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TEC21 2008|23
In Grund und Boden
TEC21 2008|23
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zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG

Bodenschutz planen

Beim Thema physikalischer Bodenschutz auf der Baustelle denkt man zunächst an die Verantwortung der ausführenden Baufirmen. Viele Weichen dafür, dass es später nicht zu teuren Garantieforderungen kommt, werden aber bereits in der Planung gestellt – durch entsprechende Auflagen bei der Submission und die Einplanung von Zeitreserven. Da das vielen Planern noch zu wenig bewusst ist, haben die Bodenschutzfachstellen der Kantone und des Bundes eine Sensibilisierungskampagne lanciert. [1]

2. Juni 2008 - Judith Burri, Gaby von Rohr
Böden sind eine der unverzichtbaren Lebensgrundlagen des Menschen. Ihre Entstehung benötigt Hunderte von Jahren, ihre Zerstörung oft viel weniger. Daher ist der natürlich gewachsene Boden in der Schweiz durch das Umweltschutzgesetz und die seit 1998 gültige Verordnung über Belastungen des Bodens (VBBo) vor chemischen, biologischen und physikalischen Beeinträchtigungen geschützt. Mit dem Schutz vor physikalischen Bodenbelastungen sollen künstliche Veränderungen der Struktur, des Aufbaus und der Mächtigkeit vermieden werden (siehe Kasten S. 19). Erweisen sich Eingriffe in den Boden als unumgänglich, wie dies praktisch bei sämtlichen Bauarbeiten der Fall ist, sind gemäss den Umweltvorschriften zumindest alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit der belebte Boden keinen bleibenden Schaden nimmt. Wer Anlagen erstellt, muss deshalb laut VBBo die physikalischen Eigenschaften und die Feuchtigkeit des jeweiligen Bodens berücksichtigen. Auswahl und Einsatz von Fahrzeugen, Maschinen und Geräten sind grundsätzlich so zu planen, dass es dadurch nicht zu Verdichtungen oder zu anderen Strukturveränderungen kommt, welche die Bodenfruchtbarkeit langfristig gefährden könnten. Im Interesse einer späteren Wiederverwendung des ausgehobenen Erdmaterials müssen die verschiedenen Bodenschichten zudem getrennt voneinander abgetragen und zwischengelagert werden. Denn Strukturschäden entstehen oft auch durch unsachgemässen Bodenaufbau.

Risiken für den Boden beim Bauen

Auf Baustellen werden bedeutende Mengen an fruchtbarem Boden ausgehoben, umgelagert und später vor Ort wieder verwendet oder abtransportiert, um ihn andernorts für Rekultivierungen einzusetzen. Die Eingriffe beschränken sich aber nicht nur auf den eigentlichen Aushub, sondern umfassen häufig auch Flächen im unmittelbaren Umfeld der Baugruben, die als Transportpisten, Manövrierraum für Fahrzeuge und Maschinen oder als Lagerraum für Baumaterialien dienen.

Werden diese Flächen bei nassen Witterungsbedingungen und entsprechend hoher Bodenfeuchtigkeit von schweren Maschinen befahren oder anderweitig belastet, droht die Gefahr einer Verdichtung und Zerstörung der Hohlräume, aus denen eine fruchtbare Bodenschicht zu über 50 Prozent besteht. In verdichteten Böden staut sich das Regenwasser an der Oberfläche, statt zu versickern. Zudem können die meisten Wurzeln nicht mehr in die Tiefe vordringen, was zu Wachstumsstörungen der Pflanzen führt und ihre Anfälligkeit gegenüber Krankheiten erhöht. Und schliesslich kommt der Stoffwechsel der üblichen Bodenlebewesen im Oberboden zum Erliegen, weil ihnen der notwendige Sauerstoff fehlt. Eine Folge davon sind Fäulnisvorgänge, verbunden mit der Freisetzung unangenehm riechender Gase.

