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hochparterre 04|2010
Zeitschrift für Architektur und Design
hochparterre 04|2010
zur Zeitschrift: hochparterre

Erstling auf den zweiten Blick

15. April 2010 - Roderick Hönig
Das Schulhaus gibt drei kluge Antworten auf die zentralen Fragen des Wettbewerbs. Zuerst der Ort. Indem die Architekten ihren Kubus an eine der Quartierstrasse folgenden Geländekante setzen, gehen sie geschickt auf die schwierige Topografie des Baugrundes ein. So entsteht ein kleiner Vorplatz zur Strasse hin, die Würfelform sorgt zusätzlich für einen eigenständigen Auftritt. Zweitens der Grundriss. Die Architekten platzieren den Mehrzwecksaal und die Technikräume ins halb im Hang liegende Sockelgeschoss und machen ihn über eine Aussentreppe autonom zugänglich. Sie spielen so das Strassen- und Obergeschoss für reine Schulnutzungen frei. Der Clou ist, dass die zentral angeordneten Gruppenräume zwar keinen Fassadenanschluss haben, aber trotzdem Tageslicht geniessen. Die Erfindung liegt im Schnitt: Zwei kreisrunde Oberlichter über den unteren bringen auch von der Seite her Licht in die oberen Gruppenräume. Drittens die Fassade. Die Verkleidung der Holz-Elementfassade ist einfach, aber effektvoll. Wein - rot gestrichene, stehende Tannenholz-Latten sind jeweils einmal leicht nach innen und einmal leicht nach aussen geknickt. Die abwechselnde Anordnung ergibt in der Serie einen faszinierend flirrenden Holzteppich, der den Kubus rundherum einhüllt. Die abgerundeten Ecken verleihen zusätzlichen Schwung und Eleganz.

Das Schulhaus Büttenen zeigt, dass gute Architektur nicht spektakulär sein muss und dass sie durch den klassischen offenen Wettbewerb entsteht, in diesem Fall sogar durch einen Gesamtleistungswettbewerb. Der Bau zeigt aber auch, dass Baukunst sich sehr wohl in eine mengen Kostenrahmen bewegen und dabei auch die Ansprüche der Nachhaltigkeit erfüllen kann: Mit Baukosten von 491 Franken pro Kubikmeter (BKP 2) ist das Schulhaus satte 303 Franken pro Kubikmeter günstiger als Christian Kerez’ bereits weltberühmte Schule in Leutschenbach siehe HP 10 / 09. Einziger Wermutstropfen: Räumlich hält das Haus nicht ganz, was der Grundriss und der Schnitt verspricht. Die geschickte Grundrissorganisation geht teilweise zulasten der Raumqualitäten.

Die Gänge und Arbeitsnischen rund um die Klassenzimmer sind überall ein bisschen knapp bemessen. Dem Foyer beispielsweise würde man mehr Atem wünschen, auch trägt die Zweigeschossigkeit der Gruppenräume weniger zur Raumqualität bei, als man erwarten würde.

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Für den Beitrag verantwortlich: hochparterre

Ansprechpartner:in für diese Seite: Roderick Hönighoenig[at]hochparterre.ch

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