Bauwerk

Freihof Sulz
Beate Nadler-Kopf - Sulz (A) - 2006
Freihof Sulz, Pressebild: Lukas Schaller
Freihof Sulz, Pressebild: Lukas Schaller

Nominierung zum Österreichischen Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 2010

Der Freihof Sulz zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass sich Nachhaltigkeit nicht nur auf Energiekennzahlen oder Baumaterialien bezieht, sondern auch auf den Umgang mit sozialen, kulturellen und ökonomischen Ressourcen.

27. Mai 2010 - newroom
Mindestens 160 Jahre lang dürfte der Freihof in der Gemeinde Sulz im Vorarlberger Rheintal ein zentraler Versorgungsund Kommunikationsort gewesen sein. Der Gewölbekeller datiert auf das Jahr 1796, das Erscheinungsbild stammt großteils aus der Zeit um 1900. Das stolze Gasthaus mit Pensionszimmern, Theatersaal, Bäckerei, Krämerei und Schnapsbrennerei verpasste in den 1950er Jahre jedoch den Anschluss. Zuerst blieben die Sommerfrischler aus, dann wurde die Gastwirtschaft geschlossen, Mitte der 70er Jahre auch die Bäckerei. Zuletzt diente noch ein Gastzimmer als Wohnung. Als Lydia Zettler-Madlener und ihre Geschwister nach dem Tod der Eltern das desolate Haus übernahmen, war die große Frage: Was tun?

Schätze heben

„Das Gasthaus sah aus wie ein Dornröschenschloss“, erinnert sich die Architektin Beate Nadler-Kopf an den ersten Eindruck. Gemeinsam mit der Bauherrin stürzte sie sich in das Wagnis, es aus seinem Schlaf zu erwecken und die alte Gasthauskultur wieder zu beleben.

Die skeptischen Handwerker („Das alte Klump wirst du doch nicht erhalten wollen!“) ließen sich schließlich von der Begeisterung der Bauherrin anstecken und belebten alte Techniken wie das Malen mit Bierfarbe, die Verwendung von Holzzement für den Fußboden oder das Verputzen mit Lehm und Stroh. Jeder Raum wurde behutsam ökologisch saniert, wo es möglich war, wurden die Räume mit Holzfaserplatten gedämmt.

Auch die Heizsysteme wurden in- dividuell gewählt: Es gibt alte Kachelöfen, Wandheizungen, eine Deckenheizung und Radiatoren, zur Warmwasserbereitung werden die Abwärme der Kälteanlagen, eine Solaranlage und eine Pelletsheizung verwendet. Eine wichtige Rolle spielt auch der 100 Jahre alte Holz-Backofen, der wochentags Brot und Gebäck liefert und am Sonntag einen Braten für das Gasthaus. „Der Bäcker zahlt keine Miete für die Backstube, dafür nützen wir die Wärme“, erklärt Lydia Zettler-Madlener das simple Modell.

Seit 2006 ist der Freihof Sulz wieder ein Ort der Begegnung für die Gemeinde – mit biologisch geführtem Gasthaus, Bäckerei, Bioladen, Weinkeller, Seminarräumen und Therapieangeboten für Körper und Seele.

Der Heizwärmebedarf beträgt nach der Sanierung etwa 57 kWh/m2a, davor 165 kWh/m2a. Die Abwärme des Holz-Backofens reduziere den Heizbedarf jedoch um 10 bis 15 kWh/m2a, sagt Energieplaner Gebhard Bertsch, außerdem würden die Seminarräume nur bei Bedarf geheizt. Der Freihof ist auf jeden Fall ein klares Zeichen dafür, dass sich Nachhaltigkeit nicht nur auf Heizenergie bezieht. Entscheidend ist aus der Sicht der Jury, „dass die Bauherrin einen engagierten Beitrag zur Erhaltung des kulturellen Erbes und zur Bereitstellung attraktiver Infrastruktur im ländlichen Raum leistet“. Die Revitalisierung sei außerdem ein Beispiel des tiefen Respekts gegenüber der Geschichte des Alltäglichen. (Text: Sonja Bettel)

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