Teure Garantieansprüche

Von blossem Auge lassen sich derartige Bodenschäden oft nur schwer erkennen. In der Regel sind die Neubauten schon bezogen, wenn Pfützen nach dem ersten grösseren Regen Hinweise auf eine Bodenverdichtung geben. Da sich einmal geschädigte Böden kaum oder nur mit beträchtlichem Aufwand sanieren lassen, haben die beteiligten Tiefbau- oder Generalunternehmen im Schadenfall teure Garantieleistungen zu erbringen. Schlimmstenfalls müssen sie den gesamten Ober- und Unterboden nochmals ausheben und durch Erdmaterial mit intakter Porenstruktur ersetzen. Solche nachträglichen Sanierungsaktionen kommen die Verantwortlichen weitaus teurer zu stehen als eine vorausschauende Bauplanung, welche die Anliegen des Bodenschutzes bereits in der Vorbereitungsphase berücksichtigt.

Bodenkundliche Baubegleiter auf Grossbaustellen

Auf Grossbaustellen hat sich diese Erkenntnis – vor allem im Tiefbaubereich – mittlerweile durchgesetzt. So werden bei Vorhaben, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterliegen, heute praktisch alle Erdarbeiten durch speziell ausgebildete und anerkannte Bodenfachleute im Rahmen der sogenannten bodenkundlichen Baubegleitung (BBB) betreut. Diese Fachperson ermöglicht es dem ausführenden Bauunternehmen, frühzeitig alle bodenrelevanten Eingriffe zu erkennen und zu planen. Ihre Aufgabe besteht darin, abgestimmt auf die spezifischen Verhältnisse vor Ort die je nach Arbeitsschritt erforderlichen Bodenschutzmassnahmen festzulegen und deren korrekte Umsetzung zu begleiten. Damit will man sicherstellen, dass es während des gesamten Bauablaufs nicht aus Unwissenheit, Zeitdruck oder Unachtsamkeit zu schweren Beeinträchtigungen der natürlichen Bodenstruktur kommt.

Entscheidend ist die zeitliche Flexibilität

Auf kleineren Baustellen müssen – neben der ausführenden Baufirma – vor allem Planer und Architekten diese Aufgaben wahrnehmen. Ein neues Merkblatt und eine Website 1 informieren über das richtige Vorgehen. Sie wurden von den Bodenschutzfachstellen der Kantone und des Bundes im Rahmen einer Sensibilisierungskampagne lanciert. Sind die Bodenverhältnisse ungünstig, verlangt der gesetzlich vorgeschriebene Bodenschutz Einschränkungen beim Einsatz von Baumaschinen, die bis zur mehrtägigen Einstellung der Grabarbeiten gehen können. Dem steht das wirtschaftliche Interesse an einem zügigen und reibungslosen Bauablauf gegenüber. «Der häufigste Fehler besteht darin, dass die Aspekte des Bodenschutzes zu spät in ein Vorhaben einbezogen werden», sagt Marion Kaiser, die als Projektleiterin Umwelt beim Basler Ingenieur- und Planungsbüro Gruner AG bereits mehrere BBB-Mandate betreut hat. «Ohne eine grosse zeitliche Flexibilität, welche die Möglichkeit von Schlechtwetterperioden und damit verbundene Unterbrüche heikler Arbeitsphasen einplant, besteht auf Baustellen ein enormer Druck, der unweigerlich zu Konflikten führt.»

Beim von ihr begleiteten Projekt «Futuro» in Liestal war dies bisher allerdings nicht der Fall. Auf einer Fläche von rund 18 000 m² lässt die Basellandschaftliche Gebäudeversicherung dort seit März 2007 für etwa 110 Millionen Franken einen ökologisch wegweisenden Verwaltungskomplex erstellen. Um das Landschaftsbild zu schonen, kommen die doppelstöckigen Bürogebäude unter die Erde zu liegen, wobei grosszügige Lichthöfe die Räume ausreichend mit Tageslicht versorgen.

