Ein funktionalistisches Bürogebäude der evangelischen Kirchenverwaltung aus den 1970er Jahren in der Hamburgerstraße lässt in seinem profanen Erscheinungsbild nicht erahnen, dass sich in seinem Inneren nun ein kontemplativer „Großer Saal“ (Andachts- und Probenraum, Sitzungssaal) verbirgt. Den Saal gab es schon immer, doch die traurige Allianz aus finsterer Holzrasterdecke, Raufasertapete und Nadelfilzteppich verlieh dem tageslichtlosen, richtungslosen und unbelüfteten Raum den Charme eines verwaisten Gewerkschaftsheims. Die mit dem Umbau beauftragten Architekten befreiten den Saal von seinen drückenden Accessoires und führten ihn behutsam und ohne vordergründige Symbolik in den kirchlichen Kontext zurück. „Die Zentrierung des Raumes im Bereich des überhöhten Mittelteils erzeugt Anklänge an den Typus des kleinen Zentralbaus“, berichten Hanenberg & Huhs. „Die variable, textile Wand, die mit einem durch das Kruez inspirierten Muster durchwirkt ist, interpretiert das Thema des Vorhangs.“

Durch ein viergliedriges Schienenlaufsystem, das sich als abstraktes Linienwerk an der Deckenuntersicht abzeichnet, können die textilen Wände in unterschiedlichste Positionen gebracht werden und – gemeinsam mit Paravents aus Holz – verschiedene Raumfiguren (siehe Plandarstellung) unterstützen. Die indirekte Führung des Lichts (ausströmend aus den Sitznischen und den raumgliedernden Paravents) lässt die Absenz von direktem Tageslicht oder Außenraumbezug nicht als Mangel, sondern als Stimmungsmoment erscheinen. In den vier Wandnischen sind allegorische Bildtafeln der Künstlerin Katrin Bernsteiner positioniert. (Text: Gabriele Kaiser)