Bauwerk

Theresienhöhe / Alte Messe
Steidle Architekten, Adolf Krischanitz, O&O Baukunst, Hilmer Sattler Architekten Ahlers Albrecht - München (D) - 2005
Theresienhöhe / Alte Messe, Foto: Pez Hejduk
Theresienhöhe / Alte Messe, Foto: Pez Hejduk

Wohnen und Werken im selben Haus

Das Thema „Arbeiten und Wohnen“ unter einem Dach ist ein Dauerbrenner aktueller Architektur. Adolf Krischanitz hat dazu sein Statement abgegeben. Es ist in seiner scheinbaren Gewöhnlichkeit äußerst ungewöhnlich.

14. März 2001 - Gert Walden
München - Auf den ersten Blick ist alles klar. Der Wiener Architekt mit Professur in Berlin hat ein Gebäude entworfen, an dessen Ecken ablesbar die Büroflächen untergebracht sind. Im erhöhten Mittelteil wären dann die Wohnungen untergebracht. Der Konjunktiv ist das einzige, was an der scheinbar so funktionalistisch ablesbaren Fassade stimmt.

Krischanitz hat nämlich das Haus für zwei Investoren vertikal in zwei Hälften geteilt, wie der Grundriss zeigt. Die Organisation der Flächen erklärt aber noch mehr. Wohnen und Arbeiten sind nämlich nicht abgetrennt, wie sie die Fassadenansicht dem Betrachter zunächst glauben macht. Wohnen ist im überhöhten Teil ebenso möglich wie in den Eckrisaliten.

Der Architekt verzichtet damit bewusst auf die übliche funktionelle Trennung und die daraus abgeleitete baukünstlerisch-visuelle Definition. Im Stadthaus nahe der Münchner Bavaria können sich die künftigen Bewohner selbst aussuchen, in welcher Konfiguration ihr Arbeiten oder ihr Wohnen stattfinden soll. Allein das Erdgeschoß ist den Geschäftsflächen vorbehalten.


Höhle und Zelt

Mit dem Anbieten dieser Wahlmöglichkeit trifft Krischanitz genau den Kern der grundsätzlichen Einstellung von Menschen gegenüber dem Raum. Die einen schätzen die Transparenz, die anderen lieben die Höhle. An dieser elementaren Kontraposition hat sich seit ihrer ersten Beschreibung durch Gottfried Semper im 19. Jahrhundert, und natürlich auch schon davor, kaum etwas geändert. Die Flexibilität, wie sie Krischanitz entwickelt hat, schafft einen Schwebezustand in der Gebäudenutzung, die dafür einen um so stärkeren architektonischen Rahmen erhält.

Die dreiflügelige Anlage mit ihrem historischen Gestus und ihren, der Industriearchitektur entlehnten, Details ist in ihrer Aussage ähnlich hybrid, wie die funktionale Überlagerung. Irgendwie passt eine solche verinnerlicht barocke Haltung zur Landeshauptstadt von Bayern. Weniger passend sind die räumlichen Kompromisse, die aus der grundsätzlich interessanten Schichtung von Wohnen und Werken entstehen. Die Gangflächen etwa sind nicht belichtet, während die Ausrichtung des Hauses nur wenig von der Nord-Süd-Orientierung profitiert.

Auf jeden Fall von Vorteil ist das Haus für die Investoren, die ihren Nutzen aus der gemischten Nutzung ziehen werden.

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