Der Bodenschutz war hier bereits bei der Ausschreibung des Bauauftrags ein Thema. Sind die entsprechenden Auflagen bei Submissionen transparent dargestellt, können offerierende Firmen ihre Kosten für schonende Arbeitstechniken, den Einsatz von Maschinen mit geringer Flächenpressung, das Anlegen von temporären Baupisten oder für Wartezeiten bei zu feuchten Witterungsverhältnissen seriös kalkulieren, was spätere Nachforderungen erspart.

Weichenstellung bei der Detailplanung

Bei der Detailplanung geht es um eine möglichst bodenschonende Organisation des späteren Bauablaufs. In dieser Phase werden etwa die Bodeneigenschaften bestimmt, allfällige Schadstoffbelastungen abgeklärt und die Schichtdicke des getrennt abzutragenden Ober- und Unterbodens ermittelt. Mit Hilfe dieser Angaben lässt sich das Materialmanagement optimieren, indem man den Bodenabtrag, die Transportwege auf der Baustelle sowie den übrigen Flächenbedarf reduziert. Dies geschieht unter anderem durch eine geschickte Erschliessung, die Wahl geeigneter Maschinen, eine hohe Verwertungsquote und das Anlegen zweckmässiger Zwischenlager für die verschiedenen Aushubkategorien.

Instruktion und Kontrolle während der Bauausführung

Am Anfang der Realisierung steht jeweils eine Instruktion der Bauverantwortlichen. In dieser Phase haben die Planungsverantwortlichen sicherzustellen, dass alle Vorgaben für ein bodenschonendes Arbeiten auf der Baustelle auch tatsächlich bekannt sind und umgesetzt werden. So muss etwa der Boden für Erdarbeiten möglichst trocken sein. In der Regel eignen sich die Sommermonate daher am besten. Da der Boden im Spätherbst oft trockener ist als im Frühsommer, sind die Verhältnisse aber auch im Oktober häufig noch ideal.

Für den Bodenaushub kommen ausschliesslich Raupenbagger in Frage, weil sie den Druck auf eine grössere Fläche verteilen als Pneufahrzeuge. Der humusreiche, dunkle Oberboden ist generell getrennt vom ebenfalls noch biologisch aktiven Unterboden, und dieser ist wiederum separat vom mineralischen Untergrund abzutragen. Der schichtweise Aushub erlaubt eine gesonderte Zwischenlagerung der verschiedenen Bodenkategorien und bei späteren Rekultivierungsarbeiten wieder einen geordneten Bodenaufbau.

Die Rekultivierung vorbereiten

Beim Anlegen der Zwischenlager ist auf die Höhenbegrenzung der Schütthöhe zu achten, damit das Erdreich in den Bodendepots nicht durch sein Eigengewicht verdichtet wird. Während die oberste Humusschicht direkt auf dem gewachsenen Boden lagern kann, empfiehlt sich für die Zwischenlagerung des steinigeren Unterbodens eine dünne Schutzschicht aus Sand, die später den Rückbau erleichtert.

Die Zwischenlager sollten mit einer tief wurzelnden Pflanzenmischung begrünt werden. Dies schützt den Boden vor Auswaschung und hält ihn biologisch aktiv. Nach Abschluss der Hochbauarbeiten ist der Boden in der Umgebung gemäss seiner natürlichen Schichtung wieder einzubauen und möglichst rasch mit einer Grasmischung zu begrünen. Bei einer sachgemässen Rekultivierung erholt er sich in der Regel nach wenigen Jahren von den Strapazen.

[Judith Burri, Dienststelle Umwelt und Energie des Kantons Luzern
Gaby von Rohr, Amt für Umwelt, Kanton Solothurn]

Anmerkung
[1] Das Merkblatt «Für einen wirksamen Bodenschutz im Hochbau – Tipps und Richtlinien für die Planung» und weitere Informationen sind erhältlich unter
– www.bodenschutz-lohnt-sich.ch
– www.bafu.admin.ch > Themen > Boden > Vollzug
– www.soil.ch > Produkte > Bodenschutz
– www.kvu.ch > Zu den Kantonen oder > Themen > Boden

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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