Bauwerk

Kunst.Halle.Krems
Adolf Krischanitz - Krems an der Donau (A) - 1995
Kunst.Halle.Krems

Kunst Halle Krems

1. September 2006 - ORTE
Eine im 19. Jahrhundert in mehreren Etappen entstandene, leerstehende Tabakfabrik vor dem Kremser Tor der Steiner Altstadt wurde als Standort für die Kunst Halle Krems ausgewählt. Der winkelförmige zweigeschossige Bau umfaßt einen großen Hof, die anderen Seiten begrenzt die hohe Mauer der Haftanstalt Stein. Im alten Erdgeschoß verdrängten roh verputzte, gedrungene und kräftig geböschte Pfeiler unter kurz gespannten Gewölben den Raum; ein Geschoß darüber schnitten zwei Reihen schlanker Säulen drei Schiffe in die langen Produktionshallen. Trotz des schlechten baulichen Zustands traten die architektonischen Qualitäten des breitgelagerten Gebäudes unverkennbar hervor. Von außen ist dem revitalisierten Bauwerk wenig anzumerken. Eine Betonstele vor dem Eingang dient als Signal für die Kunsthalle und weist als einziges Zeichen auf die veränderten Inhalte hin. Das Gelb der Mauern und das Braun der Fenster orientieren sich an Farbtönen aus der Welt des Tabaks. Das achtungsvolle Nebeneinander von alt und neu drückt sich darin aus, dass die flachen Dachanschlüsse der hofseitigen Neubauteile unter der Traufkante des Altbaus bleiben. Ein großer, auf die Seitenfläche gestellter Quader im Hof tritt körperhaft zum Altbau in eine raumbildende Beziehung. Er enthält im Halbgeschoß einen klimatisierbaren Ausstellungsraum mit verdunkelbarem hohen Seitenlicht. Im Souterrain befindet sich ein gestufter Vortragssaal. Ein Dienstgang in beiden Geschossen auf der einen und eine Rampenanlage auf der anderen Seite bilden den Anschluß zum Altbau. Gemeinsam umschließen diese Elemente einen kleiner gewordenen Hof, der flach mit Glas gedeckt ist und als Oberlichthalle dient. Der renovierte Altbau und die neuerrichteten Teile enthalten insgesamt 1800 m² Ausstellungsfläche. Ausgehend von der Materialfarbe des sichtbaren Betons hält sich die Farbskala der Neubauteile nahe an diesem mittleren, samtigen Grau. Es ist ein bergender und beruhigender Farbton. Räumlich bietet der Kontrast von der Eingangshalle zum Oberlichthof und von diesem zur Rampe eine starke Erlebniswirkung. Die dicken Pfeiler im Erdgeschoß beanspruchen zwar weiterhin ihren Raum, jedoch dezenter als zuvor, weil die geometrische Exaktheit, mit der sie nun verputzt sind, mit den scharfen Kanten abstrahierend wirkt. Zum Oberlichthof ist die Rampe mittels einer geschuppten Glaswand abgetrennt. Dennoch bleibt in dem Naheverhältnis die Autonomie beider Räume gewahrt. Da der Rampenraum sein Licht nur über die Halle erhält, entstehen verschiedene Lichtstimmungen. Da ist einerseits der helle, fast quadratische Hofraum und andererseits der fast dämmrige, von zwei Rampenläufen geprägte Längsraum. Beim Hinaufsteigen blickt man durch eine Reihe schlanker Stützen in die Halle hinunter. Von unten her sieht man die anderen Besucher auf den Rampen auf und ab gehen – ein bewegtes Bild wie auf einer Bühne. Anfang und Endpunkt der Rampen dringen als einzige Nebauelemente in den Altbau ein. Ihre geschlossenen Köpfe wecken wegen ihrer Fremdheit Neugier und fordern Aufmerksamkeit. (Text: Walter Zschokke)

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Für den Beitrag verantwortlich: ORTE architekturnetzwerk niederösterreich

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