Die Wiederverwertung von Ressourcen, speziell auch von Baustoffen, hat eine lange Tradition. So wurden im Mittelalter die Ruinen römischer Bauten als «Steinbrüche» für den Neubau von Kirchen, Burgen und Stadtmauern genutzt. Auch nach Kriegen hatte Baustoffrecycling Hochkonjunktur – die Arbeit der «Trümmerfrauen» legte im Nachkriegsdeutschland den Grundstein für den Wiederaufbau. So lange Rohstoffe knapp und teuer waren, bestand ein Anreiz zur Wiederverwertung. Erst in den 1950er-Jahren führte der Preiszerfall von Energie und Rohstoffen zur Wegwerfgesellschaft, die immer mehr Abfall produzierte. Ein erneutes Umdenken setzte ein, als die damit verbundenen Umweltprobleme offenbar wurden. Heute sind geschlossene Stoffkreisläufe eines der zentralen Themen beim Umweltschutz.

Auch der SIA hat es auf die Liste seiner Topthemen gesetzt. Beim Baustoffrecycling markiert das Inkrafttreten der Technischen Verordnung über Abfälle (TVA) im Jahr 1990 den Wendepunkt: Bauabfälle dürfen seither nur noch auf Inertstoffdeponien abgelagert werden. Damit wuchs der Druck, sie in den Kreislauf zurückzuführen. Der grösste Teil wird heute – zumeist im Tiefbau – wiederverwertet.

Mit der energetischen Sanierung des Gebäudebestandes wird in den kommenden Jahren die Menge an Rückbaumaterialien zunehmen, während gleichzeitig der Bedarf im Tiefbau sinkt. Damit rückt die vermehrte Wiederverwendung in gebundener Form – vor allem als Recyclingbeton (RC-Beton) – in den Fokus (vgl. «Verkannte Ressource», «Baustoffmanagement optimieren»). Im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten ist es aber nicht der Preis, der die Verwendung des Sekundärrohstoffes begünstigt, denn durch die aufwendige Aufarbeitung der RC-Granulate für qualitativ hochwertige Betone ist RC-Beton nicht unbedingt günstiger als Beton aus Primärkies (vgl. «Einsatzbereich bestimmen»). Aber er bringt ökologische Vorteile durch die Verringerung des Landverbrauches für Kiesabbau und Deponien. Nicht so eindeutig ist das Bild bei anderen ökologischen Aspekten, da beispielsweise ein Zement-Mehraufwand für RC-Beton negativ zu Buche schlagen kann (vgl. «Vergleichende Ökobilanz»). Wo sein Einsatz sinnvoll ist, muss daher differenziert geprüft werden. Das gilt auch aus bautechnischer Sicht, denn Beton aus Primärkies und RC-Beton unterscheiden sich in Herstellung, Verarbeitbarkeit und Eigenschaften. Das neue SIA-Merkblatt 2030 schränkt die Einsatzgebiete von RC-Beton entsprechend ein (vgl. «Zwei Paar Schuhe»). Trotzdem gibt es genügend Bereiche, wo der Einsatz von RC-Beton sinnvoll ist. Allerdings bestehen vielerorts noch erhebliche Vorbehalte. Dem möchte die Plattform «Kies für Generationen» entgegenwirken. Ein Schritt in dieser Richtung war eine Fachtagung im März 2010, die auch der Anlass war für die Konzipierung dieses Heftes.
Claudia Carle

05 WETTBEWERBE
Ersatzwohnbau Tièchestrasse, Zürich

10 MAGAZIN
Luzerner Brückenbilder im Internet | Bücher

18 VERKANNTE RESSOURCE
Rolf Wagner
Rückbaustoffen haftet das negative Image von Abfallprodukten an. Aber sie sind dem natürlichen Rohstoff Kies qualitativ ebenbürtig.

20 BAUSTOFFMANAGEMENT OPTIMIEREN
Stefan Rubli, Heinrich Gugerli, Rolf Wagner
Mithilfe eines Ressourcenmodells wurde ermittelt, wie sich Material- und Energieverbrauch der Gebäude in der Stadt Zürich optimieren lassen.

24 VERGLEICHENDE ÖKOBILANZ
St. Bischof, P. Lunk, U. Stüssi, S. Kytzia
In einer Ökobilanzstudie wurden die ökologischen Vor- und Nachteile von Recyclingbeton gegenüber «normalem» Beton untersucht.

27 EINSATZBEREICH BESTIMMEN
Martin Preisig
Die Ausschreibung von Beton nach Expositionsklassen könnte den Absatz von Recyclingbeton steigern. Aus Sicht der Betonproduktion kann der Preis nicht das Fördermittel von Recyclingbeton sein.

30 ZWEI PAAR SCHUHE
Frank Jacobs, Cathleen Hoffmann, Sandy Schubert
Recyclingbeton kann sich in seinen Eigenschaften von Beton aus Primärkies unterscheiden. Das neue Merkblatt gibt entsprechend angepasste Bemessungsregeln an.

34 SIA
Zum Berufsethos des Planers | Dossierverantwortlicher Energie

37 FIRMEN

39 PRODUKTE

45 IMPRESSUM

46 VERANSTALTUNGEN