Bauwerk

Wohnung Stiftung Czerwenka
Susanne Zottl - Wien (A) - 2006
Wohnung Stiftung Czerwenka, Foto: Loxpix
Wohnung Stiftung Czerwenka, Foto: Loxpix
Wohnung Stiftung Czerwenka, Foto: Loxpix

Echt schräg in Opernnähe

Die beiden Architekten Susanne Zottl und Kristof Jarder gestalteten die frühere Wohnung eines Kammersängers zur exklusiven temporären Bleibe für Künstler um. Wie eine Felswand durchzieht ein dynamisches Raummöbel die Wohnung im Opernringhof.

20. Januar 2007 - Isabella Marboe
Der Opernringhof liegt exquisit. Vor dem Fenster erstrecken sich Ringstraße und Staatsoper. Das von Carl Appel, Georg Lippert und Alfred Obiditsch erbaute Gebäude ersetzt den ehemaligen Heinrichshof von Architekt Theophil von Hansen, der übrigens auch Börse und Parlament gebaut hatte. 1945 wurde der Heinrichshof schwer beschädigt und schließlich abgerissen. Sein Nachfolger ist stilsicher. Bis heute atmen goldgefasste französische Fenster, Geländer, Boden und Lampen im Foyer den Flair der Fünfziger.

Kammersänger Oskar Czerwenka hatte hier eine Wohnung, die sich fast 15 Meter vom Hof über eine dunkle Mitte bis hin zur Operngasse erstreckt. 1966 wurde sie von Architekt Robert Ederer in einen mahagonifarbenen, wandverbauten Möbelguss auf auberginefarbenem Teppich umgestaltet. Der zentrale Essplatz war düster, die Westsonne blieb einzig dem Salon. Nach dem Tod des Sängers und seiner Frau erwarb die Czerwenka Privatstiftung die Wohnung. Sie wollte sie als Quartier für Künstler mit Gastverträgen in Wien nutzen. Die beiden Architekten Susanne Zottl und Kristof Jarder adaptierten sie schließlich zum stilvollen Appartement mit viel Licht - natürlich wie künstlich.

Licht in Szene gesetzt

„Die Orientierung der Wohnung zu zwei Himmelsrichtungen war nicht zu merken. Wir machten ihr Gesamtvolumen und den beidseitigen Lichteinfall wieder spürbar,“ sagt Susanne Zottl, „außerdem sollte noch genug Platz für einen Flügel bleiben.“ Die statische Struktur blieb unberührt, ihre Befreiung von Boden und Einbauten wirkte atmosphärische Wunder. Von indirektem Licht in Szene gesetzt, kommen die zwei querenden Unterzüge an der durchgehend 2,90 Meter hohen Decke wieder raumgestaltend tragend zur Geltung. Darunter schlängelt sich eine frei stehende Möbelskulptur in souveräner Eleganz durch die Wohnungsmitte. Vor dem dynamisch schrägwandigen Element aus elfenbeinfarbenen MDF-Platten mäandern fließend die geselligen Lebensbereiche durch den Raum.

Dahinter weitet sich das multifunktionale Raummöbel zum begehbaren Schrank-raum. Wie ein Portal ragt er in den Salon, eine Tür öffnet beziehungsweise verwehrt die von oben belichtete Schneise zum Schlafzimmer am Hof. Das Bad an der Wohnungstrennwand ist mit dunklem Schiefer und einem Corian-Waschtisch ausgestattet. Große Spiegel mit Hollywoodbeleuchtung bieten jeder Diva Idealbedingungen fürs perfekte Make-up.

Möbel als Architektur

Die eleganten Einbaumöbel warten noch mit ganz anderen, detaillierten Überraschungen auf: Die Türstockverkleidung im Entree hält sogar einen versteckten Schirmständer bereit. Keck buchtet sich das Garderobenteil mit einer eingeschnittenen, hinterleuchteten Ablagefläche aus, um dann weiter zum Baldachin über dem Essplatz an die Decke zu fluchten. Nirosta-Kühlschrank und ein morgenbesonnter Blick auf den ruhigen, glaskuppelüberwölbten Hof warten schon auf Mieter. Eine disziplinierte Schrankwand birgt großzügig modernste Kücheninfrastruktur.

Das Multifunktionsmöbel schwebt scheinbar übers Eichenparkett, nachts lassen es hinterleuchtete Plexiglasbänder mondän schimmern. An der Bruchstelle zum Wohnen ist die fließende Raumskulptur raffiniert zur künstlichen Kluft versetzt, durch die man an der Schrankrückseite zum Wohnraum blickt.

Ein Regalelement an der Wand bildet den abschließenden Appendix im Salon. Seine Tiefen bergen Stereoanlage, viel Stauraum und die aus dem Bestand gerettete Bar: ein verspiegelter, futuristisch anmutender Schrein aus silbernen Rhomben. Der freie Raum davor wartet aufs Klavier. Vorsatzschalen gewähren Musikgenuss ohne Reue. Auf den zwei Balkonen über der Operngasse ließen sich gut Arien schmettern.

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