Zeitschrift

TEC21 2011|03-04
Bauen Helfen Lernen
TEC21 2011|03-04
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Nachhaltiges Bauen und Entwicklungshilfe scheinen zunächst wenig miteinander zu tun zu haben. Doch auf den zweiten Blick tun sich vielfältige Bezüge auf: Nachhaltige Bauweisen, die weltweit zur Anwendung kommen sollen – und das müssen sie, wenn der Klimaschutz gelingen soll –, werden um ein Vielfaches günstiger sein müssen als die Bauten, die heute in der Schweiz als vorbildlich gelten. Der damit erreichte Öko-Standard ist zwar beeindruckend, er bedingt jedoch einen technischen Aufwand, der die finanziellen Möglichkeiten in den meisten Ländern bei weitem übersteigt. Unter diesem Aspekt könnte es sinnvoll sein, nachhaltige Bautechniken in den ärmsten Ländern der Welt zu entwickeln, unter widrigsten realen Bedingungen. Dieses Heft stellt einen Burkiner und einen Schweizer vor, die genau dies tun.

Tom Schacher hat im Norden Pakistans mit Holz bewehrte, erdbebensichere Steinbautechniken entwickelt. Er hat dabei die Bauweise von historischen Gebäuden in der Region aufgenommen, die das verheerende Erdbeben von 2005 überstanden haben. Das grösste Problem dabei ist, die Einheimischen davon zu überzeugen, dass eine Technik aus ihrer eigenen Bautradition sicherer (und viel günstiger) sein kann als die westliche Betonskelett-Bauweise. Der Architekt im Dienst der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) hat sich dieses Vorgehen zum Prinzip gemacht. Mittlerweile hat er auch auf Haiti historische Bauten entdeckt, die beim Erdbeben vor einem Jahr nicht zerstört wurden und von deren Fachwerkkonstruktion sich für den Wiederaufbau lernen lässt.

Djébédo Francis Kéré kommt aus Burkina Faso und hat in Berlin Architektur studiert. In den Klassenzimmern der Schulen, die er in Afrika gebaut hat, herrschen bei 40 Grad Aussentemperatur angenehme 25 Grad – in Bauten aus Lehm und Blech und ohne Stromversorgung. Kérés Bauten sind schön. Er entwickelt die lokale Bautradition weiter und trägt damit zur kulturellen Nachhaltigkeit bei. Seine Schulen leisten aber noch viel mehr, und zwar unter härtesten Bedingungen: «Wirtschaftlich nachhaltig» heisst in Burkina Faso: Baukosten deutlich unter 10 000 Franken pro Klassenzimmer, «sozial nachhaltig» bedeutet: alles selber machen. Auch hier ist intensive gegenseitige Kom-munikation zwischen Architekt und Bevölkerung Bedingung für das Gelingen.

Solche Entwicklungszusammenarbeit beruht auf einem bautechnischen Wissens
transfer aus den entwickelten in die armen Länder. Im sozialen und kulturellen Bereich läuft der Wissenstransfer aber in beiden Richtungen, wenn nicht sogar eher von Süd nach Nord: Kéré und Schacher sind dabei, zu lernen, wie man mit der Bevölkerung zusammen aus Material, das auf der Baustelle vorhanden ist, günstige, sichere, umweltschonende und schöne Bauten entwickelt. Dieses Wissen dürfte weltweit nützlich werden – auch bei uns.
Ruedi Weidmann

05 WETTBEWERBE
Seniorenzentrum Laufen

10 MAGAZIN
New Gourna: Weltkulturerbe in Gefahr | 
Leserbrief | Jakob Zweifel 1921–2010 | 
Castingaufruf «Schweiz aktuell» | Hoch
hinaus mit Holz

20 AFRIKANISCHE LEKTIONEN
Ruedi Weidmann Francis Kérés Schulbauten in Afrika zeigen, was Architektur leisten kann und wie Entwicklungszusammenarbeit funktionie-ren würde.

26 STABILE TRADITIONEN FINDEN
Alexander Felix Der Architekt Tom Schacher (Deza) sucht nach lokalen Baukulturen in seismisch gefährdeten Regionen, um den Wieder-aufbau in den Erdbebengebieten
Pakistan und Haiti zu verbessern.

31 SIA
«Umsicht 2011»: Auszeichnungsfeier | 
Kurse SIA-Form Deutschschweiz 1/2011 | Brauchen Bauingenieure Stars?

37 PRODUKTE

45 IMPRESSUM

46 VERANSTALTUNGEN

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