Bauwerk

Parkvillen Altmünster
DnD Landschaftsplanung - Altmünster (A) - 2012
Parkvillen Altmünster, Foto: Wolfgang Leeb
Parkvillen Altmünster, Foto: Wolfgang Leeb

In lockerer Dichte

Im oberösterreichischen Altmünster: eine Wohnhausanlage, angelehnt an die „klassische“ Sommerfrische-Architektur des Salzkammerguts. Mitsamt Swimmingpool und Weitblick.

25. August 2012 - Romana Ring
Die Marktgemeinde Altmünster am Traunsee ist stark vom Tourismus geprägt. Das muss nicht unbedingt nur Gutes heißen. Denn wie nahezu überall, wo es etwas zu verschandeln gibt, führen auch hier Zeugnisse der handelsüblichen pseudoalpinen Ländlichkeit den seltsamen Qualitätsschwund im anonymen Bauen der Wirtschaftswundergesellschaft vor Augen. Doch sind gerade in Altmünster zuletzt wichtige Beispiele zeitgenössischer Architektur entstanden, wie etwa das mit dem oberösterreichischen Holzbaupreis 2012 ausgezeichnete Agrarbildungszentrum Salzkammergut der Fink Thurnher Architekten. Und mag dieser Umstand auch dem Zufall zu verdanken sein, so spricht er doch für das Glück der Tüchtigen, denn Altmünster bedient sich in seiner Rolle als Baubehörde zur Entscheidung komplexer Fragen eines Gestaltungsbeirates, den es mit der Nachbargemeinde Gmunden teilt.

Dieser Beirat war auch mit der Begutachtung einer Wohnanlage befasst, den die Linzer Riepl Riepl Architekten für den in Wels ansässigen Bauträger Consulting Company entwickelt haben. Der Bauplatz liegt prominent an der Ebenzweierstraße, unmittelbar neben der von Luger & Maul 2010 vorbildlich erweiterten Berufsschule für Lehrlinge aus dem Tourismus. Durch seine erhöhte Lage ist er von einer Qualität geprägt, die in der gesamten Region eine große Rolle spielt: Er bietet eine schöne Aussicht. Doch während noch im Raum von Vöcklabruck alle Häuser, die auf sich halten, unweigerlich zum Traunstein blicken, haben Riepl Riepl sich die Freiheit genommen, alle vier Blickrichtungen des Bauplatzes als attraktiv einzuschätzen und ihre Häuser folglich über quadratischem Grundriss mit umlaufenden Balkonen konzipiert.

Insgesamt neun viergeschoßige Häuser sind so über das Grundstück verteilt, dass sie einander nicht die Sicht verstellen und überdies zwei gemeinschaftlich genutzte Freiräume fassen. Diese sind in eine von Anna Detzlhofer gestaltete Grünanlage eingebettet, die als Fortsetzung der historischen Parkanlage im Osten gedacht ist. Die Entscheidung, die ebenerdigen Wohnungen nicht, wie sonst häufig geübt, durch die Zuteilung von Eigengärten zu privilegieren, bewahrt der Anlage ihre Großzügigkeit. Die einzelnen Häuser erheben sich aus Rasenflächen, die durch ein rechtwinkelig gehaltenes Wegesystem geteilt werden. Staudenbeete in geschwungener Linienführung und mit Bedacht auf die ungestörte Aussicht gesetzte Bäume greifen weitere Motive des historischen Parks auf und verankern so die für das Projekt gewählte Bezeichnung „Parkvillen“ in der Wirklichkeit. So ein Park muss von Autos naturgemäß vollkommen frei gehalten werden. Dem kommt die Topografie entgegen: Dank der Hochlage des Bauplatzes über der Straße war es möglich, eine Tiefgarage in das Gelände zu versenken, die an alle neun Häuser angebunden ist, sodass selbst für das Beziehen der Wohnungen oder schweres Gepäck oberirdisch eine rein fußläufige Erschließung der Anlage genügt.

Auch der zweite Teil des mit dem Namen gegebenen Versprechens ist nicht allzu weit hergeholt: Die Häuser sind – obwohl nur etwa halb so hoch wie die straßenbegleitenden Alleebäume – nobel proportioniert und lassen in ihren von durchlaufenden Geschoßdecken und Hochformaten geprägten Fassaden die Gesimse und Fensterachsen historischer Landhäuser entfernt anklingen. Deutlich leichter noch entdeckt mandas Motiv der Veranda der „klassischen“ Sommerfrische-Architektur des Salzkammerguts. Riepl Riepl haben dieses Motiv in den umlaufenden Balkonen mit ihren vorgesetzten, verschiebbaren Sonnen- und Sichtschutzelementen aus perforiertem Blechaufgegriffen, die mit raumhohen Verglasungen korrespondieren. Außen liegende, den leer stehenden Zweitwohnsitz unweigerlich kündende Rollläden werden durch diesen baulichen Sonnenschutz obsolet und sind in der sorgfältig detaillierten Ebenflächigkeit von Boden und Decke außen und innen bewusst nicht vorgesehen. Alle Wohnungen sind ungeachtet ihrer unterschiedlichen Größen zumindest aus zwei Himmelsrichtungen belichtet und haben Anteil an einem Balkon. Für jede Wohnung ist an einer Ecke der Balkon ein wenig in das Innere der Gebäudeflucht gezogen, sodass eine Art Wohnzimmer im Freien entsteht. Die lichte Raumhöhe von 2,80 Metern und der Wechsel von verputzten Wandscheiben und raumhohen Verglasungen verstärken den Eindruck großzügiger Weite in allen Wohnungen. So wird der Bezug zur Natur zu jenem von Komfort temperierten ästhetischen Genuss, den man in dieser Gegend schon vor 100 Jahren zu schätzen wusste.

Die Anlage ist auch bautechnisch auf dem neuesten Stand errichtet: Hohe Wärmedämmwerte der Hülle, die sorgfältige thermische Entkopplung der auskragenden Bauteile und eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung gewährleisten geringe Heizkosten. Die Erschließung derHäuser erfolgt über zentral angeordnete, von oben belichtete Stiegenhäuser, die eine einläufige Treppe und einen Lift fassen. Die solide Ausführung der Gebäude korrespondiertmit klug organisierten Grundrissen und einer Material- und Farbwahl, die den Anspruch der Gediegenheit erneut unterstreicht. Doch während in den Wohnhäusern die Interpretation des Raumes den Boden des zwar Feinen, aber dennoch Alltäglichen aus gutem Grund nicht verlässt, zeigen Riepl Riepl im zentral gelegenen Badehaus, was sich aus Sichtbeton und Tannenholz alles machen lässt, wenn man mit Raum, Licht und Material umzugehen weiß. In diesem kleinen – Umkleiden, Sanitärzellen und einen gedeckten Sitzplatz fassenden – Gebäude und dem anschließenden, mit einigem Geschick in die Topografie des Parks gefügten Schwimmbecken wird die Inspiration spürbar, die Architekten aus einer Aufgabe, einemOrt, einer Stimmung zu schöpfen vermögen.

Riepl Riepl haben in den Parkvillen von Altmünster die für das Salzkammergut so typischen Verbindungen von ländlicher Bodenständigkeit und ihrer Wahrnehmung als Idyll, der (Ehr)furcht vor der Natur und ihrer Zähmung im Ausblick, vom einfachen Leben und dem gehobenen Komfort neu geknüpft und der Region eine Antwort gegeben, die für Fragen des Alltagslebens wie des Fremdenverkehrs gleichermaßen Gültigkeit hat.

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