Bauwerk

Dach Aichinger
Franz Schartner, Peter Achhorner - Krems an der Donau (A) - 2001
7. August 2001 - ORTE
Allerorts wird zwar längst die Verdichtung propagiert, praktiziert wird trotz allem weiterhin die Zersiedelung. Nicht nur weil Baugrund in manchen attraktiven Gegenden knapp und teuer ist, sind flächenschonendere Alternativen immer mehr gefragt. Der Verzicht auf das Eigenheim im Grünen erspart auch – von der Allgemeinheit zu tragende – Erschließungs- und Entsorgungskosten sowie lange Autofahrten zur Erledigung der alltäglichen Wege.

Als repräsentative Wohnstatt ohne neuen Grundverbrauch bietet sich das Wohnen im Dach an. Was in vielen großen Städten seit längerer Zeit üblich ist und bei einer urban eingestellten Klientel sehr begehrt ist, hat in Krems noch Seltenheitswert. Ein Dachgeschossausbau nahe dem Stadtpark führt anschaulich vor, dass unter städtischen Dächern durchaus großzügige Raumschöpfungen entstehen können.

Die von Architekt Franz Schartner nach der Devise, nur das Notwendigste zu tun, geplante Wohnung, tritt an der Straßenseite des dreigeschossigen Wohnhauses nur über eine breite, schlichte Gaupe in Erscheinung. „Nur das Notwendigste“ bedeutete dennoch weitaus mehr, als bloß einige Öffnungen in die Dachhaut zu stanzen und das zur Verfügung stehende Volumen mit Gipskarton auszukleiden. Der bestehende Dachstuhl des Haupttraktes blieb erhalten, nur ein zum Hof hin angebautes Pultdach über einem kleinen Seitentrakt wurde entfernt, um das Satteldach als Grundform klarer zur Geltung zu bringen und um Terrassenfläche zu gewinnen.

Den Bauherrenwunsch nach einer flurlosen Wohnung mit möglichst wenigen Zimmern löste Schartner mit einem großen straßenseitigen Mehrzweckraum. Der durch die Dachkonstruktion in vier Felder geteilte multifunktionale Wohnraum wurde durch Anheben des Fußbodenniveaus über die mittleren zwei Felder mittels einer neuen Tramdecke strukturiert. Die bestehenden Kaminwände schirmen die intimeren, dem Hof zugewandten Schlafzimmer ab. An der Spitze des halbrunden Stiegenhausturms liegt das neue Bad, das nach außen mit einer Fassadenverkleidung aus Alu-Wellblech kenntlich gemacht ist.

Die Materialwahl – dünne Dachschindeln statt schwerer Ziegel sowie Metall und Glas – und subtil ausgebildete Details sorgen für optische Leichtigkeit der neuen Hülle. Im Kontrast zu diesen harten, kühlen Oberflächen kam an den „fühlbaren Flächen“, also an den Böden sowohl innen wie auch außen, Holz zum Einsatz.

Das effiziente Energiekonzept kommt ohne spektakuläre Maßnahmen aus. Die Kombination aus passiver Sonnenenergienutzung, solare Brauchwassererwärmung, hochwertige Wärmedämmung und Raumheizung via Gasbrennwertgerät und Wandheizung verbunden mit der Tatsache, dass dadurch ein ressourcenfressendes Einfamilienhaus weniger gebaut wurde, macht das Projekt aus ökologischer Sicht doppelt sinnvoll. Neben den Vorteilen des innerstädtischen Wohnens vereint dieses Dach auch viele Bonuspunkte eines freistehenden Hauses, wie ausreichend Freiraum, Aussicht und eine bestimmte Solitärqualität ohne die bekannten Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. (Text: Franziska Leeb)

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Für den Beitrag verantwortlich: ORTE architekturnetzwerk niederösterreich

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Barbara Aichinger
Jo Aichinger

Tragwerksplanung

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