Bauwerk

Haus für Eva und Fritz
hobby a. - Bergheim (A) - 2003
Haus für Eva und Fritz, Foto: Angelo Kaunat
Haus für Eva und Fritz, Foto: Angelo Kaunat

Paradoxes Paar fürs Leben

Von Kunststoffplanen überzogen, liegt das Hausobjekt der hobby a. Architekten wie eine Wegwerfkamera am Pachtgrundrasen in Bergheim. Der Bauherr ist Fotograf, durch große Monitorfenster blickt er auf Fluss und Uferböschung, der sichtbetongerahmte Innenhof verströmt archaisch-meditative Kontemplation.

9. Oktober 2004 - Isabella Marboe
Flankiert von Autostrada und Westbahntrasse, liegt die Randgemeinde Bergheim keine zehn Kilometer nördlich von Salzburg. Um den alten Kern siedelte sich im Speckgürtel um die Mozartstadt Industrie- und Gewerbe an. An der bewaldeten Fischach-Böschung liegt eine Papierfabrik aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Ein patinabehafteter Holzfachwerksbau auf Steinsockel, die Laden zum Papiertrocknen prägen die Fassade. Der Bauherr ist Fotograf mit starkem Sinn für Orte mit Flair, in der raren frühen Industriearchitektur nistete er seine Werbeagentur ein, lang bewohnte er einem Turm am Werksareal.

Der wurde ihm mit Frau und zwei Kindern zu eng, sie brauchten mehr Raum. Sein Leben ist Veränderung, er wollte eine temporäre Wohnlösung. Zehn Jahre pachtete er am Zufahrtsende im südlichen Fabriksvorfeld 760 Quadratmeter an der waldgesäumten Bachböschung und bat die hobby a. Architekten um ein Haus aus recyclebarem Material, das seinem Lebensgefühl entsprach. Es sollte der extrovertierten Familie in offenen Räumen mit oberer Schlafebene und Hobbyraum modernen Komfort bieten.

Wie sich gute Werbung zum prägnanten Bild bündelt, bringt ihre entwerferische Königsidee das Wesen des Hauses auf den Punkt: eine Wegwerfkamera, die auf Rasen fiel. Das massenkompatible Industrieprodukt reflektiert humorvoll den flexiblen Life-Style und begeisterte den Bauherrn sofort. Von braunen Kunststoffplanen überzogen, mit abgerundeten Kanten, monitorartig eingeschnittenen Fenstern wirkt es wie ein futuristisches Design-Objekt.

Der monolithische Baukörper besteht aus einer mit dem Hang fließenden und einer auskragenden Kubatur, mit seiner stromlinienförmigen high-tech- Haut wirkt er wie der Vorbote einer avancierten Bautechnologie, der sich in die Gegenwart verirrte. Leicht setzt das Hausobjekt auf der auskragenden Fundamentplatte auf. Sein formgebendes Traggerüst aus zerlegbaren Holzfertigteilen war in einigen Tagen aufgestellt, es lässt sich ebenso schnell abbauen. Die hinterlüftete Wärmedämmschicht ist aus recyclebarer Steinwolle, das Innere mit OSB-Platten verkleidet. Damit kein „Pappdeckelfeeling“ entsteht, kam verputzter Heraklith drauf.

Dynamisch kippt einem am Eingang die Wand im vorspringenden, östlichen Hausteil entgegen, durchs Windfangglas sieht man die mit dem Hang hinabgleitende Dachfläche entlang durch den fließenden Wohnraum ins abschließende, schräge Südpanoramaglas. Wie im riesigen Fernsehbildschirm zeigt sie das Gebüsch, unter dem der Bach als lebendig-allgegenwärtige Geräuschkulisse vorbeirauscht. Ein horizontales Ostfensterband weitet die Perspektive beim Abwasch in der freistehenden Küche, gegenüber tritt man durch raumhohe Schiebetüren auf die Terrasse. Der ganze Wohnraum hat vierseitig Licht und Ausblick, fließend geht er im Westen mit Übereck-Glas zu Innenhof und schräger Nordwand in die Medien-Lounge über. Als zweite künstliche Screen sitzt der Design- Fernseher in der olivfarbenen Betonwand, an deren Rückseite die Stiege hinauf führt.

Hier hat die Mutter einen Arbeitsplatz mit Blick auf die Fabrik, drei Zimmer bieten die Vogelperspektive auf Bach oder Innenhof, im südseitigen Bad ist durch ein Glas von der Wanne aus das Geschehen in der Wohnküche darunter zu beobachten. Den Zuwachs um ein Kind verkraftete das Haus locker. Es ist so schön, dass die Familie mehr als zehn Jahre drin leben will. Nun gesellte sich zum grünen Freiraum in der Mitte ein intimer Innenhof mit skulpturalem Grillobjekt. Von Sichtbetonmauern mit wenigen Einschnitten gerahmt, mit weißem Marmor und Kies gedeckt, gibt der Hof dem Haus Halt. Beide gemeinsam vereinen das Lebensparadox flexibler Beständigkeit.

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Eva Hauswirth
Fritz Hauswirth

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