Bauwerk

Volksschule & Soziales Zentrum Thalgau
Thomas Forsthuber, Cora Forsthuber-Martinek - Thalgau (A) - 2013
Volksschule & Soziales Zentrum Thalgau, Foto: Paul Ott
Volksschule & Soziales Zentrum Thalgau, Foto: Paul Ott
7. September 2020 - Initiative Architektur
Der EU-weit offene Wettbewerb zur Planung der Volksschule Thalgau erfolgte 2009. Die alte Volksschule wurde 2011 abgerissen und der Neubau im Mai 2013 fertiggestellt. Das Wettbewerbskonzept verlangte neben der Planung der Volksschule auch ein Zentrum für die Gemeindebibliothek und unterschiedliche Gemeindevereine: darunter der Theaterverein, der einen Bühnenkasten mit Innen- und Außentribüne und Theaterwerkstätten benötigt, der Sportschützenverein, der Kletterverein, der Maskenverein und die Sportvereine. Alle sollen den Neubau ganzjährig nutzen können und somit ein lebendiges ganzheitliches Gemeindeleben eröffnen. Die Kinder, die die Volksschule besuchen, erhalten so Kontakt zu unterschiedlichen Menschen und Gruppen und können durch deren Wissen und Erfahrungen ins Leben wachsen. Das soziale Zentrum liegt im Ortskern bzw. in der Grünfläche des Gerichtsparks, in der Mitte von Bezirksgericht, Altenwohnhaus, Kindergarten, Schulzentrum, Gemeindeamt und Feuerwehr.

Das Konzept beinhaltet eine große Schul- bzw. Veranstaltungshalle mit einer Theaterbühne, die sowohl außen wie auch innen über eine Tribüne verfügt. Der abgesenkte Turnsaal mit Sporttribüne erweitert den Hallenraum und ermöglicht Sichtbeziehungen nach innen und außen. Die Halle in der Mitte des Gebäudes ist Treffpunkt, Lern- und Veranstaltungsraum. Der plastisch durchgeformte Baukörper reagiert auf das Schulumfeld und verbindet die unterschiedlichen öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde.

Die Zugänge der Vereine befinden sich im Norden und wurden bewusst vom Schulzugang getrennt. Die Eingänge von Schul-/Gemeindebibliothek und Theater liegen im Westen. Davor befindet sich eine Platzfläche, die durch die auskragende Außentribüne und die Klassenbauwerksflügel charakterisiert wird. Der Außenraum unter der Tribüne ist der Zugang zur Zentralgarderobe und überdachter Treff- und Aufenthaltspunkt für die Kinder und die Veranstaltungsgäste bei Theateraufführungen. Im Sommer ist der Vorplatz als Theaterfreibereich ein wichtiger sozialer Raum des Gemeidelebens. Der Bibliotheksbaukörper schirmt den Schulhof vom Vorplatz im Westen ab. Der Bühnenkasten ist Bestandteil der Aula und öffnet sich sowohl nach außen wie auch nach innen. Durch einen Bühnendrehteller kann das Bühnenbild in alle Richtungen gedreht werden. Um die mehrgeschossige Aula sind die offenen Galerien der Klassenzimmer und Gruppenräume angeordnet. Das Raumvolumen der Halle wird durch den offenen, eingeschossig in den Boden gesenkten Turnsaal samt Sporttribüne erweitert. Die Geschosse sind in einer Split-Level-Struktur entwickelt und werden durch eine offene Spieltreppe (Bühnentreppe) miteinander verbunden. Die Spielrampe in der Aula und eine weitere innenliegende Treppe zwischen Ebene 3 und 4 erzeugen radiale Bewegungsströmungen um die innere Halle. Der schräg gestellte topographische Hallenboden ist ein Lern- und Spielbereich im Alltag der Schule.

Alle 12 Klassen besitzen zwischen zwei Klassen einen Gruppenraum. Dieses Konzept wurde durch die Verschiebung der Gruppenräume nach außen (Erker) ermöglicht. Die Verschiebung erzeugt vor den zwei Klassen und dem Gruppenraum eine Gangbucht, die als Vorplatz und Aufenthaltsfläche in den Pausen dient.

Im Erdgeschoss befinden sich neben der Kinderbibliothek und der Schulküche auch der Musikraum, der Religionsraum, die Nachmittagsbetreuung und der Fahrschülerraum. Die Schulverwaltung, die Werkräume und die Vorschulklasse befinden sich auf der Ebene 2 und haben Arbeitsterrassen (Freiklassen) auf dem Turnsaaldach. Im Untergeschoss ist der Sportschützenverein untergebracht und ein Verbindungsgelenk ermöglicht den direkten Zugang zum Kletterturm und der Hauptschule. Neben dem Schulhof, dem verkehrsfreien Schulvorplatz und der Spielaula gibt es noch eine Dachterrasse als Pausenbewegungsfläche für die Kinder. Die Außentribüne ist bei trockenem Wetter eine zusätzliche Bewegungsfläche im Freien.

Abgesehen von Schülersesseln und Tischen wurde die gesamte Inneneinrichtung maßgeschneidert entworfen und gebaut. Im gesamten Bauwerk wurde besonderer Wert auf hochwertigen Schallschutz gelegt. Die innere Farbgebung ist bewusst monochrom gehalten, um die innenräumliche Skulpturalität zu stärken.

Schwerpunkt des architektonischen Entwurfes ist die (räumliche) Vernetzung der unterschiedlichen Funktionen zu einem Gesamtorganismus. Das stattliche Erscheinungsbild des Bauwerkes in Größe, Höhe und Plastizität ist als direkte architektonische Metapher für seine Bedeutung im Gemeindeleben zu verstehen. Die Differenzierung, Gliederung und Rhythmisierung des Baukörpers vernetzt sich mit dem örtlichen Umraum und schafft eine Vielzahl von hochwertigen Außenräumen für unterschiedliche soziale und kulturelle Ereignisse. Die plastische Vielfalt des Baukörpers wird durch ein einheitliches Fassaden und Farbkonzept geschlossen und somit in seiner Skulpturalität gestärkt.

Die Innenräume vernetzen sich mit einem reichhaltigen Angebot von Außenräumen und ambivalenten Flächen. Die Aula öffnet sich in den wärmeren Jahreszeiten zum äußeren Dorfplatz über den Bühnenkasten, die Außentribüne und die Terrassen im Eingangsbereich der Schule und der Bibliothek. Der Außenraum ist mit seinen Sitzinseln (Lichtreflektoren) gerade für die Bewohner:innen des angrenzenden Altenwohnhauses ein wichtiger Freibereich zum Verweilen. Das Gebäude ist in allen Ebenen behindertengerecht erreichbar. Die Schule befindet sich im Hochwassergebiet und ragt im EG über das Urgelände. Der verkehrsfreie Dorfplatz wurde mit der nördlichen Verbindungsstraße zur Begegnungszone ausformuliert. Die unterschiedliche Farbe des Asphalts soll zur Verkehrsberuhigung des gesamten Umfeldes führen und zu einem späteren Zeitpunkt im Süden noch erweitert werden. (IA, nach einem Text der Architekten)

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Für den Beitrag verantwortlich: Initiative Architektur

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Akteure

Architektur
Cora Forsthuber-Martinek

Bauherrschaft

Tragwerksplanung

Fotografie