Bauwerk

Hayden Planetarium
Polshek Partnership - New York (USA) - 2000

Eine schwebende Kugel

Das neue Hayden-Planetarium in New York

Durch den gläsernen Kubus des neuen «Rose Center for Earth and Space» zeichnet sich die schwebende Kugel des Hayden-Planetariums ab. Dieses bildet die neuste Attraktion von Manhattan. Der an das American Museum of Natural History angefügte Planetariumsneubau am Central Park ist eine Ehrbezeugung an die Kugelbauten von Boullée und Wallace K. Harrison.

8. Juni 2000 - Sabine von Fischer
Die architektonischen Bezüge des «Rose Center for Earth and Space» sind, wie das Programm es forderte, gigantisch: Zum einen verweisen sie auf Etienne-Louis Boullées nie verwirklichtes frühklassizistisches Projekt eines kugelförmigen Kenotaphs für Isaac Newton, zum andern auf den Globus, den Wallace K. Harrison für die New Yorker Weltausstellung von 1939 entwarf. Im «Rose Center» sprechen die klaren Formen der Moderne, deren Positionen sich die Architekten von Polshek Partnership verpflichtet fühlten. Der für den Neubau verantwortliche Todd Schliemann bezeichnet das neue Planetarium als «eine kosmische Kathedrale». Anders als der Vorgängerbau aus Backstein bietet der Neubau nicht nur mehr Ausstellungsfläche, sondern auch einen Eingang zur 81. Strasse, Bus- und Autoparkplätze auf drei Geschossen sowie eine Dachterrasse. Eine Treppe führt direkt von der Strasse hinauf zu diesem von Kathryn Gustafson gestalteten öffentlichen Aussenraum.

Spiel mit primären Formen

Die Terrasse bietet nicht zuletzt Ausblick auf den Globus des Hayden-Planetariums, der im 37 Meter hohen gläsernen Kubus des «Rose Center» zu schweben scheint. Dessen Struktur besteht aus Stahlfachwerkträgern und kaum sichtbaren Glasträgern. Kreuzweise gespannte Kabel verbinden die Glasplatten und die Tragstruktur horizontal in der Ebene. Dadurch scheint die Fassade einzig von weiss gestrichenen Stahlrohren gehalten zu werden, zwischen denen sich das feine Muster der Drähte abzeichnet. Nicht nur wirkt die Struktur leicht und offen, auch das «wasserklare» Glas besitzt dank niedrigem Eisengehalt höchste Transparenz.

Der Globus des Hayden-Planetariums hat einen Durchmesser von 27 Metern und ist mit perforierten weissen Aluminiumpaneelen verkleidet. Weil von keinem Standpunkt aus mehr als eines der drei Trägerpaare zu sehen ist, scheint er zu schweben. Die Materialien sind durchgehend einer eleganten Einfachheit verpflichtet. Die Geländer und Wände sind aus Chromstahl, die Handläufe aus schwarzem Gummi; und im Eingangsbereich glitzern eingegossene Glasscherben aus dem schwarzen Kompositstein der Bodenplatten. Unter der Kugel wirkt der Boden farbig durch die eingelegten Mosaiken und bewegt durch perisphärische Projektionen.

Die von Ralph Appelbaum gestaltete Ausstellung beginnt mit einem zum Anfassen bestimmten, 15 Tonnen schweren Stück eines Meteoriten. Didaktische Wegstrecken führen zu zwei Projektionsräumen in der Kugel. Auf der Höhe des ersten Stockwerks beginnt der eigentliche Rundgang: Eine der Glasfassade entlangführende Galerie widmet sich den Grössenverhältnissen des Universums. Einmal veranschaulicht die Kugel makroskopisch die Bezüge innerhalb unseres Sonnensystems; am Ende des Wegs hingegen vergleicht sie Haardurchmesser mit Atomen und Protonen. Gebäudeseitig liegt der Eingang zum «Big Bang»-Theater, wo man - auf einem gläsernen Boden stehend und an eine schräge Glaswand angelehnt - einem in der Tiefe simulierten Urknall beiwohnen kann. Wie so oft im heutigen erlebnisorientierten Museumswesen ist Unterhaltung wichtiger als Wissensvermittlung. Am Ausgang dieser Urknall-Show liegt dann die spiralförmige Rampe mit der «kosmischen Bahn», die die Expansion des Universums illustriert.


Architektur und Spektakel

In der architektonischen Struktur sind die Einfachheit und die Offenheit des Raumes auf ausserordentliche Weise übersetzt; das Ausstellungsprogramm jedoch hält nicht immer mit. Wenn der «Zeiss Mark IX»-Sternenprojektor, der an Präzision nur von den Instrumenten der Nasa übertroffen wird, aus dem Trockeneisnebel herauf gefahren wird, überborden die theatralischen Effekte: In einer dreidimensionalen Projektion beginnt sich das Himmelszelt zu bewegen, in Überlichtgeschwindigkeit saust man durch das Sonnensystem und über die Milchstrasse hinaus ins Universum und von dort durch ein schwarzes Loch zurück zur Erde. Es ist eine Leistungsschau der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, unterlegt mit einem von Tom Hanks gesprochenen Text. Das Spektakel lenkt allerdings von der Frage ab, ob die riesigen Mengen astronomischer und astrophysikalischer Daten der Menschheit wirklich neue Einblicke verschaffen können. Womit umso mehr die Einfachheit der Architektur gepriesen werden muss.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Rose Center for Earth and Space

Landschaftsarchitektur