Zeitschrift

TEC21 2011|49-50
Mit aller Gewalt
TEC21 2011|49-50
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Am 12. November fand in Zürich das Symposium «Kooperation. Zur Zusammenarbeit von Ingenieur und Architekt» statt.[1] Trotz unterschiedlichster fachlicher Herkunft der Teilnehmenden herrschte in einem Punkt bemerkenswerte Einigkeit: Die Zusammenarbeit sei nur dann erfolgreich und ein Bauwerk nur dann gelungen, wenn Form und Tragkonstruktion sich gegenseitig bedingen. Aufgabe des Bauingenieurs sei es nicht, als Rechenknecht statisch unvernünftige und unkluge Architekturkonzepte zur Baureife zu bringen – denn nicht alles, was technisch betrach-tet irgendwie noch realisiert werden kann, soll tatsächlich auch umgesetzt werden. Sonst blende man unweigerlich Aspekte wie Nachhaltigkeit, Gesamtheitlichkeit, Verhältnismässigkeit, örtliche Randbedingungen, kulturellen und sozialen Kontext usw. aus. Als abschreckendes Beispiel wurde wiederholt die Ende 2010 eröffnete Sheikh Zayed Bridge in Abu Dhabi zitiert: Die Form ist in Bezug auf die Statik eine Katastrophe, Aufwand und Kosten waren astro-nomisch, Menschen und Firmen wurden verheizt – und all das nur, um den exaltierten Entwurf einer Stararchitektin für die Selbstdarstellung einer Wüstendiktatur zu verwirklichen.

Es ist kein Zufall, dass diese Ausgabe von TEC21 just dieser Brücke gewidmet ist. Auch in der Redaktion hat sie zu Kontroversen geführt. Sie veranschaulicht, zu welchen Exzessen das Metier fähig ist, im Guten wie im Bösen. Denn die Brücke ist zwar ökonomisch und ökologisch ein Unsinn, ihr Zweck ist ebenso fragwürdig wie ihre Sym-bolik, und der Kräftefluss in den Tragelementen ist ein Albtraum; doch sie ist auch ein Wunderwerk der Ingeni-eurbaukunst. Ein solches Bauwerk zum Stehen zu bringen, mag absurd sein, doch eine einfache Aufgabe ist es nicht. Wie wurde sie gelöst? Wie weit kann man gehen, wenn der Auftraggeber allmächtig ist und die Kosten keine Rolle spielen? Gerade weil diese Situation – zum Glück – nicht der schweizerischen Realität entspricht, haben wir entschieden, genauer hinzuschauen.

Um es vorwegzunehmen: Die Frage, ob es sich bei der Sheikh Zayed Bridge um ein skurriles, aber lehrreiches Stück Baugeschichte oder schlicht nur um ein Ärgernis handelt, wird dieses Heft nicht beantworten. Zu Wort kommen vier beteiligte Bauingenieure, die das Bauwerk technisch beschreiben, und ein unbeteiligter Ingenieur, der das Bauwerk kritisch beäugt hat. Sie berichten über die unendlichen Mühen, aber auch über die unwillkürli-che Faszination, die das Bauwerk ihnen bereitet hat. Das Londoner Architekturbüro der Pritzker-Preis-Trägerin Zaha Hadid war für eine Stellungnahme zu diesem Thema nicht erreichbar.
Judit Solt, Clementine van Rooden


Anmerkung:
[01] Zugleich wurde das Erscheinen des gleichnamigen Buches gefeiert: Aita Flury (Hg.), Kooperation. Zur Zusammenarbeit von Ingenieur und Architekt, Birkhäuser, Basel / Boston 2011

05 WETTBEWERBE
Museum Altes Zeughaus in Solothurn

14 PERSÖNLICH
Daniel Herren, 1941–2011 | Ämter und Ehren

15 MAGAZIN
Von der Architektur zur Kunst | Der neue alte Bill | Kontrollierter Gemeinnutz | Leserbrief | Immo-Monitoring 2012/1

24 UNVERNÜNFTIG, TEUER UND DOCH FASZINIEREND
Pascal Klein
Ein kritischer Blick auf die Sheikh Zayed Bridge verdeutlicht, wie unverhältnismässig ein Bauwerk infolge eines hierarchisch organisierten Planerteams ausfallen kann. Und dennoch beeindruckt das Prestige-Objekt.

28 VERZERRTE BÖGEN AUF MASSIVEN AUFLAGERKRAKEN
Roy Lengweiler, Costas Constantoulakis, Ahmed Shebl, Michael Lüthi
Den Brückenentwurf der Architektin Zaha Hadid umzusetzen, war für die beteiligten Ingenieure eine grosse Herausforderung. Mit ungeheurem Aufwand ermöglichten sie die Umsetzung des statisch unklugen Bauwerks.

36 SIA
Das öffentliche Interesse zuerst! | 2. Delegiertenversammlung 2011 | Parametrisirung der Eurocodes | Qualität contra Kosten?

42 FIRMEN

43 MESSE

53 IMPRESSUM

54 VERANSTALTUNGEN

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Weiterführende Links:
Verlags-AG der akademischen technischen Vereine

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