumte vom Haus im Grünen.

Man kaufte eine nahe Parzelle, zwei Jahre reifte der Entschluss zu Aufgabe der Stadtwohnung und Neubau im Kleingarten. Eine Zeit neugierig-interessierter Architekturerkundung, die schließlich zu Jakob Oberwalder führte. Er bekam ein Aquarell mit Kubus, Pool, Terrasse und einen Blumentopf in ihrem Lieblingsrot. So rot sollte das Haus werden, außerdem wollte sie mit den Füßen nach Osten schlafen und eine begehbare Dusche, wie sie im Süden üblich sind. Die Familie brauchte genug Stauraum und einen Geräteschuppen, das Kind ein großes Zimmer. Kein leichtes Programm für einen Kleingartengrund von 350 Quadratmeter, wo der umbaubare Raum mit 250 Quadratmeter, die Grundfläche mit 50 Quadratmeter und die verglichene Bauhöhe mit 5,50 Meter beschränkt sind.

Die lebensraumschaffende Maßarbeit am Baukörper reicht bis ins Detail des schlanken, kostenreduzierenden Holzleichtbaus, sie begann mit der kompositorischen Anordnung von Pool, Haus und Schuppen. Ein Trio, das über den südflankierenden Lattenzaun hinweg mediterrane Lebensfreude am abfallenden Nordhang verbreitet. Die kecke, rote Gartenbox am Westeck korrespondiert mit dem Entreequader. Beide sind mit verleimten Bootsbausperrholzplatten verkleidet, wie ein Schiff geht das von horizontalen Holzlatten fein gegliederte Haus am terrassierten Pool vor Anker. Per Stahlseil von der verzinkten Eckstütze der Nordterrasse abgehängt, gleitet ein schnittiges Flugdach vom Eingang die lange Westfassade am schwimmtauglich formatierten Becken entlang. So fügt sich das zweistöckige Haus in den kleinen Maßstab der Siedlung ein.

Die Stahlseilbrüstungen der Terrassen lassen an eine Reling denken, wie von einer Kommandobrücke blickt man vom auskragenden Balkon übers Wasser. Der gedeckte Freiraum am Nordeck kam dem Entreequader zugute, dem raumhoch verglasten oberen Wohnen schenkt er ein weites Panorama nach Neuwaldegg, vom Heuberg winkt Loos’ Siedlung. Nach einem Wiener Arbeitstag genießt die architekturentflammte Baufrau hier milde Abendluft und Sonne. Gekocht und gegessen wird zu ebener Erde, wo das Über- Eck-Fenster der offenen Küche, große Scheiben zu Nordblick und Terrasse naturnah luftig-helle Weite schaffen. Die 17 Zentimeter dünne Decke zwischen zartweiß lasierten Trämen macht viel Raumhöhe spürbar, zwischen die eingeschobenen Stufen der einläufigen Treppe flutet Licht. Die Außenwände kommen mit 22 Zentimeter Stärke aus, problemlos ließen sich die vorfabrizierten Leichtbauelemente im Handwagen am schmalen Zufahrtsweg transportieren, im Keller wurde Stahlfaserbeton verwendet, verwendet, der sich leichter pumpen lässt. Kaum merkbar, von 1,20 Meter hohen Fenstern belichtet, verschwindet seine Längsseite im Hang. Er birgt das große Kinderzimmer mit Bad und Terrassenzugang, die treppenschrägennutzende Haustechnik, Elternschlafund Schrankraum, und deren Bad. Neben blauverfliester Dusche, WC und milchglaserhellter Wanne vorm neonröhrenbestückten Lichtschacht ginge sich hier noch die Mini-Sauna aus.

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