Zeitschrift

TEC21 2012|36
Signal und Echo
TEC21 2012|36
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
«Öffnet euch, ihr beiden Ohren […].» Der Weckruf aus Johann Sebastian Bachs Kantate «Er rufet seinen Schafen mit Namen»[1] ist Programm: Es geht in diesem Heft um das räumliche Hören, mit beiden Ohren. In unserer Akustikreihe sind wir bisher der Ausbreitung des Schalls in Räumen (TEC21 11/2012) und musikalischen Formen des Schalls in dafür geschaffenen Umgebungen (TEC21 20/2012) nachgegangen. Der Weg des Schalls von der Quelle zum Menschen lässt sich mit den Werkzeugen der Physik beschreiben und verstehen. Die Akustik optimiert diesen Weg mit physikalischen und architektonischen Massnahmen. Jetzt betrachten wir die Perzeption des Schalls,2 die Transformation von physikalisch einfach zu beschreibenden Luftdruckschwankungen in die sinnlichen Erlebnisse, die das Hören von Musik vermitteln kann.

Was geht beim «Hören», das das Ziel jeder akustischen Darbietung ist, im Menschen mit offenen Ohren vor?
Der Elektroakustiker Jürgen Strauss zeigt, dass eine rein medizinische Beschreibung, die auf das mechanische Zusammenwirken von Trommelfell, Hammer, Amboss bis zu den Nervenenden und Hirnarealen fokussiert, zu kurz greift – Hören ist mehr als Mechanik, mehr als Neurologie, das Gehör ist kein eindimensionales Sinnesorgan. Es vermittelt schon in einem sehr frühen kindlichen Entwicklungsstadium Informationen über Ort, Raum und Umgebung, mithin also die Grundlagen dessen, was der Mensch später als «Architektur» erlebt. «Hören» bedeutet beim Menschen die auditive Wahrnehmung seiner Umgebung, die Gewinnung von je nach den Umständen gar lebenswichtigen räumlichen Informationen auf auditivem Weg. Deshalb ist der Aufenthalt in einem schalltoten Raum für Menschen unangenehm, kann das Fehlen räumlicher Orientierung zu panischen Reaktionen führen.

Ein sinnliches architektonisch-räumlich-akustisches Erlebnis verspricht der projektierte Bau des Museum of Modern Art (MomA) in Warschau von Christian Kerez. Das Beschallungssystem von Strauss Acoustics stellt die Sprachverständlichkeit im gewaltigen und halligen Volumen der «Huge Hall» sicher. Dank seinem akustischen Potenzial wird das Haus zu einem monumentalen Musikinstrument, das von Orgeldonner bis zum Zirpen einer Grille jeden Klang präzise wiedergeben kann. Und wenn die Elektronik nicht aktiviert ist, wird man «still und gespannt hineinhören in die Tiefe der niemals ganz schweigenden akustischen Raumantwort».

Rahel Hartmann Schweizer, Aldo Rota

Anmerkungen:
[01] Kantate «Er rufet seinen Schafen mit Namen», Bach-Werkverzeichnis 175, 6. Aria B, z.B. auf www.bach-cantatas.com/BWV175.htm
[02] Auch die technische Erzeugung von Schall werden wir in weiteren Folgen behandeln

05 WETTBEWERBE
Kinder- und Jugendpsychiatrie, Basel

10 MAGAZIN
Ist es «Common Ground»? | Meer aus Plastik | Schienengüterverkehr Basel

16 AKUSTISCHE WAHRNEHMUNG DES RAUMS
Jürgen Strauss
Sprachverständlichkeit, Musikübertragung und Lärmbekämpfung sind in der Raumakustik vergleichsweise gut bewältigt. Das gestalterische Potenzial der Eigenheiten von Lokalisation, Raumeindruck und Umhüllung hingegen ist längst nicht erschöpft.

22 AKUSTISCHE GESTALTUNG DER ARCHITEKTUR
Jürgen Strauss
Christian Kerez’ Projekt für den Bau des Museum of Modern Art (MomA) in Warschau ist ein architektonisch aussergewöhnlicher Wurf. Denn es verbindet visuelle und akustische Gestaltung in kongenialer Weise.

31 SIA
Fort- und Weiterbildung | Der SIA während der Kriegsjahre | Planen im Ausland

37 IMPRESSUM

38 VERANSTALTUNGEN

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Weiterführende Links:
Verlags-AG der akademischen technischen Vereine

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