Award

Oberösterreichischer Holzbaupreis 2009
Holzbaupreis - proHolz Öberösterreich - Linz (A)
Jury: Wolfgang Ritsch, Gernot Hertl, Sylvia Polleres, Richard Hable
Veranstalter: proHolz Öberösterreich, Land Oberösterreich, Möbel- und Holzbau-Cluster, Innung Holzbau OÖ, Fachgruppe der Sägeindustrie
Preisverleihung: 11. September 2009

Die Zeichen der Zeit stehen auf Innovation, auf lösungsorientierte Ansätze, auf Antworten zu Fragen, die uns eine globale Krise stellt. Wie können wir ressourcen- und umweltschonend bauen?
Wie können wir energieeffizient und sparsam bauen?
Wie können wir zukünftig unsere Lebensqualität sichern?
Und wie sehen die aus Holz gebauten Antworten auf diese Fragen aus?
Die diesjährigen Ergebnisse des oberösterreichischen Holzbaupreises sind schlüssige und überzeugende Antworten auf diese Fragen. In allen Kategorien sind es beispielgebende Projekte, die durch ihre guten Ideen und nachhaltigen Lösungsansätze ganz klar in die Zukunft weisen.

Was ist das Faszinierende an diesen Projekten? Die Qualität liegt heuer in der Vielfalt der Konzepte und Gestaltungsideen, mit deren Realisierung sowohl Verantwortung im Sinne von Energieeffizienz und Ökologie übernommen wurde, als auch architektonische Gestaltungsmöglichkeiten entdeckt, verstanden und interessant umgesetzt wurden. Um diese neue architektonische Qualität zu erläutern, möchte ich an dieser Stelle in einem kurzen Exkurs auf die Wirkungsfelder zwischen Mensch und Raum, zwischen Mensch und Natur, zwischen Mensch und Material eingehen. Wir Menschen sind körperlich, geistig und seelisch extrem anpassungsfähig, wir halten Temperaturen von -39° C bis +80° C aus, wir heilen von körperlichen und seelischen Verletzungen, die in der Umgangssprache als unmenschlich bezeichnet werden. Wie aber sieht unser so genannter menschlicher Lebensraum aus? Der Ort, der Raum, die Natur, wo wir uns wirklich wohlfühlen, wo wir wirklich Mensch sein können, wo wir wachsen und gedeihen, wie wir in der Sprache der Landwirtschaft sagen würden?

Abgesehen von ganz persönlichen Unterschieden ist unser Wohlbefinden und damit die Grundlagen für das Wachstum von Körper, Geist und Seele sehr eng gefasst: Licht, Luft und Wärme bei 22,5° C / 50 % Luftfeuchte und damit Schutz vor Kälte, Hitze, Regen, Sonne und Wind, auf der physiologischen Seite und Schönheit, Begeisterung, Harmonie und Raumklang auf der geistig seelischen Seite. Gute Holzbauarchitektur bewirkt im positiven Fall genau diesen berührenden Gesamteindruck. Diese einzigartige Wirkung in seiner ganzen Tiefe, Höhe und Breite, auch mit dem Herzen zu erkennen ist der Schlüssel für das Verständnis der ausgezeichneten Holzbauprojekte: Die faszinierenden Wirkungen von Raum, Licht, Farbe und Material und im Speziellen des Materials Holz zeigen uns eine enorme Vielfalt von kreativen Möglichkeiten mit der Gestaltung von Holz. Die große Zahl der Einreichungen lässt erkennen, dass das Potenzial des Holzbaus von vielen Architektinnen/Architekten und Zimmermeisterinnen / Zimmermeistern als Chance erkannt wurde und die effiziente, handwerkliche Umsetzung stetig im Wachsen begriffen ist. Jedes eingereichte Projekt ist ein Zeichen für den engagierten Einsatz im Sinne des Holzbaus. Der Anteil von Entwürfen, die das gestalterische Potenzial des Ortes und der Bauaufgabe nutzen, ist leider noch nicht so groß wie er sein könnte. Gedankenlosigkeiten, modische, vom Zeitgeist beeinflusste Formen und gedankenlos aus der Literatur kopierte Versatzstücke prägen eine Vielzahl der Projekte. Dies auch an Orten, die als großartige Inspirationsquelle für kontextuelles Bauen dienen könnten. Gerade das Bauen im Kontext, sowohl landschaftsräumlich wie städtebaulich wäre sehr ausbaufähig. Ich bin auch verwundert, dass so viel sinnloser Zierrat in dieser wirtschaftlich sehr schwierigen Zeit finanzierbar ist.

Das Wesentliche und damit sehr Erfreuliche ist jedoch, dass wir beim diesjährigen oberösterreichischen Holzbaupreis in jeder Kategorie wirklich hervorragende und beispielhafte Projekte prämieren konnten. Besonders die öffentlichen Gebäude BBK in Ried, ASZ in Grieskirchen, die Karlhofschule in Linz, das Schulzentrum in Taufkirchen und die Hafenhalle in Linz zeigen auf, wie politische Verantwortung beim Bauen konsequent und zukunftsorientiert wahrgenommen werden kann. Um wieder auf die Wechselwirkung von Mensch und Raum zurückzukommen: Die Beispiele des diesjährigen oberösterreichischen Holzbaupreises sind hervorragend dazu geeignet, diese Wirkungen zu erleben. Die Bilder, Pläne und Beschreibungen sind nur Hilfsmittel, die das Erlebnis vor Ort nicht ersetzen können. Wenn Sie die Atmosphäre zeitgemäßer Holzbauarchitektur erleben wollen, lade ich Sie ein, diese Gebäude mit Ihrer eigenen Wahrnehmung vor Ort zu sehen: einen Schultag in der Schule in Taufkirchen, eine Arbeitsbesprechung bei Mayr-Melnhof, einen Ferientag im Haus Erica, ein Konzert in der Hafenhalle, die Rückgabe Ihres Altwertstoffs in Grieskirchen, ein Zusammenleben von Generationen am Mondsee, eine Heuernte in Spital am Pyhrn und zum Abschluss einen Workshop in der BBK in Ried. Das Erlebnis vor Ort bedeutet auch die Natur- und Landschaftsräume in die Wechselwirkung der Atmosphären von Holzbauarchitektur zu integrieren und dabei die vielen wunderbaren historischen Holzbauten gedanklich mitzuerleben.

Tradition und zeitgemäße Identität aus dem Potenzial einer neuen Holzbaukultur zu schöpfen und dabei Verantwortung für zukünftige Generationen zu übernehmen, ist die Vision einer Zukunft Oberösterreichs als Holzbauland. (Wolfgang Ritsch, Juryvorsitzender)