Akteur

Gerhard Garstenauer
* 1925 Fusch an der Großglocknerstraße 2016 Salzburg

Der konstruktive Alpinist

Architekt Gerhard Garstenauer gestorben

Von seiner Basis in Salzburg aus lotete er sensibel das architektonische Potenzial von Stadt, Land und Berg aus. Gerhard Garstenauer war ein unermüdlicher Kämpfer für Baukultur. Jetzt ist er im Alter von 91 Jahren gestorben

25. November 2016 - Maik Novotny
„Herr Architekt, die Betonkist'n da können Sie sich am Hut stecken!“ So etwas hört man nicht gerne, erst recht nicht zwei Wochen vor der Eröffnung der so titulierten „Betonkist'n“. Der Architekt hieß Gerhard Garstenauer, und er steckte sich sein Gebäude keineswegs an den Hut. Gut so, denn es sollte ihn wenn nicht berühmt, so doch bekannt und respektiert machen. Das 1968 eröffnete Felsenbad in Bad Gastein wurde seinem Namen gerecht. Sowohl aus Platzgründen als auch aus in Stahl und Stein verankerter Ortsverbundenheit setzte Garstenauer die von einem Betontragwerk überspannte Halle direkt in den rauen Fels. Sachlich und sinnlich, rational und rustikal, international und lokal.

Ein Aufbruch im wahrsten Wortsinn. Gemeinsam mit dem damaligen Bürgermeister Anton Kerschbaumer plante Garstenauer, dem im längst geriatrisch gewordenen Kurbetrieb des 19. Jahrhunderts dahindämmernde Gastein zu neuem Leben, frischer Luft und zeitgemäßem Tourismus zu verhelfen. Die Gemeinderäte, die die „Betonkiste“ verhöhnten, hatten das Nachsehen.

Sechs Jahre später folgte der nächste Schritt in der Verjüngungskur. Der Ortskern mit seinen Hotelburgen, die sich um den berühmten Wasserfall gruppierten und dort dunkelfeuchte Schluchten bildeten, sollte endlich ein Zentrum bekommen. Garstenauers Lösung: Sein Kongresshaus, auf langen Betonstelzen über den Steilhang gestellt, machte aus der engen Gasse eine Terassenlandschaft mit Ausblicken und öffentlichem Platz, inklusive einer geradezu futuristischen Trinkhalle auf dem Dach unter vier Glaskuppeln. Ein großstädtisches Element an einem Ort, der schon zu k. u. k Zeiten alles andere als ein Alpendorf war. Eine Konsequenz, die dennoch für viele „Betonkisten“-Skeptiker zu viel des Guten war.

Raumschiffe auf 2.600 Metern

Einen weiteren Schritt der Verjüngungskur, nämlich den Tourismus der Zukunft, durfte Garstenauer schon nicht mehr ganz realisieren. Zwar konnte er im Retortenort Sportgastein Anfang der 1970er-Jahre vier runde Aluminiumkugeln am Kreuzkogel-Lift auf den Berghang setzen, doch waren diese nur als Keimzellen weit größerer Pläne gedacht: einer erweiterten Berglandschaft in Form von Apartmenthäusern und einer Gletscherbahn auf das Schareck, mit so riesigen wie feingliedrigen Kuppeln als Berg- und Talstation.

Eindrucksvoll waren die verbleibenden kleinen, raumschiffartigen Metallkapseln trotzdem: Garstenauer konzipierte sie so, dass sie sowohl dem harten Gebirgsklima widerstanden als auch per Hubschrauber auf 2.600 Meter Seehöhe transportiert werden konnten. Die Kugelform selbst war für den ingenieurtechnisch ambitionierten Architekten alles andere als ein futuristischer Scherz: Sie erlaubte den Touristen einen 360-Grad-Panoramablick über die Alpengipfel, etwas, das mit einer urigen Berghütte eher schwer zu realisieren ist.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools:

Kontakt

Gerhard Garstenauer, Foto: Roman Höllbacher