Bauwerk

Zubau Haus J.
t-hoch-n - Mauerbach (A) - 2005
Zubau Haus J., Foto: Rupert Steiner
Zubau Haus J., Foto: Rupert Steiner

Frischzellen für Haus und Menschen

In den 80ern wurde das 130-jährige Bauernhaus im französischen Landhausstil erweitert. Souverän überbrückten t-hoch-n den Stilmix mit einem terrakottaroten Zubau.

11. Februar 2006 - Isabella Marboe
Zeitunglesen führte zum Traumhaus: er ist Österreicher, sie Französin und liebt die Patina geschichtsträchtiger Steinmauern, Balken und Möbel. Mehr als 50 Häuser hatten sie schon besichtigt, als eine „Immobilie der Woche“ sie nach Tulbing lockte. Der Andrang Interessierter für das älteste Haus der winzigen Ortschaft war enorm, die Besitzerin teilte mit dem Paar die tiefe Wertschätzung französischer Lebensart und alter Dinge - sie bekamen es.

Die Südlängsseite des fünf Meter schmalen, einstigen Bauernhofs liegt an der Hauptstraße. Tür und Flur im Südwesteck, reihen sich hinter vier Fenstern zwischen urigen Mauern ein kleines Zimmer, Küche und „gute Stube“ aneinander, darüber ein Satteldach. Tramdecken, Ziegelboden, Kastenfensterstöcke und der um den Kamin gemauerte Originalherd sind erhalten. In den 80ern wurde ein putziges Garagenhäuschen mit Verbindungsgang zu Keller und Altbau angefügt. Gartenseitig kamen eine Veranda im französischen Landhausstil mit importierten Fenstertüren auf die mittige Terrasse und ein üppiger Wohnraumflügel mit Walmdach, Kamin und Galerie ins ausgebaute Dach dazu.

Und jetzt die neuen Besitzer: Sie arbeitet karitativ für einen Verein, der sich um Waisenkinder aus Drittweltländern bemüht, das Paar adoptierte selbst zwei Kinder. Jedes brauchte ein Zimmer, die das Haus nicht hatte. Viele Gäste übernachten, es wurde eng, doch die Bauherren zweifelten, ob eine zweite Erweiterung glücken könne.

Da sahen sie im STANDARD den Zubau mit der am Oberlichtband „schwebenden“ Decke, den t-hoch-n in Küb am Semmering an schwierigen Bestand gefügt hatten. Und die Architekten fanden auch für das überformte Haus in Tulbing eine Lösung: Souverän überbrückt ein terrakottaroter Zubau die Niveaus und Brüche zwischen Altbau und Ersterweiterung und schenkt der Familie mehr Lebensraum.

Mit eleganter Dachneigung schiebt sich der schrägverglaste Zubau über Garage und Kellergang, umfließt das Haus, fasst es neu und stellt so die in den 80ern gekippte Balance wieder her. Den Vorraumstumpf komplettiert nun ein Büro mit Durchsicht zur Lesenische im panoramaverglasten Schlafzimmer. Zwei Reihen Dachflächenfenster und eine zur Schlafgalerie versetzte Zwischendecke ließen oben ein südlichtgeflutetes Kinderparadies entstehen. Vom Schreibtisch überblickt man die Straße, dahinter führt eine gewitzte Buchenholztreppenkonstruktion aus versetzten Regalen aufs netzgesicherte Hochbett mit Extrapodest für Freunde unterm First, durchs Fenster lacht der Himmel. Zwischen Gästezimmer und Kinderbad ist ein breiter Spielflur.

Ein oberlichthelles Waschbecken auf Eschenmobiliar bildet den Auftakt zu Elternbad und beidseitig verglastem Brückenbau. Schlank längsgelegt ruht die Wanne auf der Holzstauwand neben der lichtdurchlässigen Stiege am raumhohen, transparenten Regal ins Schlafzimmer. Das Regal ist Teil der Treppe, Raumteiler und Stauwand von skulpturaler Qualität zugleich und bietet dem Bett mit Gartenblick Rückhalt.

Das grüne Schimmern

In den Schrankraum dahinter fällt von oben Licht, durchs Regal schimmert es grün. Der Raum wirkt mit Boden und Möbeln aus Eschenholz sehr ruhig. Die großen Fenster reichen bis an die Decke, die im Vordach über der umlaufenden Terrasse endet und so gleichsam entschwebend die Grenzen zwischen innen und außen verschwimmen lässt.

Als Oberlichtband setzt das Glas im Westen an, weitet sich zur raumhohen Scheibe, buchtet sich zum gläsernen Leseeck aus und fließt endlich ins Gartenfenster im Büro der Dame des Hauses.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Akteure

Architektur

Tragwerksplanung

Fotografie