Zeitschrift

TEC21 2008|45
Ökologie und Baukultur
TEC21 2008|45
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Endlich scheint sich energetisches Sanieren breit durchzusetzen. Doch ist energie-effizient automatisch auch schon nachhaltig? So nötig und löblich das Isolieren von Altbauten ist – es gibt auch Anlass zur Sorge, dass unsere Bautradition allmählich unter einer dicken Styroporschicht und hinter Solarpanels verschwindet.

Gestaltung scheint bei energetischen Sanierungen nur in Ausnahmefällen eine Rolle zu spielen. Zur Nachhaltigkeit gehört aber – als Teil der sozialen – auch die kulturelle Nachhaltigkeit. Kulturelle Ressourcen müssen so nachhaltig bewirtschaftet werden wie andere. Im Bereich des Bauens bedeutet dies, die Vielfalt an architektonischer und städtebaulicher Gestaltung – analog zum biologischen Artenreichtum – möglichst ungeschmälert an spätere Generationen weiterzugeben: als Pool möglicherweise wertvoller Lösungen, aber auch, weil sie Zeugen der Geschichte sind. Die eigene Geschichte zu kennen ist für eine liberale Gesellschaft, die sich selbst regieren will, eine unverzichtbare Ressource.

Diese Argumente betreffen nicht nur geschützte, herausragende Baudenkmäler, sondern auch den breiten Baubestand. Sie sind freilich kein Plädoyer gegen energetische Sanierungen, Um- oder Ersatzneubauten. Wohl aber dafür, dass der kulturelle Wert eines Altbaus in jedem Fall in die Güterabwägung mit einbezogen wird – nicht im Sinn eines Liebhaberwerts gewisser Immobilien, sondern im Sinn einer umfassenden Nachhaltigkeit.

TEC21 wollte wissen, wie die theoretische Denkmalpflege das Problem sieht. Und tatsächlich: Der emeritierte ETH-Professor Georg Mörsch beklagt die drohende «Kulturverschwendung». Uns interessierte auch die Sicht der praktischen Denkmalpflege. In der Boomtown Zürich ist sie oft gefordert, gangbare Wege durch das Konfliktfeld zu suchen. Wir haben ihre Leiter zum Dialog eingeladen – mit einer Architektin und Fachleuten aus dem Amt für Hochbauten, insbesondere der Fachstelle Nachhaltiges Bauen. Das Gespräch zeigt: Auch die Zürcher Baubehörden haben gegenwärtig kein Grundrezept für nachhaltige Sanierungen, sondern ringen in jedem Fall um die Verhältnismässigkeit jeder Massnahme («Angemessen eingreifen»).

So viel politischen und fachlichen Disput das Thema verdient – letztlich führt die Suche nach wirklich nachhaltigen Strategien im Umgang mit dem Baubestand über konkrete Projekte von problembewussten und fähigen Architekturschaffenden. TEC21 wird deshalb das Thema anhand von Best-Practice-Beispielen weiterverfolgen, in diesem Heft mit dem «Massanzug», der dem Schulhaus Kreuzfeld in Langenthal verpasst worden ist.
Ruedi Weidmann, Claudia Carle

05 WETTBEWERBE
Kraftwerk 2, Zürich

12 MAGAZIN
Verschärfte Mustervorschriften im Energiebereich | Breites Repertoire solarer Architektur | Ergänzte Sporthallen-Norm | Mit den Augen von George Nelson | Aditya Prakash

30 KULTURVERSCHWENDUNG
Georg Mörsch
Bauliche Energiesparmassnahmen berücksichtigen nur einen Aspekt von Nachhaltigkeit. Dafür zerstören sie oft eine andere Ressource: unsere jahrhundertealte Baukultur.

34 GESPRÄCH:
«ANGEMESSEN EINGREIFEN»
Claudia Carle, Ruedi Weidmann
Vertreterinnen und Vertreter des Stadtzürcher Amts für Hochbauten, der städtischen Denkmalpflege und eine private Architektin im Gespräch zum Thema «Ökologie und Baukultur».

40 MASSANZUG
Katja Hasche
Das Schulhaus Kreuzfeld in Langenthal stammt von 1951. Thomas Maurer hat den feingliedrigen Bau saniert – denkmalgerecht und nach Minergie-Standard.

46 SIA
Schneelasten nach Norm SIA 261 | Vortrag von David Chipperfield | «Werkbericht Nr. 4»| Umgangskultur im Bauwesen

53 PRODUKTE

69 IMPRESSUM

70 VERANSTALTUNGEN

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